Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fs
Hebelbund Müllheim [Hrsg.]
Die Markgrafschaft: Beiträge aus Geschichte, Kultur und Wirtschaft des Markgräflerlandes
2. Jahrgang, Heft 3.März 1950
Seite: 17
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Die Markgrafschaft

17

Der geheilte Patient / Von Joh. Peter Hebel

Reiche Leute haben trotz ihrer gelben Vögel
doch manchmal auch allerlei Lasten und Krankheiten
auszustehen, von denen gottlob (!) der
arme Mann nichts weiß; denn es gibt Krankheiten
, die nicht in der Luft stecken, sondern in
den vollen Schüsseln und Gläsern und in den
weichen Sesseln und seidenen Betten, wie jener
reiche Amsterdamer ein Wort davon reden kann.
Den ganzen Vormittag saß er im Lehnsessel und
rauchte Tabak, wenn er nicht zu faul war, oder
hatte Maulaffen feil zum Fenster hinaus, aß aber
zu Mittag doch wie ein Drescher, und die Nachbarn
sagten manchmal: „Windet's draußen oder
schnauft der Nachbar so?" — Den ganzen Nachmittag
aß und trank er ebenfalls, bald etwas
Kaltes, bald etwas Warmes, ohne Hunger und
ohne Appetit, aus lauter langer Weile, bis an
den Abend, also, daß man bei ihm nie recht sagen
konnte, wo das Mittagessen aufhörte und
wo das Nachtessen anfing. Nach dem Nachtessen
legte er sich ins Bett und war so müd, als wenn
er den ganzen Tag Steine abgeladen oder Holz
gespalten hätte. Davon bekam er zuletzt einen
dicken Leib, der so unbeholfen war wie ein
Maltersack. Essen und Schlaf wollten ihm nimmer
schmecken, und er war lange Zeit, wie es
manchmal geht, nicht recht gesund und nicht
recht krank; wenn man aber ihn selber hörte, so

hatte er 365 Krankheiten, nämlich alle Tage eine
andere. Alle Ärzte, die in Amsterdam sind, mußten
ihm raten. Er verschluckte ganze Feuereimer
voll Mixturen und ganze Schaufeln voll Pulver,
und Pillen wie Enteneier so groß, und man
nannte ihn zuletzt scherzweise nur die zweibeinige
Apotheke. Aber alles Doktern half ihm
nichts, denn er folgte nicht, was ihm die Ärzte
befahlen, sondern sagte: ,,Fouder, wofür bin ich-
ein reicher Mann, wenn ich soll leben wie ein
Hund, und der Doktor will mich nicht gesund
machen für mein Geld?" Endlich hörte er von
einem Arzt, der hundert Stund weit wegwohnte,
der sei so geschickt, daß die Kranken gesund
werden, wenn er sie nur recht anschaue, und der
Tod geh' ihm aus dem Weg, wenn er sich sehen
lasse. Zu dem Arzt faßte der Mann ein Zutrauen
und schrieb ihm seinen Umstand. Der Arzt
merkte bald, was ihm fehle, nämlich nicht Arznei,
sondern Mäßigkeit und Bewegung und sagte:
„Warf, dich will ich bald kuriert haben." Deswegen
schrieb er ihm ein Brief lein folgenden
Inhalts: „Guter Freund, Ihr habt einen schlimmen
Umstand; doch wird Euch zu helfen sein,
wenn Ihr folgen wollt. Ihr habt ein böses Tier im
Bauch, einen Lindwurm mit sieben Mäulern. Mit
dem Lindwurm puß ich selber reden, und Ihr
müßt zu mir kommen. Aber für's erste, so dürft

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