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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-08/0016
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Die* Markgrafschaft

(Schluß von S. 8)

Sechs Dome am Oberrhein

mengefühl der Bildhauer, die hier am Werke
gewesen sind, erst recht eindrücklich. Die Mutter
Gottes am Eingangstor, die Heiligen, die klugen
und die törichten Jungfrauen, die in der Vorhalle
über den Spitzbogenarkaden und unter dem Baldachin
die Wände entlang zierlich gereiht stehen,
sind die bescheidenen Schwestern der Straßburger
Portale. Sie sind um 1300 entstanden, wenig
später die herrlich einfachen sitzenden Könige,
die stehenden heiligen Männer, die launig-derben
nackten Wasserspeier an den Wänden und Streben
des Turmes. Es folgten in der zweiten Hälfte
des 14. Jahrhunderts die Apostelgestalten vor den
Pfeilern des Mittelschiffs und bis in das folgende
hinein die Heiligen in den Gehäusen der Strebepfeiler
am Äußern des Baus. Noch manches feine
Bildwerk in den Türstürzen der Eingangspforten,
am heiligen Grab, an Altarbauten und Grabdenkmälern
im Innern wäre noch aus der älteren Zeit
zu nennen, aus der jüngeren aber die reichen
geschnitzten Schreine des Dreikönigaltars, des
Annenaltars, des Lochereraltars aus dem Anfang
des 16. Jahrhunderts, endlich der monumentale
Hochaltar im Chor, das Meisterwerk des großen
Malers Hans Baidung, das dieser in den Jahren
1512—1516 in Freiburg geschaffen hat. Es ist
eines der wenigen deutschen Hochaltarwerke, die
noch heute in ihrer alten weihevollen Umgebung

zu würdigen sind. Von Baidung stammen auch
die feinen gemalten Flügel des Schnewlin-Altars,
und er hat damals die farbenleuchtenden Fenster
mehrerer Chorkapellen (Annenfenster, Stürtzel-
fenster) entworfen, die neben den strengeren,
wie Juwelenteppiche gewobenen Glasmalereien
des 14. Jahrhunderts in den Seitenschiffenstern
die besondere Zierde des Münsters sind. Mehr als
die prachtvollen Bischofsdome von Basel und
Straßburg bildet gerade dieser Bau in seiner Entstehung
und Vollendung, seiner äußeren und
inneren Schmuckgestaltung eine wunderbar gewordene
und erhaltene Einheit, die ihn zum
einzigartigen Kleinod unter den gotischen Mün-
stern macht. Frei erhebt er sich als das abgesonderte
Heiligtum der Stadt über dem weiten Platz,
den die stillen, alten Häuser behaglich umschließen
, gleich hinter dem Chor steigt der gewölbte
Rücken der waldumrauschten Berge empor, und
der herrlich aufschießende Turm ist wie ein geistgeformtes
, strenggefügtes Sinnbild der gewaltigen
Bergtannen des Schwarzwaldes, zu dem die Stadt
die schöne Pforte bildet, ein Sinnbild freilich noch
mehr der formenden Menschengedanken und
Menschensehnsucht, die über das Reich der Natur
das Gesetz der im Jenseitigen begründeten Ordnung
emporhebt.

Unser Blauen / Aus meiner Erinnerungskommode

Von Jda Preusch-Müller

„Der Xaveri het no d'Nebelchappe uf, es git
no meh Rege", sagte mein Vater oft, wenn er
nach ~dem Wetter schaute. Mit dem „Kaveri"
meinte er den Blauen, im Grunde aber den
Blauenvater, den alten Blauenwirt Xaver Stehlin.
Und eines Tages erzählte mir Vater, wie der damalige
Blauenwirt einst Kutscher gewesen war
in Badenweiler im Hotel Meißburger. Das mag
vor 80 oder 90 Jahren gewesen sein.

Der Blauen hatte damals noch keine Gaststätte;
nur ein hölzerner Aussichtsturm krönte seinen
Gipfel. Die jungen Umwohner unseres Heimatberges
stiegen an manchem Sonntagmorgen in
der frühesten Dämmerung hinauf, um auf dem
Turm die Sonne aufgehen zu sehen und den weiten
Blick über unser Land zu erleben. Die Lichtung
, die heute auch vom Hotel aus den Blick in
die Ferne frei gibt, war damals noch nicht ausgerodet
.

Die Kurgäste von Badenweiler ließen sich
gern mit dem Kütschle hinauffahren oder auf
einem Esel hinauftragen, das war bequemer.
Xaver Stehlin Latte jedesmal die größte Freude,
wenn er mit einer „Fuhre" auf den Blauen kam.
Weniger um der schönen Aussicht als um seines
Wohlbefindens willen. Er war von einem schweren
Asthma geplagt, und sobald er auf der Höhe
in der reinen Tannenluft war, verschwanden die
Beschwerden, und er fühlte sich so wohl und
leicht, wie niemals im Tal unten.

Diese Sache beschäftigte ihn eine Zeitlang,
dann sprach er mit seinem Herrn darüber. Der
alte Herr Meißburger war noch einer vom alten
Schlag, dem das Wohl seiner Angestellten am
Herzen lag. Er unterstützte deri Plan seines
treuen Kutschers, dort hinauf zu ziehen und ein
kleines Rasthaus zu bauen, in dem er die Passanten
mit Erfrischungen versorgen konnte. Dankbar
nahm Xaver auch die finanzielle Hilfe seines
Brotgebers an und wurde damit der erste Bewohner
und Wirt unseres schönen Heimatberges. Mit
genauen Jahreszahlen kann ich nicht dienen.
Erinnnerungen sind keine Statistiken, sondern
bunte, lebende Bilder.

Nach einigen Jahren konnte Herr Stehlin sein
kleines Gebäude erweitern, und im Laufe der
Zeit erstand das heutige Hotel Hochblauen. In
diesem Monat August feiern sie auf dem Blauen
das 75-jährige Jubiläum, und da wollen wir
Markgräfler alle daran denken, wieviel Freude
uns der Blauen schon gegeben hat und, so Gott
will, noch geben wird.

Heute brauchen wir nicht mehr den baufällig
gewordenen hölzernen Turm ängstlich erklettern.
Der eiserne hat festen Stand, und die glücklich
wieder heimgekommene stählerne Orientierungstafel
gibt uns den wundervollsten Anschauungsunterricht
in der Heimatkunde und darüber hinaus
. Wie oft schon standen wir suchend darüber
gebeugt, die herrlich leuchtenden Alpengipfel


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