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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-08/0008
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Die Markgrafschaft

den Bannbezirk Hemmende, konnte beseitigt werden
und der Weg zur nachbarlichen Verträglichkeit
war geebnet und offen.

Zu allem Überfluß fielen in diese Zeit auch die
Zerwürfnisse zwischen den Stadträten und der
Geistlichkeit. Es ging dabei in der Hauptsache um
Einkünfte, Pfründen und Stiftungen. Mit Beseitigung
des Magistrats hörten auch diese Zwistig-
keiten auf, was der ganzen Stadt zugute kam.

Neue Nöte, neue Leiden

Verfolgt man die Geschichte Neuenbürgs weiter
, so findet man die Stunden, die dem schaff i-
gen, tüchtigen Städtchen für den friedlichen
Wiederaufbau und für sein Tagewerk geblieben
waren, nur spärlich in den Jahresgürtel eingefügt.
Das Schicksal reichte die Stadt von Hand zu Hand
und ihre Menschen wurden von einer Not an
eine noch größere ausgeliehen. Es ist jeweils nur
ein kurzes Atemholen, das der Stadt in ihrem
harten Daseinskampf zwischen den einzelnen
Zeitabschnitten gegönnt ist. Unendlich scheint die
Notschnur der Heimsuchung zu sein, daran sich
wie schwarze Perlen ungezählt die Tränen und
Bitternisse ihrer Menschen reihen.

Im Jahre 1733 kam es zwischen Frankreich und
dem Kaiser zu einem neuen Krieg, der bis 1736
dauerte. Wurde die Stadt auch nicht unmittelbar
davon berührt, so hatte sie doch unter der mannigfaltigen
Beschlagnahme von Proviant, Futter
und Lagerrequisiten sehr zu leiden. Als schließlich
auch dieser Krieg beendet war, brach unter
dem Rindvieh die sogenannte Gallenseuche aus,
der innerhalb kürzester Zeit 160 Stück Vieh zum
Opfer fielen. Die Tragik der damaligen Verhältnisse
findet ihren Niederschlag in den Aufzeichnungen
der Huggle'schen Chronik, die darüber
wörtlich berichtet: „Die Stadt, früher aus einigen
hundert schönen Gebäuden und Häusern bestehend
, von einem ansehnlichen Adel, vielen
Kaufleuten, mehreren Künstlern und zahlreichen
Handwerkern bewohnt, im Besitze erträglicher
Jahr- und Wochenmärkte, vieler ergiebiger Gemeinde
- und Privatgüter auf beiden Ufern, eines
bedeutenden Handels und Verkehrs, einer starken
Zoll- und Umgeldsannahme, eines großen Welt-
und auch Wildprethandels (weil bis 1675 die Waldungen
nebst Wild zumal jenseits des Rheins sehr
geschont wurden), und merkwürdigen alten Privilegien
und Freibriefen, kurz: mit allem dem, was
nur immer mit von Gott jemals einem gnädiglich
situierten Orte zu dessen Glück hat zugelegt werden
können — enthalte jetzt kaum noch sechs
oder sieben gemeine Gebäude und etwa sechzig
kleine Hüttlein rriit beiläufig siebzig verarmten
und verschuldeten Bürgern". Und an einer anderen
Stelle: „Die Wochen- und Jahrmärkte sind
verschwunden, die Stadtgüter mit Beschlag belegt
, die Waldungen ruiniert und das Erträgnis
von mehr als dreitausend Klaftern weggeführt;
die Stadt ihrer Einkünfte beraubt und die Bürger
nur arme Fischer und Schiffer. Die Inseln aber
mehrenteils im Rhein, von den Ackern und Matten
dieseits aber mehr als 160 Jauchert, die früher

Ortsbürgern gehörten, in Markgräfischen Händen
usw. . . . "

Neuenburg
und die französische Revolution

Empfindliche Verluste erlitten die Neuenbur-
ger durch die Auswirkungen der französischen
Revolution. Im Jahre 1789 beschloß die Nationalversammlung
, daß sämtliches Eigentum deutscher
Fürsten- oder Privatpersonen links des Rheins
nunmehr französisches Nationaleigentum sei. So
wurde aus dem zu Neuenburg gehörenden Dorf
„Eichwald" das französische Dorf „Chalampe".
Desgleichen wurden viele Rheininseln, ausgedehnte
Wälder und fruchtbare Felder von Horneburg
bis Blodelsheim der Stadt Neuenburg enteignet
. Als Napoleon dann im Jahre 1806 die
330 Zwerg- und Splitterstaaten und Städtchen
Deutschlands auf nur noch dreiundfünfzig zusammenstrich
, wurde das österreichische Neuenburg
dem Großherzogtum Baden zugeschlagen. Neun
Jahre später, im Frieden von Wien, wurde der
Stadt die Nutznießung wenigstens eines Teiles
der ehemaligen Wälder und Ländereien zuerkannt
; das ehemalige „Eichwald" aber blieb
französisch.

Mißernten, Hungersnot und
Überschwemmung

Hatte die zurückliegende Kriegszeit die Vorräte
der Landwirte fast überall aufgezehrt, so
zeigte sich das Jahr 1816 durch anhaltende Nässe
als ein ausgesprochenes Mißjahr, das eine große
Teuerung und schließlich eine Hungersnot heraufbeschwor
, wie man sie hierzulande seit Jahrhunderten
nicht mehr erlebt hatte. In dem ausgebluteten
, ausgezehrten Neuenburg, dessen Bevölkerung
durch die Katastrophenzeit gezwungen
war, sich ganz auf die Landwirtschaft und
Fischerei umzustellen, will diese Feststellung
schon etwas bedeuten

Zweimal noch, nämlich 1817 und 1822, bestand
für die Stadt überdies die Gefahr, von den Fluten
des Rheins hiriweggespült zu werden. Besonders
das Hochwasser im Jahre 1822, das der Stadt übel
mitspielte, schien damit ernst zu machen. Nicht
nur, daß die zum Schutze der Stadt erbauten
Werke von den ungestümen Wassermassen förmlich
weggetragen wurden; die wilden Fluten
brachen jetzt auch, wie vor Jahrhunderten schon
einmal, wieder in das feste Land ein und rissen
ganze Stücke des Hochgestades weg. Einmal dieses
Hindernis überwunden, stürzten sich die Wasser
bis hinter die Stadt, wo sie sich gewaltsam
einen Durchgang zu erzwingen suchten. Im allerletzten
Augenblick höchster Gefahr gelang es
durch die tatkräftige Unterstützung aller Nachbargemeinden
noch einmal das Schlimmste abzuwenden
und die Wut der anstürmenden Wasserberge
, die sich an der Ost- und Südseite bereits
brachen und die Stadt wie eine Insel einfach
wegzuschwemmen drohten, abzulenken und ihrer
Herr zu werden. „Noch einmal", so heißt es in


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