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Die Markgrafschaft
spuk verflog in Nichts. Statt im ersten nachchristlichen
Jahrhundert befand ich mich irgendwo im
zwanzigsten und zwar an einer Stelle, wo es ungemein
weich und warm war.
Das nüchterne Licht des anbrechenden Tages
überzeugte mich von der prosaischen Tatsache,
daß ich in meinem Bett lag. —
Und nun komme mir noch einer mit der Behauptung
, im Park von Badenweiler ging es mit
rechten Dingen zu!
Ende.
Das Gespenst /Von Paula Hollenweger
Der Metzgerfranzel het si Chälbli, wu er z'Ober-
reichebach ighandlet het, im Städtli zuetriebe.
Sellimols het me no nüt vu Auto gwüßt, do isch
me ebe uf Schuesters Rappe gange, 's isch alles
nit so flink gloffe wie hütte, un bi Hitz oder
Chälti het me uf dem zweistündige Weg vu Oberreichebach
über Bleichebach un Gleichebach ins
Städtli wohl emol achere möge unterwegs, meng-
mol au zwei- oder dreimol. Bim Bur, wu me
handelseis worde isch, het me der abotte Trunk
au nit abschla chönne, das hat verstoße gege der
gültig Bruch. Was Wunder, daß der Metzgerfranzel
uf dem lange Weg mengmol mit sine
eigene Bei in Konflikt chu isch; 's Chälbli het
sich au mengmol im Strick verfange un so isch's
halt au diesmol mit allerlei Hindernisse im Städtli
zuegange.
Z' Bleichebach im „Ochse" het er nomol Vorspann
gnu, derno aber isch's witergange, wenn
au d'Chrone an der „Chrone" in Gleichebach no
so verfüehrerisch glitzeret het. „Nei", het dr
Franzel gseit im Selbstg'spröch, „diesmol nit! —
Diesmol gwiß nit! — Heim gang i mit mim
Chalb, i will jetz emol luege, wer Meischter isch!
E Prachtschalb! Der Metzgerkarli würd mi beneide
drum, andern zwei Zentner! — Hott! Zeig,
do dure goht der Weg. Diesmol bi ich Meischter!"
Doch chum usdenkt, lit mi Franz im Stroßegrabe
e Stuck usse am Gleichebach, un 's Chälbli tuet e
Gump uf d'Sitte un macht sich selbständig.
's isch scho Mitternacht zuegange. Der Mond
het ab un zue dur dr Nebel blinzlet. Es het ihm
nit alles gfalle, was er do unte g'seh het uf dere
bucklige Welt. Der Nebel isch g'stiege un g'falle,
dicker un dünner worde. Der Metzgerfranzel isch
im Grabe g'steckt un het die schweri Bei nümmi
usem Dreck brocht. Er het vor sich ane gschimpft,
het sich aber bim beschte Wille nit uf d'Bei stelle
chönne. Do isch er g'hockt im Grabe un 's Chalb
au, e Stuck wit dervo. Mengmol fascht drus, dno
wieder tief drin.
Do chunnt der Metzger vu Bleichebach, e guete
Fründ vum Franzel, vum Städtli her, het e wenig
duslet wie scho mengmol, wenn er um Mitternacht
us der Stadt ähne am Rhi heimgfahre isch.
Uf eimol nimmt der Brun e Satz un stoht wie e
Stecke, will nit hintere, nit vüre. Verschrocke
rißt der Meischter d'Auge uf, luegt vüre un
hintere, do — „Alli guete Geischter!" seit er
schnell, do hinter ihm, nebe dr Stroß im Stroßegrabe
, halber im Nebel, goht e wißi Gstalt ufe un
abe. An ihm verbei mueß sie si! Sini Hoor sträube
sich un lüpfe ihm fascht der Huet in d'Höchi.
E Geischt, e leibhaftige Geischt! — Doch nebe
vorne hört er uf eimol so-ne bekannti Stimm:
„Miljone — Miljönli!" Jetz isch im Bleichebacher
fascht vor Freud 's Herz g'schtockt: „Bisch du's,
Franzel?" Er springt vum Bock, aber der Franzel
begrifft no nit ganz, wer nebe ihm stoht un seit
mit siner schwere Zunge: „Lieber Gott, gib mer
d'Hand, lieber Gott, aß ich ufstoh cha!" — „Du,
seil G'schpenscht dort, vorne, hesch's gseh?" Es
isch nit verschwunde, sieht der Bleichebacher voll
neuem Schrecke. Der Franzel stoht glücklich uf
de Füeß. „Mi Chalb, wo ischs? Mi Mordschalb!"
Im Bleichebacher dämmerets: „O, ich selber bi e
Mordschalb!" Kureschiert goht er ufs Gschpenscht
zue un keits hinte in Metzgerwage zue sinere
Sau un ladet au mit Schweiß un Chraft der
Meischter uf. Druf fahrt er vor „d'Chrone" in
Gleichebach, bstellt e Kaffi für sich un der Franzel
un mit verständnisvollem Lächle naglet
d'Chronewirti dene zwei guete Fründ un guete
Chunde e Bohne mehr in d'Pfanne. Aber ins Bett
isch si no lang nit chu, sellimols. Spöter hen si
aber amel alli drei glacht über dr Geischt an der
Stroß, un daß sellimols d' „Chrone" doch no
Meischter worde isch.
Der verachtete Rat
Man darf nie weniger geschwind tun, wenn
etwas geschehen soll, als wenn man auf die
Stunde einhalten will. Ein Fußgänger auf der
Basler Straße drehte sich um und sah einen wohl-
beladenen Wagen schnell hinter sich hereilen.
„Dem muß es nicht arg pressieren", dachte er. —
„Kann ich vor Torschluß noch in.die Stadt kommen
?" fragte ihn der Fuhrmann. — „Schwerlich
", sagte der Fußgänger, „doch wenn ihr recht
langsam fahrt, vielleicht. Ich will auch noch hinein
". — „Wie weit ist's noch?" — „Noch zwei
Stunden." — „Ei", dachte der Fuhrmann, „das
ist einfältig geantwortet. Was gilt's, es ist ein
Spaßvogel?" Wenn ich mit Langsamkeit in zwei
Stunden hineinkomme, dachte er, so zwing ich's
mit Geschwindigkeit in anderthalber und hab's
desto gewisser. Also trieb er die Pferde an, daß
die Steine davonflogen und die Pferde die Eisen
verloren. „Was gilt's", denkt er, „es fuhr ein
Rad vom Wagen?" Eigentlich aber, und die Wahrheit
zu sagen, brach die hintere Achse. Kurz, der
Fuhrmann mußte schon im nächsten Dorf über
Nacht bleiben. Der Fußgäriger aber, als er nach
einer Stunde durch das Dorf ging und ihn vor
der Schmiede erblickte, hob er den Zeigefinger in
die Höhe. „Hab' ich euch nicht gewarnt", sagte
er, ,,hab' ich nicht gesagt: Wenn ihr langsam
fahrt!"
J. P. Hebel.
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