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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-08/0005
Die Markgrafschaft

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Franz Philipp, der alemannische Tonschöpfer

(Zu seinem 60. Geburtstag)

Am 24. August wird Meister Franz Philipp
sechzig Jahre alt. Mit Freude und Dankbarkeit
feiert diesen Tag vor allem das alemannische Volk
am Oberrhein, ist er doch wie die Dichter Hebel,
Gött und Burte, wie die Maler Thoma und Bühler
in Geblüt und Gemüt, in Werk und Wesen ein
echter Sohn der alemannischen Heimat.

Seine Eltern stammen aus dem Wiesental
bei Schönau, er selbst wurde in Freiburg
i. Br. geboren. Schon früh regte sich
in ihm der Drang seiner musikalischen Begabung
. Beim Organisten Hamm in Basel
ging er in die Lehre, die großen Meister
Bach, Bruckner, Reger wurden seine Vorbilder
. Seine Teilnahme am ersten Weltkrieg
brachte ihm tiefe seelische Erschütterungen
; als Folge einer Verschüttung erlitt
er einen fast völligen Gehörverlust. Dennoch
wuchs er gegen alle Widerstände aus
begnadeter innerer Kraft zur schöpferischen
Meisterschaft empor. Wie Bach und
Reger übte er die Kunst des freien Orgelspiels
, der Improvisation. Anfangs der
zwanziger Jahre führte er als Leiter
des Kirchenchors St. Martin zu Freiburg
Bruckners große Messe in f-moll, Mozarts
Krönungsmesse und seine eigene Friedensmesse
mit einzigartiger Wirkung auf. In
der Folgezeit schuf er ununterbrochen Lieder
, Chöre, Chor- und Orchesterwerke
geistlicher und weltlicher Art. Im Jahre
1924 wurde er als selbständig gereifter
Künstler, ohne jemals ein Examen abgeleistet
zu haben, zum Direktor der Karlsruher
Musik-Hochschule bestellt. Diesem
Amt oblag der Meister bis zum Jahre 1941.
Dort gab er es aus Gesundheitsrücksichten
auf, und frei und aller Beamtenbürde ledig
lebt er seit dieser Zeit in seiner Heimatstadt
Freiburg ganz seinem Schaffen.

Zeigt sein äußerer Werdegang diesen
steilen Aufstieg, so offenbart sein Wesen
neben Bescheidenheit und geradliniger
Offenheit eine große Beharrlichkeit und
Stetigkeit. Mit unbeugsamem Willen, ohne
Zugeständnisse an den zerstörerischen Zeitgeist
, verfolgt er seinen inneren Weg. Der
alemannischen Heimaterde entsprossen, ein
Eigenwuchs aus bäuerlichem Boden, aus dem er
als Mutter- und Nährboden Kräfte und Säfte
zieht, ist er mit ihm verwurzelt und verwachsen
geblieben bis in die feinsten Verästelungen seines
Künstlertums hinein. Er weiß um den Wert der
Muttersprache, um die lebendigen Antriebe, die
er aus ihrem Ursinn empfängt. Er vernimmt den
tröstenden Ruf der Heimat in alle Verlassenheit
und Öde der großen Städte hinein, er erkennt die
innige Verbindung mit ihr als zum Geheimnis
seines Schaffens gehörig, ja zum Geheimnis des
Schöpferischen überhaupt. Wird nicht jedem, auch
dem einfachen Mann, gerade dann, wenn die
Wagnisse der größeren Gemeinschaft, des Vater-

landesf gescheitert sind, das Mutterland als reine
Quelle des Ursprungs wieder deutlich vor die
Seele gestellt? Als tragender Grund aber aller
Fülle des Daseins, aller Lebens- und Volksgemeinschaft
, erscheint ihm Gott, der Urheber
aller lebendigen und schöpferischen Mächte. Ihm
zu Ehren singt und musiziert er, wie es die gro-

Foto : Franz Matzkowski, Aachen.

ßen Musiker alle, wie es Joh. Seb. Bach und wie
es Bruckner, der kindlich-einfältige Schulmeister
und große Symphoniker* von St. Florian, getan.
Seine Kunst ist ihm Gabe, Geschenk aus der
Hand Gottes, des großen Schöpfers und uner-
forschlichen Liebesgeheimnisses: sie ist ihm
Gnade und verpflichtender Auftrag, nicht Willkür
und eitles Spiel der Vereinzelten, nicht
Künstlichkeit und schillernder Geist, sondern
Mitwirken am gemeinsamen Werke. Kunst und
Kultur sind ein auf dem Grunde einer natürlichen
Lebensgemeinschaft gewachsenes gemeinsames
Gut, letztlich gegründet und verankert im
Willen des Allschöpfers. Kunst selbst ist schöpfen


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