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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-05/0008
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Die Markgrafschaft

(Fortsetzung von S. 4: Sechs Dome am Oberrhein)

werk der triumphbogenähnlichen Galluspforte,
die vielleicht von anderer Stelle hierher versetzt
ist. Vor allem ist der gewaltige Innenraum des
Münsters die einmalige erhabene Schöpfung dieser
Zeit. In drei gewaltigen Jochen bereitet das
weite und hohe Hauptschiff die Raumausweitung
von Vierung und Querhaus vor, um in dem über
viele Stufen erhöhten Altarraum mit den doppelten
Öffnungen seiner Bogenwände einen wunderbar
gegliederten und gesteigerten Abschluß zu
finden. Streng und reich und von königlich klarer
Ordnung ist die Gliederung der Langhauswände.
Schlichte Mauerpfeiler tragen auf jeder Seite die
sechs emporgestellten Spitzbogen, mit denen das
Hauptschiff sich gegen die überwölbte Raumfolge
des schmalen Nebenschiffs öffnet. Darüber läuft
ein zweiter Kranz von eingetieften Durchbrechungen
, in denen die Arkadenreihen der
Empore über dem Seitenschiff mit Deierbögen,
von doppelten Säulchen getragen, den Hauptraum
begleitet. Ganz oben folgen zuletzt die
schlicht vertieften Fensterpaare der Hochwand.
Nicht minder durchdacht und kraftvoll ist die
plastische Sprache der Pfeiler, die in der Mauerdicke
der unteren Arkaden mit einfachen, zwischen
den Jochen mit dreifachen, um Vierung
und Chorschluß mit vielfach gebündelten Halbsäulen
emporsteigen, um über der Kapitellzone
in den großen Schildbögen und Wölbungsrippen
Fortsetzung und Abschluß zu finden. Der reine
Rhythmus dieses Bau- und Formengefüges, die
überzeugende Macht der Ordnung, mit dem er
den Raum als ein faßbar gegliedertes Ganzes erst
fühlbar macht, erheben das Innere des Basler
Münsters zu einem der schönsten, in sich vollendetsten
Weiheräume der kirchlichen Baukunst.

Die Gotik hat zunächst nur wenig am Münster
geändert. Zwischen 1*260 und 1296 muß das
Hauptportal umgestaltet worden sein, es schloß
einst die nach Westen offene Vorhalle zwischen
den Türmen, an deren Wänden die Statuenreihen
der klugen und törichten Jungfrauen und der
Kirchenpatrone standen. Vier von diesen Standbildern
stehen heute zu Seiten des nach vorne
gerückten Portals. Dann wurde das Langhaus um
zwei Kapellenreihen der vornehmen Geschlechter
verbreitert, die neben den Seitenschiffen eine
weitere durchlaufende Flucht von zwei Schiffen
bilden, damit aber den Bau im Äußern zu sehr in
die Breite dehnen. Sie waren 1343 vollendet. Die
Westfassade wurde mit den Reiterstatuen des
heiligen Georg und des heiligen Martin geschmückt
. Das große Erdbeben brachte 1356 den
ganzen Oberteil des Münsters mit den Gewölben
zum Einsturz. Sogleich wurde die Erneuerung im
Stile der Hochgotik in Angriff genommen und
Johannes Parier aus Freibug zur Fertigung der
Pläne berufen. Auf ihn geht wahrscheinlich der
neue Chorschluß zurück, der außen schwerfällig
gestuft, dem Innern den herrlichen Abschluß mit
dem Blick auf den farbig durchleuchteten Zauber
der großen Oberfenster über dem Altarraum verleiht
. 1363 schon wurde der Chor wiederum geweiht
, 1400 wurde das Chorhaus aufs neue gewölbt
, später erst die Einwölbung des Langhauses
abgeschlossen. Nun sollten auch die West-
'türme als ragende Wahrzeichen des Domes wieder
höher geführt und vollendet werden. 1414
entwirft Ulrich von Ensingen, aus S1?aßburg
herüberkommend, den nördlichen St. Georgsturm,
der 1424 mit der Kreuzblume fertig dasteht, über
zwei steil aufstrebenden kubischen Geschossen
und der achteckigen Laterne mit dem spitzen
durchbrochenen, zierlich gezackten Helm in den
Himmel stoßend. Gleichzeitig wurde die Giebelwand
des Mittelschiffs mit ihrem Skulpturenschmuck
ausgeführt. Den südlichen Martinsturm
führte erst zwischen 1488 und 1500 Hans von
Nußdorf in die Höhe, indem er dem älteren Bruder
ein verändertes, spätgotisch eigenwilliges,
doch ebenso reizvolles Gegenstück an die Seite
setzte. Im Innern war die Vierung gegen das
Hauptschiff schon 1381 durch einen edlen, vier-
bogigen Lettner abgeschlossen worden, der heute
als Orgelempore an der Westwand dient. Im
Chor wurde um 1430 im Hinblick auf das kommende
Kirchenkonzil ein reichgeschnitztes Gestühl
errichtet, 1486 im Schiff das Schmuckstück
der Kanzel aufgestellt. Und das 15. Jahrhundert
hat auch die Umgebung des Münsters neu gestaltet
: im Süden entstanden 1442 die schönen
Hallen des großen Kreuzganges um den stillen
Hof, daran anschließend, nach dem Rhein zu aus
offenen Fenstern blickend, der trauliche kleine
Kreuzgang und zu gleicher Zeit der malerische
Baukomplex des Bischofshofs, die Wohnung Arnold
von Rotberg, der die Basler Universität gestiftet
hat. Der Bildersturm von 1529 hat zwar das Münster
seiner reichen Kirchenzierden von Altären,
Epitaphien und Bildern aller Art beraubt, das
Bauwerk selber hat unter ihm nicht gelitten und
ist auch in den protestantischen Jahrhunderten
stets in Ehren gehalten worden. Noch immer umfängt
den Eintretenden die strenge Weihe des
erhabenen Raumes mit tiefer Bezauberung, noch
immer genießt jeder, der die schmale Münstergasse
hinaufsteigt, die fein gefügte Westfront mit
dem Gipfeldrang ihrer Pfeile als das Sinnbild
einer erhöhten Welt, und es gehört zu den schönsten
Erlebnissen, das alte Heiligtum betrachtend
zu umwandern, von dem weiten* behaglich träumenden
Platz unter die Bäume zu treten und
hinaus auf die königliche Pfalz über den Strom
und wieder einzutreten in das schweigende Dämmern
des Kreuzganges, wo die Toten so vieler
Geschlechter ruhen. Und noch immer bekrönt das
Münster mit seinem versunkenen Chorhaupt, mit
seinen bunten Dächern und dem gespitzten Zwillingspaar
seiner Türme das unvergleichliche
Stadtbild von Basel.

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