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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-07/0010
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Die Markgrafschaft

selbst als Marktflecken blieben sie bedeutungslos.
Eifersüchtig wachte die österreichische Regierung
darüber, daß hier keine eigentlichen Städte zum
wirklichen oder vermeintlichen Nachteil der
Breisgauischen aufkämen; noch viel später hat sie
deshalb gegen die Erteilung des Stadtrechts an
Lörrach Einspruch getan". Und für Müllheim
darf man darauf hinweisen, daß die Bewohner
ihre Bedürfnisse in Neuenburg decken mußten.
Als 1699 erstmals Wochenmarkt gehalten wurde,
erhob die österreichische Regierung in Freiburg
sofort Protest. Auch bei der Errichtung der Jahrmärkte
wurde darauf hingewiesen, daß die Leute
sonst das Geld nach Neuenburg, Staufen oder
Heitersheim tragen müßten, wobei zu allen
sonstigen Unannehmlichkeiten noch der beschwerliche
österreichische Landzoll komme.

Das Verhältnis zu Basel war- ein anderes. Und
wenn Wackernagel die Konkurrenz mit den Basler
Betrieben bei der Gründung der Papiermühlen
anführt, so spielt da sicher noch etws anderes mit.
Die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts sah am
Rhein zwei Konzilien: 1414—1418 zu Konstanz
und 1431—1448 zu Basel. Schon damals war der
Papierverbrauch bei solchen Anlässen außerordentlich
groß. Und es ist bezeichnend, daß um
1440 Hans Halbysen in Basel die Herstellung von
Papier aufnahm. 1451 gründete die Familie Galli-
ciani eine weitere Papierfabrik in Basel. Um
diese Zeit beginnt die Buchdruckerkunst gerade
auch in Basel mit der Herausgabe der Werke der
bedeutendsten Humanisten, vor allem die berühmte
Buchdruckerfamilie der Petri. So darf es
uns nicht wundern, wenn 1564 im Sausenburgi-
schen Lagerbuch ein Eintrag zu finden ist „Herr
Sixt Petri gibt jährlich von seiner Papiermühle
zu Cander an Geld ein Pfund, sodann von
jeder Bütten ein Riß Papier, ein Kappen (= ein
Kapaun)". Dieser älteste Beleg sagt uns nichts
über die Gründung der Papiermühle. Und auch
er wäre uns vermutlich niGht erhalten geblieben,
wenn nicht 1706 Johann Ludwig Iselin von Basel
sich beschwert hätte wegen eines zuviel abgeforderten
Kapaun von seiner zu Cander habenden

Papiermühl, Pleuel und öltrotten. Zu seiner
Rechtfertigung fügte der Burgvogt der Landgrafschaft
Sausenburg Joseph Ammann seinen Akten
den Auszug aus dem Lagerbuch von 1564 bei.

1573 verkaufte die Familie Petri ihre Papiermühle
an das Kloster Klingental in Basel. Auch
später war die Mühle meist in Basler Besitz; die
Namen Paulus Meyer, Johann Conrad Iselin,
Ludwig Iselin, die Familie Blum, Häußler und
Thurneisen hatten sie nacheinander in Besitz.
Später kam sie in den Besitz des Markgrafen, der
von dem Basler Bankier Peter Ochs eine größere
Summe erhalten hatte und nun von dessen Witwe
die Papiermühlen in Kandern und Lörrach übernehmen
mußte. Es ist heute nicht einfach, an
Hand der Wasserzeichen festzustellen, woher ein
Papier stammt, da die genannten Familien oft
nicht nur die Kanderner, sondern auch die Lörracher
und die übrigen im Wiesental gelegenen
Mühlen besaßen. Ernst Grether hat im „Mark-
gräflerland", Januar 1937, eine Reihe von Wasserzeichen
veröffentlicht. So hat Basel geholfen, indem
es durch seine Papier er Arbeit gab, dem
Markgrafen aber Darlehen. Daß es auch sichere
Zuflucht in Kriegszeiten in dieser Fabrik bot,
berichtet uns das Kirchenbuch. Bei einem Todeseintrag
im Jahre 1690 heißt es: ,,Ist krank gewesen
, da die Franzosen ins Land kommen, daß sie
nicht entfliehen können, ist gelegen im Papierhaus
, so nach Basel gehöret, allwo noch mehr
Leut, sonderlich bei Nacht hingegangen. Man
hatte da ein wenig Ruhe, der Stadtschild war
angeschlagen".

Das Haus steht heute noch. An der Außenwand
wurde vor Jahren eine Gedenktafel angebracht,
die besagt, daß in diesem Hause Johann August
Sutter, der Pionier Kaliforniens, geboren wurde.
Sein Vater war unter Jakob Häußler von Basel
hier Papiermeister, als am 15. Februar 1803 sein
Sohn Johann August geboren wurde. Die Fabrik
ist heute noch in Betrieb; seit etwa 1860 wird
aber kein Papier, sondern Pappe hergestellt.

A. Eisele.

<Forts. von S. 2> Neuenburg, wie es

von neuem zerstört werden sollte. Nach zweimaliger
Brandschatzung ging am 9. Januar 1675
die letzte Zufluchtstätte in Flammen auf. „Es
war", so heißt es in einer Aufzeichnung jener
Tage, ,,ein Geschrei, das selbst die Steine hätte
erweichen können". Die Verzweifelten fanden auf
ihrem Leidensweg schließlich Aufnahme in Müllheim
, Auggen und in anderen Nachbarsorten.-

Die„lederne" Kirche

Vier Jahre, nämlich bis zum Frieden von Nym-
wegen, blieb Neuenburg verödet. Erst langsam
kehrte mit einem Teil der Bürgerschaft wieder
Leben in den Ort zurück. In mühseliger Arbeit
erstanden über den gewölbten Kellern die ersten
armseligen Hütten. An einer stehengebliebenen
Wand der Pfarrkirche wurde ein lederne^ Zelt
befestigt und Gottesdienst abgehalten. Diese

nur wenige kennen

Kirche ging später als „lederne Kirche" in die
Pfarrchronik ein.

Neuenburg abermals in
Kriegsnot

Alle Aufbauarbeit und Anstrengungen wurden
durch den Spanischen Erbfolgekrieg zunichte
gemacht. Bereits im Oktober 1702 besetzte der
Feind die Stadt, deren Besatzung vorher geflohen
war. Im Gegensatz zu früheren Jahren unterblieben
diesmal jedoch vorerst noch die Zerstö-
- rungen. Der Feind ging sogar daran, sich
häuslich einzurichten, bauten die Stadt zur
Festung aus und schlugen eine Brücke über den
Rhein. Doch bald sah man, daß es nur der Anfang
neuer Enttäuschungen und Leiden war. Um zu
verhüten, daß der Stützpunkt Neuenburg in die
Hände der Österreicher falle, ordnete Marschall


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