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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-04/0014
12 Die Markgrafschaft

Kanderner Wirtschaften um die Mitte des vorigen Jahrhunderts

Von Albert Eisele

Die Gasthäuser, die um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts in Kandern in Betrieb waren, lassen
sich in drei Gruppen einteilen. Zur ersten
Gruppe gehören die beiden Bergwerkswirtschaften
„Weserei" und „Platzhof". Zur zweiten
Gruppe zählen die beiden städtischen Wirtschaften
„Zum Stadthaus (roter Löwen)" und „Maien",
und in die dritte Gruppe rechnen wir die in privater
Hand befindlichen Gasthäuser.

In der Mitte des vorigen Jahrhunderts ging
die Platzhofwirtschaft schon ihrem Ende entgegen
. Der Erztransport über die Scheideck nach
Hausen hatte aufgehört. Somit War eigentlich nur
noch an Kanderner Markttagen stärkerer Verkehr,
hauptsächlich wenn der Markt einen guten Gewinn
abgeworfen hatte. Als der Platzhof durch
Kauf in den Besitz der Stadt Kandern kam, ruhte
das Wirtschaftsrecht. In unseren Tagen ging der
Hof in den Besitz des Jugendherbergsverbandes
über, der zur Aufnahme von wanderlustiger
Jugend und zur Übernachtung einlädt.

Größeren Umsatz hatte in früheren Zeiten die
andere Bergwerkswirtschaft, die unter dem Namen
„Weserei" heute noch besteht. Schon 1695
hatten sich die Kanderner Wirte Jbeim Markgrafen
beschwert, daß sie großen Schaden hätten,
weil alle beim Bergwerk beschäftigten Leute einschließlich
Holzmacher, Kohlbrenner und Kohlenführer
„da doch das Kohlbrennen und Führen die
• ganze Vogelbacher Vogtei in sich begreift" in der
Wirtschaft essen und trinken müßten. Sie müssen
mit ihrer Beschwerde keinen Erfolg gehabt haben
, denn 1741 wiederholen sich die Klagen. Es
wird jetzt festgestellt, daß der Bergwerkswirt
Hans Georg Bürgin, nach der Bergwerksordnung
handelte, die der Markgraf 1649 zu Baisei erneuert
hatte. Darnach hat der Wirt das Recht, „zu bak-
ken, zu metzeln, Wein auszuschenken, Kaufmannschaft
, Krämerei und andere nützliche und
ehrbare Hantierung, wie Bergwerksbrauch ist, der
Bergordnung gem. zu treiben". Der Herr Kammerrat
und Forstmeistereiverweser Bischof berichtet
weiter, und man liest deutlich, auf wessen
Seite er steht: „Im Herbst und Winter werden
so viel als gar keine warmen Speisen verabreicht.
Wenn aber im Sommer die Köhler im Wald und
die Erzknappen in ihren Stollen und Gruben die
ganze Woche öfters ohne Suppe und Brot mit
hungrigen Bäuchen arbeiten, kommen solche alle
14 Tage einmal zum geordneten Zahltag in die
Faktorei und da geschieht es dann und wann, daß
ein oder der andere dieser Laboranten, um sich
in etwas zu erquicken, eine warme Suppe und ein
Stücklein Fleisch verlangt und bekommt. Würde
die Abgabe von warmem Essen verweigert, so
würden die Laboranten im Ort essen, aber auch
dort trinken zum Schaden der Herrschaft". Der
Landvogt von Leutrum kehrt aber den Spieß um,
indem er feststellt, daß Speisen nur dort abgegeben
werden dürfen, wo kein Metzger im Ort
ist. Im übrigen habe der Wirt im Bergwerk große
Vorteile, weil er den Wein billiger verkaufen
dürfe als die Wirte im Ort (im Gegensatz zur

Wirtschaft im Hausener Bergwerk, wo der Preis
derselbe ist wie im Ort, aber das Glas größer).
Der Wirt bekommt nämlich seinen Wein aus den
herrschaftlichen Kellern, auch Brot, Käse und
Tabak bekommt er von der Herrschaft. In der
Rechnung für das Jahr 1800 erscheint erstmals
unter den Ausgaben 1666 Maß Bier zu 10 kr =
277 fl 40 kr, Verkaufspreis 14 kr.

Uber die Versteigerung der Schildwirtschaft
zur „Weserei" im Jahre 1867 geben einige Aktenstücke
über die verschiedenen Wirtschaften und
ihre Lage Auskunft. Der Rotgerber Ludwig Kramer
hatte die Wirtschaft gesteigert und wollte sie
in sein neu gekauftes Haus am Blumenplatz und
der Hauptstraße verlegen. Dagegen wehren sich
nun die Wirte, die den Sonnenwirt Joh. Georg
Kammüller zu ihrem „Gewalthaber" bestimmen.
Da die Stadt durch ihre beiden Wirtschaften auch
interessiert ist, läßt sie ihre Interessen ebenfalls
durch einen Gewalthaber vertreten. Im Kramer-
schen Haus ist früher schon durch den Bierbrauer
Kümmich eine Wirtschaft betrieben worden; dicht
dabei war die „Blume". Nun wurde die Küm-
mich'sche Wirtschaft 1859 feil, weil Kümmich
wegzog. Die Gemeinde wollte jetzt das Haus als
Lehrerwohnung umbauen lassen und in den Garten
ein neues Schulhaus stellen. Da machte der
Blumenwirt einen Tausch vor schlag: das Küm-
mich'sche Haus ist für eine Wirtschaft geeigneter,
die Blume für eine Schule. Auch ist das anstoßende
Haus des Schreiners Nees verkäuflich.
So kam die Blume an ihren heutigen Platz. Am

9. Mai 1860 wurde auf dem Platz, der seit dem

10. 11. 1859 Schillerplatz hieß, das Schulhaus eingeweiht
.

Zurück zu Kramers Gesuch. Der Gemeinderat
stellt fest, daß die Entfernungen der Wirtschaften
zum Kramer sehen Hause folgende sind: zur Blume
25 Schritt, zum Schwanen 50, zum Hirschen 69,
zum Ochsen 112, zum Maien 112, zur Sonne 48,
zum Stadthaus 124, zur Brauerei Eichacker 126
und zur Krone 210. Die Krone lag früher mitten
in der Stadt. Sie wurde von dem ehem. Sattler
Roth, der mehrere Jahre die Maienwirtschaft gepachtet
hatte, gekauft und in sein Anwesen am
Ende der unteren Stadt verlegt. Der Löwen
wurde schon in den 30er Jahren in die Stadt gezogen
, weil durch Aufhebung des Bezirksamtes
sein Besuch fast völlig aufgehört hatte. Blume
und Maien sind nicht neuerdings in den bestehenden
Rayon gezogen, sie haben nur innerhalb desselben
gewechselt. Daß die Weserei nur für das
Bergwerk bestimmt war, gehe auch daraus hervor
, daß sie lange Jahre im Verwaltungsgebäude
gewesen sei und nun in ein anderes Gebäude in
dessen Nähe verlegt worden sei. Kramers Gesuch
beschäftigte die Behörden lange Zeit, wurde aber
schließlich abgewiesen.

Nun ein Wort zu den Gemeindewirtschaften
allgemein. Fecht gibt für die Mitte des vorigen
Jahrhunderts an folgenden Orten Gemeindewirtschaften
an: Blansingen, Efringen, Fischingen,
Huttingen, Istein, Mappach, Otlingen, Schallbach,,


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