Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fs
Hebelbund Müllheim [Hrsg.]
Die Markgrafschaft: Beiträge aus Geschichte, Kultur und Wirtschaft des Markgräflerlandes
2. Jahrgang, Heft 3.März 1950
Seite: 16
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16

Die Markgrafschaft

Adolf Kufemaul und das „badische Nizza" / Von Edgar Dietz, Kandern

100 Jahre sind verflossen, seit der später so
berühmt gewordene Arzt Adolf Kußmaul in dem
südbadischen Städtchen Kandern seinen Einzug
hielt. Als Feldarzt beim Batl. Holtz hatte er 1849
erstmals hier Quartier genommen und an dem
Städtchen solchen Gefallen gefunden, daß er im
Jahre 1850 gerne dem Rufe folgte, ein dort freigewordene
Arztstelle einzunehmen.

„In den ersten Tagen des März folgte ich dem
willkommenen Rufe. Es gelang mir rasch, Vertrauen
und Praxis zu erwerben'', so schreibt er
selbst in seinem Buch „Jugenderinnerungen eines
alten Arztes".

Seine Praxis richtete er inmitten des Städtleins
, in einem stattlichen Hause am Blumenplatz
ein. Dort kündet heute eine einfache Marmortafel
: „In diesem Hause übte die ärztliche Kunst
von 1850—1853 Adolf Kußmaul, später Professor
in Heidelberg, Erlangen, Straßburg und Freiburg
".

.Diese wenigen Jahre, die Kußmaul im Mark-
gräflerland verbrachte, waren für ihn Zeit seines
Lebens eine liebe Erinnerung, und in seinem Buch
widmete er ihnen gerne manche Zeile.

Sein Tätigkeitsfeld war zu der damaligen Zeit
recht umfangreich. Es gab noch wenig Ärzte in
der Markgrafschaft, und daher oblag ihm die
Betreuung der Kranken in dem Gebiet zwischen
Hochblauen und Isteiner Klotzen. So kam es, daß
der junge Arzt stets unterwegs war und je nach-
Wetter und Straßenverhältnisse seine Patienten
zu Fuß, zu Pferde oder mit dem „Chaisli" aufsuchte
. War der Gang über Land auch oft beschwerlich
, so entschädigte ihn stets bei den
Bauern eine freundliche Aufnahme, nicht nur,
weil er für den Kranken gar oft die erhoffte Linderung
seiner Schmerzen brachte, sondern weil
man eben den „Herrn Doktor" allerorts gerne
hatte.

Flugs wurde dann das „Schimmeli" in den
Keller „geritten", um dem Gast — denn als
solcher wurde auch der Doktor angesehen —
einen Willkommtrunk zu kredenzen. „Schimmeli"
nannte man jene bauchigen weißen Tonkrüge, die
allzeit auf der Anrichte einer Bauernstube bereitstanden
, um damit den selbstgezogenen Rebensaft
, aus dem Keller heraufzuholen. Sie waren
manches Mal recht alt, diese „Schimmeli", und
der Stolz der Familie. Nicht selten kam ein Krug
auf den Tisch, der noch das Hochzeitsdatum der
Großeltern eingebrannt trug. Zu dem edlen Naß
wurden schon damals die inzwischen weit über
die Grenzen bekannt gewordenen „Chanderer
Brezeli" gereicht. Es stand dem beliebten Landarzt
schlecht an, diese Einladungen immer abzuschlagen
, denn Gastfreundschaft gehört zu den
Tugenden der Bauern am Oberrhein, und Kußmaul
— seiner Herkunft nach Unterländer —
konnte sie nicht genug rühmen.

Nur in einem verstand sich der gute Doktor
nicht so sehr mit seinen Gastgebern, das war,
wenn es galt, seine neuen wissenschaftlichen Erfahrungen
anzuwenden. Gar manchen stillen
Kampf führte er da, insonderheit mit seinen
„Wäldern", die auf überlieferte Heiltrünklein
oder Gewaltkuren schworen und ein noch immer
williges Ohr für Salbader und Kurpfuscher hatten
. Heute erscheint es beinahe unglaubhaft, wie
wenig zugänglich sich die Leute damals für die
modernen und fortschrittlichen ärztlichen Errungenschaften
zeigten.

Mit ganzer Seele hing Kußmaul an seinem
Pflichtenkreis und der ihm dadurch verbundenen
Menschen im Markgräflerland. „Das badische
Nizza" nannte er Kandern, dieses Fleckchen Erde,
so lieblich in die Ausläufer des Schwarzwaldes
gebettet und dank dieser Lage ein mildes Klima
genießend.

Mit Bedauern nahm er im Jahre 1853 Abschied
von Kandern, nachdem es ihm sein Gesundheitszustand
verbot, weiterhin die beschwerliche Praxis
eines Landarztes auszuüben. Gleichzeitig aber
war ihm nun die Möglichkeit gegeben, seinen
Wunsch Erfüllung werden zu lassen: die akademische
Laufbahn einzuschlagen. Sein erster Weg
führte ihn nach Würzburg, wo Virchow damals
dozierte, um dort zu studieren und zu promovieren
. Später ließ er sich in Heidelberg nieder und
habilitierte sich dort.

Inzwischen hatte Kußmaul als hervorragender
Kliniker bedeutenden Ruf erlangt; aus allen Teilen
des Landes strömten die Studenten zu seinen
Vorlesungen. Nacheinander hatte er Lehrstühle
in Erlangen, Freiburg und Straßburg inne, und
es war ihm vergönnt, sein reiches Wissen an eine
vorwärtsstrebende akademische Jugend weiterzugeben
.

Nicht ohne eine leise Sehnsucht nach ebensoviel
Geruhsamkeit sprechen wir heute von jenen
Tagen, da Kußmaul im Oberland Gastfreundschaft
genoß, die Wirren der 48er Jahre vergessend
, man in der Markgrafschaft tiefen Frieden
.und Beschaulichkeit atmete. „Die gute alte Zeit"
nennen wir jene verflossenen Jahre und denken
dabei an „Schimmeli" und „Chaisli".

Im Früehlig zue!

Wiß isch's no am Blaue hinte,
no kei Saft in Bascht un Rinde;
doch d'Wiidechätzli, d'Haselnuß
sin wohl scho e Zitlang duß.

Grüeni Flecke in de Matte,

un scho chürzer würd dr Schatte,

's luege bruni Ackerfuure

dur 's verrisse Liinduech dure.

In de Rebe schnebbere d'Schere,
chasch-e-ne d'Arbet nümmi wehre.
E Ruuch im Luft, de merksch derbi
's cha nümmi wit vu Oschdere sii.

Alfred Gugelmeier, Auggen.


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