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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-07/0006
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Die Markgrafschaft

Quartierwechsel: „Ach, wie schmerzlich ist es
doch, da man Sie kannte, Ihre reizenden Töchter
gesehen, und Ihren himmlischen Göttertrank versucht
hat, — wenn man sich Weibern gegenüber
befindet, deren schönster ich nicht einrrial meine
Schuhe geben möchte, um sie vom Kot reinigen
zu lassen, —» wenn man vor einem Krug Bier
sitzt, das gerade gut genug ist, um damit die
Füße meines Pferdes zu waschen; und zudem,
wenn man mit Menschen leben muß, schmutzig,
schlampig, die keine andere Erziehung genossen
haben, als Viecher gut zu pflegen, und die drei
und ein halbes Viertel der Zeit unzurechnungsfähig
sind. Nun haben Sie ein Bild von meinem
reizenden, unterhaltenden Aufenthaltsort.. . Ich
danke Ihnen vielmals, auch der guten Frau
Freundin von Judith, für die mildtätige Pflege,
die Sie meinen Gefangenen angedeihen ließen..
Leben Sie wohl, guter Vater Löffler, das Andenken
an das gute Essen, das ich zum letzten Male
bei Ihnen hatte, liegt mir noch am Herzen, übermitteln
Sie noch meine Danksagung der guten
Köchin Chätterle, sagen Sie ihr, daß ich sie mit
Bedauern verlassen habe, auch die Fratzen-
macherin. — Für Judith sage ich Ihnen nichts, ich
habe ihr viel zu viel gesagt, und dennoch — ich
will auch ihr schreiben. Was die Mama betrifft,
bin ich weit davon entfernt, sie zu vergessen, ich
beauftrage Sie, sie zu küssen, im Versäumnisfalle
erinnern Sie sich, daß Sie es mit mir zu tun
bekommen. Gott befohlen, glauben Sie an meine
Anhänglichkeit für's Leben".

Während der Bourbonenprinz nun von den
Wechselfällen des Krieges bald dahin, bald dorthin
getrieben wurde, und schließlich im September
1801 im Iditratzheim'schen Hause in Etten-

heim neues Quartier bezog, zogen sich über dem
ebenso sorglosen wie beliebten jungen Kriegsmann
dunkle Wolken zusammen. Napoleon, dem
der Herzog von Enghien schon lange ein Dorn im
Auge war, nahm ein mißglücktes Attentat auf
seine Person zum Anlaß, den Emigranten verhaften
zu lassen. Was sich nun vollzog, war ein
Egmont-Schauspiel. Obwohl gewarnt, traf der
Prinz keinerlei Sicherheitsmaßnahmen. Zwei
Spione aus Straßburg erkundeten in Ettenheim
die Wohnung und die Gewohnheiten des Prinzen.
Am 15. März 1804 wurde er von 300 französischen
Dragonern und 30 Gendarmen gefangen.
Ein Befreiungsversuch, von seinen Anhängern
unternommen, mißlang. Die durch das Eindringen
auf deutschen Boden begangene Verletzung
des Völkerrechts wurde durch den französischen
Diplomaten Talleyrand, einem besonderen Gegner
des Herzogs, in Karlsruhe durch eine Formalität
aus der Welt geschafft. Unterdessen hatte
man den Gefangenen in einem 62-stündigen
Transport nach Paris gebracht. Man traf dort am
20. März ein. In der gleichen Nacht noch wurde
der Emigrant vor ein Kriegsgericht gestellt. Es
half ihm nichts, daß er beweisen konnte, nichts
mit der Verschwörung gegen Napoleon zu schaffen
zu haben. Man verurteilte ihn zum Tode mit
der Begründung, Waffen gegen Frankreich getragen
zu haben. Am Morgen des 21. März, ^3 Uhr,
wurde er im Schloßgraben von Vincennes erschossen
.

So hatte sich sein Schicksal erfüllt, unglücklich
zu sein. Die schöne und stolze Markgräflerin
Judith Löffler aber bewahrte mit den Briefen
des Herzogs von Enghien auch ihre Treue, die sie
ihm nie verraten hatte. B.

Sechs Dome am Oberrhein / Prof Dr. Otto Fischei

3. Fortsetzung.

Das Stephansmünster in Breisach mag als
typisch für eine der älteren Anlagen gelten, in
denen ein romanischer Grundbau von der Gotik
umgestaltet worden ist. Als kreuzförmige Gewölbebasilika
des gebundenen Systems wurde der
Bau um 1200 mit drei Apsiden an den Ostwänden
und zwei Türmen, die den Chor zwischen sich
schließen, errichtet. Für das System und die,Verhältnisse
im Innern ist vielleicht das Basler Münster
vorbildlich gewesen. Der südliche Chorturm
wurde erst gegen das Ende des 13. Jahrhunderts
in gotischen Formen vollendet. Um das Jahr 1300
bereits fand ein Umbau statt. Der Chor wurde
zum hoch überwölbten Polygon und über eine
Unterkirche erhöht. Dann sollte das kurze. Langhaus
zur Hallenkirche mit gleich hohen Schiffen
erweitert werden, doch wurde dieser Plan nur im
ersten westlichen Joch durchgeführt. Im 15. Jahrhundert
wurde dieser Westteil mit einem Netzgewölbe
geschlossen, die Schauseite mit Fenstern
und einer Mittelrose zwischen vier gliedernden
Strebepfeilern abgeschlossen. Der hier vorgesehene
Mittelturm, der den Bau nach oben reißen
sollte, ist nicht mehr zur Ausführung, gelangt. Die

Kirche erhielt dafür in ihrem Innern drei Prachtwerke
spätgotischer Kunst: die grandiosen Fresken
des Weltgerichts, die Martin Schongauer um
1490 als seine letzte Schöpfung auf drei Wände
des Westraumes malte, das virtuose Prunkstück
des üppigen Lettners (um 1500) und den geschnitzten
Hochaltar des Meisters H. L. (vielleicht Hans
Loy von Freiburg, 1526), in dem eine spätgotischbarocke
Formenphantasie die lebendigste Realistik
verzückter Gestalten mit dem rauschenden
Schwung des bewegten Gefälts zu einem unsäglich
schönen Spiel der Lichter und Schatten gefügt
hat. Der einfache, verwitterte Baublock des alten
Münsters, der diese Schätze birgt, steht frei auf
beherrschender Höhe über dem Städtchen, das
sich den Hang hinunterzieht, inmitten der Gärten
und Rebberge, die den letzten Ausläufer des
Kaiserstuhls umkränzen und über dem Rhein, der
zu ihren Füßen rastlos dahinzieht. So deutet sie
groß und schlicht, als ein geistiges Siegel, den
Sinn der Landschaft.

Seite 5: Stephansmünster in Breisach. (Holzschnitt
von Johann August Hagmann, Basel.)


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