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Die Markgrafschaft
vielfach verloren gegangen ist. Unsere Ordnung
(oder Unordnung) ist bedingt durch die Unfreiheit
in jeder Hinsicht. Man hat uns den Stacheldraht
um einige Meter hinausgeschoben, er ist nicht
mehr ganz so hoch, ab und zu haben wir sogar
bewachten Ausgang. Aber wenn nicht alles trügt,
so scheint doch manches auch unsern Wächtern
nicht mehr ganz zeitgemäß. Hoffentlich scheint
dies auch dem deutschen Michel so!
Aus der Chronik des
Wie allgemein bekannt, gehörte Schliengen
zum weltlichen Besitz des ehemaligen Fürstbistum
Basel und bildete mit den Gemeinden
Hauchen, Steinenstadt, Altingen *) und den südlich
davon gelegenen Orten Huttingen und Istein
Exklaven, die von badischem und österreichischem
Land umschlossen waren. Das Gebiet war dem
Landvogt von Birseck unterstellt, der gleichzeitig
auch die Orte Allschwil, Arlesheim, Ettingen,
Oberwil, Therwil und Reinach im schweizerischen
Bundesgebiet zu verwalten hatte. Erst 1719
wurde Schliengen, das bisher als Unteramt bezeichnet
wurde, zu einem Oberamt erhoben und
erhielt einen eigenen Landvogt, der im Schlößchen
zu Schliengen seinen Wohnsitz hatte. An
die Spitze der bereits erwähnten Orte Hauchen,
Steinenstadt, Altingen, Huttingen und Istein wurden
sogenannte Untervögte oder Stabhalter bestellt
.
Die weite Entfernung von der Residenz des
Bischofs von Basel, die sich seit der Einführung
der Reformation (1529) in Pruntrut (französisch
Porrentruy) befand, mochte den Untertanen des
Oberamts Schlierigen manche Unannehmlichkeiten
gebracht haben; in Kriegszeiten aber ist sie
die Ursache mancher großer Schwierigkeiten
gewesen.
Der Dreißigjährige Krieg
Trotz der Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens
vom Jahre 1555 hatte sich der
Protestantismus immer weitere Gebiete und
Länder erobert. Zu dessen Abwehr hatten auf
katholischer Seite die Jesuiten die sogenannte
Gegenreformation ins Leben gerufen, die der
Reformation mit allen Mitteln, auch der der
Gewalt, entgegentrat. Die Folge dieser entgegengesetzten
Bestrebungen war eine wachsende Unverträglichkeit
und Feindschaft der beiden Bekenntnisse
, die sich gegenseitig auf das erbittertste
in Wort und Schrift bekämpften und einander
die gefährlichsten Absichten zuschrieben. Diese
Situation führte schließlich protestantische.rsei.ts
zur Gündung der Union (1608), auf katholischer
Seite wurde (1609) die Liga ins Leben gerufen.
Der protestantische Markgraf Georg Friedrich
von Baden-Durlach schloß sich der Union an,
während der Bischof von Basel der Liga beitrat.
Der Zündstoff, der sich allenthalben angehäuft
hatte, kam zur Entladung, als am 23. Mai 1618
die böhmischen Landstände die kaiserlichen Statthalter
zu den Fenstern des Prager Schlosses hin-
:?:) Ailingen ist der Liel zu gelegene Ortsteil von Schliengen.
Das Außenministerium und die Gesandten, die
man uns nun zugesteht, haben eine große Arbeit
vor sich. Sie dürfte in jedem Falle mehr Geschick
und mehr Energie verlangen, als dies in früheren
deutschen Diplomatenkreisen gewünscht wurde.
Ohne „Manieren" geht es nicht, aber nur mit
Manieren wird man eben maniriert, was zu nichts
führt und was so manchen Leuten einen fatalen
Beigeschmack gab. L. B.
Weinortes Schliengen
auswarfen. Diese Tat bedeutete den Beginn jenes
Krieges, den die Geschichte den „Dreißigjährigen"
nennt und der Millionen Deutscher in namenloses
Elend gestürzt hat.
Mit größter Besorgnis sah man in unserer
Gegend den Ereignissen, die der böhmische Aufstand
heraufbeschworen, entgegen. Große Bestürzung
brachte, neben der Erscheinung des
„erschröcklichen" Kometsterns vom Jahre 1618,
die Nachricht von bevorstehenden Durchzügen
einiger tausend für den Kaiser in den spanischen
Niederlanden geworbener Truppen. In damaliger
Zeit war solch ein Truppendurchzug in den
meisten Fällen eine Katastrophe für die betroffene
Bevölkerung. Die Truppen jener Zeit waren
geworbene Söldner, die den Kriegsdienst gewerbsmäßig
betrieben, und die sich, infolge ihres
ständigen Kriegerlebens, Bürgern und Bauern
gegenüber oftmals zu unerhörten Grausamkeiten
hinreißen ließen, ideale wie Vaterlandsliebe und
Ritterlichkeit kannte diese Soldateska nicht.
Auch der badische Markgraf fürchtete diese
Würger und ließ dem Kaiser melden, daß er den
Durchzug dieser Truppen nicht dulden und sein
Land mit bewaffneter Hand schützen werde. Die
österreichische Regierung in Ensisheim (Elsaß)
unter Erzherzog Leopold suchte in einem sogenannten
„Sincerationsschreiben" die . Nachbarstände
zu beruhigen, indem er sie darauf hinwies
, daß die Durchzug begehrenden Kriegsvölker
nur zur Niederwerfung des Krieges in Böhmen
bestimmt seien. Markgraf Georg Friedrich ließ
sich jedoch auf dieses Ersuchen vorerst nicht ein
und bedeutete dem Herzog, seine Maßnahmen
bezweckten nur, sein Land vor durchziehenden
kaiserlichen Truppen zu schützen, er wünsche
nichts sehnlicher als die Erhaltung des Friedens.
Zur Beobachtung dieser Durchzüge hatte der
badische Markgraf 1500 Mann aufgeboten, die in
einem befestigten Lager bei Ihringen a. K. Position
bezogen hatten.
Wie das Haus Österreich seine eigenen Söldner
einschätzte, zeigt eine Verfügung der österreichischen
Regierung in Ensisheim, in der den Untertanen
nahegelegt wird, daß Bargeld und andere
Wertsachen größerer Sicherheit wegen in die
nächste Stadt verbracht werden sollten, bis die
Durchzüge vorüber seien. Interessant ist auch, was
der Untertan diesen Söldnern bei Einquartierung
zu leisten hatte, nämlich Bett, Licht, Holz und
Salz. Und der Herzog bat um Einhaltung dieser
Forderungen, um der Mannschaft keinen Grund
zu Ausschreitungen zu geben.
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