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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-05/0006
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Die Markgrafschaft

Allerdings etwas anderes hatte ich nun Fleur-
ette zu zeigen. Aber ob sie das würde sehen wollen
? Droben auf dem Speicher in der südlichen
Giebelwand unseres Hauses hatte ich ein Fenster
entdeckt, von dem aus der Blick gerade zwischen
Kirche und Schulhaus durchführte, ganz frei über
das Dorf hinweg, so daß man weit, weit hinaussehen
konnte, über die Hardt hinweg; zum Isteiner
Klotz, zu dem ich schon mit meinem Vater
hinmarschiert war, und dahinter nach den blauen
Jurabergen, hinter denen jetzt an den klaren
Fühlingstagen oft die Zacken der Alpen hervorleuchteten
. Man konnte genau so gut und so weit
sehen, wie droben vom Rebberg aus, von dem ich
oft mit den Eltern die gleiche Aussicht bewundert
hatte, woher ich wußte, wie die einzelnen Alpengipfel
, die man sehen konnte, hießen. Die seltsamen
Namen: Mönch, Jungfrau, Finsteraarhorn,
Wetterhorn, Schreckhorn machten mir die fernen,
unnahbaren Bergesriesen geradezu zu lebendigen
Persönlichkeiten, und da die Schweiz die Heimat
meiner Mutter war, empfand ich für diese ganze
Welt eine vertraute Zugehörigkeit.

Ich hatte erst eine Kiste gegen das Fenster
geschoben, um besser hinaussehen zu können,
dann hatte ich gemeinsam mit Ernest einige andere
leere Kisten, die auf dem Boden herumstanden
, dagegen gebaut, und so hatten wir da
droben ein richtiges Häuschen, von dem aus wir
wohl geborgen Ausschau halten konnten über das
gesegnete oberelsässische Land.

Davon erzählte ich Fleurette, die vielleicht, gerade
weil sie wenig von dem verstand, was ich
meinte, ein erhöhtes Verlangen empfand, die
Herrlichkeit selber zu sehen. Das war nun in
Heimlichkeit nicht leicht zu bewerkstelligen,
denn man mußte durch den ganzen Garten und
über den Hof gehen, dann die Haustreppe hinauf,
an Vaters Amtsstube vorbei, um zur Speichertreppe
zu gelangen. Es half nichts,< nun mußte
Ernest ins Vertrauen gezogen werden.

Zu dritt wurde Kriegsrat gehalten. Ein Don-
nerstag-spätnachmittag erschien als die geeignete
Zeit. Da war Markt im Dorfe, Mutter und Magd
waren zum Einkauf weg, und in Vaters Amtsstube
drängten sich dann die Leute. Da mußte es
gelingen, vorbeizukommen.

Und es gelang. Es war ein wunderbar klarer
Tag. Wir drei gruppten eng in unserm Kistenhäuschen
und schauten hinaus. Die Welt war voll
Sonne. Die scharfen Kinder äugen erkannten jede
Einzelheit. Auf den Feldern in der Nähe des
Dorfes kannten wir ja jeden Baum, jeden
Strauch. Die nächsten Dörfer erkannte man an
ihren Kirchen. Dann erhob sich links glitzernd
die weiße Kalkwand des Isteiner Klotzes, und im
Dunst standen die blauen Juramauern. Fleurette
wollte vor allen Dingen die Alpengipfel sehen
mit den merkwürdigen Namen. Die waren aber
noch nicht da. Und es bedurfte der beteuernden

(Fortsetzung auf S. 10)

Sechs Dome am Oberrhein

Text von Prof. Dr. Otto Fischer, Holzschnitt von Johann August Hagmann, Basel

1. Fortsetzung

Das Münster zu Basel am Knie des breiter
strömenden Rheins beherrscht weithin mit Chorhaupt
und Doppeltürmen das Bild der Stadt über
dem steil abfallenden Ufer. Auch hier steht das
christliche Heiligtum an der Stelle des ältesten,
vielleicht schon des römischen Kerns, um den
allmählich die Siedlung der Bürger wuchs. „Auf
Burg" heißt noch heute der Platz um das Gotteshaus
und die „Pfalz" die schöne, baumbeschattete
Mauerterrasse hinter dem Chor, von der man den
Strom und die „mindere Stadt" und die fernen *
Berghöhen des Schwarzwaldes weit überblickt.
Etwa zu gleicher Zeit mit dem Konstanzer tritt
auch das Basler Bistum in die Geschichte. Ein
Vertrauter Karls des Großen, der als sein Gesandter
nach Byzanz ging, war zugleich Abt der
Reichenau und Bischof der Rheinstadt. Von den
ältesten Münstern, von denen eines gewiß im
Ungarnsturm (917 und 926) dahinsank, sind weder
Kunde noch Spuren erhalten. Erst von dem
stolzeren Bau wissen wir, der errichtet wurde,
als Basel mit Burgund 1006 an das Reich kam,
und der im Jahr 1019 in Gegenwart Kaiser Heinrichs
II. die prunkvolle Weihe empfing. Dieses
Heinrichmünster muß bereits etwa die Größe und
den Grundriß des heutigen gehabt haben. Noch
steht von ihm der untere Teil des nördlichen
Westturmes mit seinem glatten, feingefügten
Mauerwerk und den zarten Lisenen, noch sind

aus dem Innern zwei bedeutende Steinreliefs und
von den reichen Gaben des Kaisers die berühmte
goldene Altartafel auf uns gekommen. Im Jahre
1185 fiel der Bau einem Brand zum Opfer, und
im Lauf von höchstens zwanzig Jahren erstand
er aufs neue in verjüngter Gestalt. Wieder ist die
Kreuzform der Basilika mit dem herrschenden
Langhaus und Querschiff das Grundschema der
Anlage, allein das Chorhaupt wird jetzt polygonal
, mit fünf Seiten eines Zwölfecks geschlossen
, um den erhöhten Chorraum und die darunter
liegende Krypta aber ein tief geschachteter
Umgang, geführt, der in einem niedrigen Emporengeschoß
noch einmal sich wiederholt. Vier
mehrgeschossige Türme hoben sich einst, zwei zu
Seiten des Schiffs, im Westen über die Kreuzgestalt
des von einem Vierungsturm bekrönten
Daches. Der alte Chorschluß ist wenigstens in
seinem untern Teil mit den zarten Blendarkaden,
den tiefgestuften Fenstern, dem vortretenden
Rundbogenfries zwischen den gewaltigen Strebemauern
noch völlig erhalten und bietet ein herrliches
Beispiel der reif entwickelten romanischen
Bau- und Schmuckgestaltung. Ebenso steht fast
unberührt die nördliche Front des mächtigen
Querhauses mit ihrem großen Radfenster und
mit dem wunderbar reich gefügten Skulpturen-

Bild auf Seite 5: Das Münster zu Basel.


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