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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-09/0011
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Die Markgrafschaft

Eine Erinnerung an den Sc

Von Jda Pr

An Johann Peter Hebels 114. Todestag, dem
22. September 1940, nahm ich zum ersten Mal
am gewohnten alljährlichen Hebeltrunk in
Schwetzingen teil. Die Gruppen der Landsleute
und Freunde Hebels aus Mannheim, Heidelberg
und Karlsruhe, zusammengeschlossen in Hebel-
gmainde", trafen sich hier zu frohem Beisammensein
.

An der schön gepflegten Grabstätte Hebels
wurde eine kurze Feier abgehalten, bei der der
Gesangverein Schwetzingen ein Weihelied sang.
Im Namen der Stadt Schwetzingen und des Vereins
„Badische Heimat" wurde mit schlichten
Dankesworten an Hebel ein herrlicher Asternkranz
niedergelegt, dann folgte als Ausklang
noch ein Männerchor.

Im prachtvollen, neuhergerichteten Gesellschaftssaal
des Schwetzinger Schlosses sammelte
sich zum ersten Mal wieder die große Hebelgemeinde
zur öffentlichen Feier. Durch die hohen
Fenster leuchtete die herbstlich bunte Pracht des
herrlichen Schloßgartens, und aus den geschliffenen
Gläsern stieg der heimatliche Duft eines
guten „Markgräflers".

Chor und Orchester der Hebelschule Schwetzingen
bestritten den musikalischen Teil der Feier,
während der Hebeische Gedichte vorgetragen
wurden und Hebelpreise an Schüler zur Verteilung
kamen.

Die Festrede hielt Dr. Wilhelm Zentner, München
, der kurz vorher die gesammelten Briefe
Hebels neu herausgegeben hatte. Zu Beginn seiner
Rede erzählte er, wie er zu Hebel gekommen
war.

Es war im Frühsommer 1915, als er zum Ers.-
Batl. 110, das in Schwetzingen lag, eingezogen
wurde. In der Schule gegenüber Hebels Ruhestätte
lagen die Truppen. Grenadier Zentner
hatte sich aus Reclambändchen eine kleine Feldbibliothek
zusammengestellt, die sich ein Kamerad
ansah. Dieser lobte die Zusammenstellung,
fand aber, daß etwas Wesentliches fehlte und
brachte noch zwei Bändchen dazu: ,,Hebels Alemannische
Gedichte" und das ,,Schatzkästlein des
Rheinländischen Hausfreundes". So lernte Grenadier
Zentner Hebel kennen und lieben, und es
wurde — wie er sagte — „aus der Kriegskameradschaft
eine Freundschaft fürs Leben".

Dr. Zentner sprach weiter, daß wir auch im
Kriege zu solchen Feiern berechtigt seien. Auch
die Mobilisierung der inneren, der geistigen
Kräfte eines Volkes sei eine Lebensnotwendigkeit
. In dieser Zeit hebe sich doppelt h<]\ Hebels
Innigkeit hervor. Sein Schaffen sei wurzelecht.
Er versenke sich in das Kleine und Kleinste voll
Liebe und Andacht, weil er hinter all dem die
große, schöpferische Allmacht ahne. Aus all seinen
Dichtungen sei die Lauterkeit seines Wesens
zu spüren. Sie sind schlicht und rein und so klar
in der Form, daß sie auch dem Schlichtesten verständlich
sind und zum Herzen sprechen. Sein

iwetzinger Hebeltrunk 1940

(USch-Müller

Ziel war: Die Kunst dem Volke. Dr. Zentner verglich
die Heiterkeit und Gemütlichkeit Hebelscher
Poesie mit Haydns köstlicher Musik, die in
erfrischendem Widerspiel zueinander stehen.

Hebel werde oft in verkleinernder Art
„Idylliker" genannt. Wohl sei ihm nur die poetische
Kleinform zu eigen, doch auch hierin könne
man in die Tiefe schürfen, Gold finden, Ewigkeitswerte
schaffen. Hebel gehöre zu jenen, ohne
die ein deutsches Schaffen, eine deutsche Kunst

Bfl f)ßbd / 3u Rebele 124.£obestag

C>d)o mängge bet c £teb btr [gfunge
un as e <£bran$ uf'ö ©rab btr glatt,
tur, alte £>ebel, ett>ig junge,
folang bi; 33oldb bp 9?amc fatt.

SUt td) bt an tym (Brab fcho gftanbe
r>or 3obre, bort im Unterland
un ba bp fttllt Öptoocb twftanbe •
mt> 6eel t'jcb Dpner jo rnnmiibt.

3wor bam famt ^ei>c gbalfe,
ba nur uf'ö (Brab bret 2MüemU gflreut.
£>p SBcrf, bp UMe, bnm ©Ttalte,
bte bämim mpner £ebttg gfreut.

SBer cba no fo wie bu ner^eHe,
fo $oobe gee für alt im jung?
%ct nemmes, fo mte bu'ö befet) welle.
%c lieft'ö - un (innrem no c SRung.

Un 'ö tfcb, ae büefcb atm lu'oli fage:
,,9?tmm'* ntt fo fdnver, '» git all no 'Jteub,
un nnuTcb, am <£no i>o btme Sage
gobt 'e Sürlt uf tn b' €n>tgfcit.

£>rum nn'll i ber c £brcmjlt nnnbe,
£>erjblticmli un* ^rrgißmeinmdtf,
mtlFö tn e Raunet büecblt btnöe,
's cba fo, es freut bt bod) mlltcbt.

3ba preuftb^üller

„Slüc*, Raunet, tfrb bi> £teb"]

nicht denkbar wären. Für uns sei Hebel Gestalt
gewordene, verklärte Heimat. Aus dem Dichter,
der aus der Sehnsucht nach der Heimat jäh in
Hebel aufblühte, kristallisierte sich später der
Erzähler. Hebel sei nie der laute, Lust und Qual
herausschreiende Spieler auf d«*r Bühne des
Lebens gewesen. EN blieb Zusehauer, stiller
Beobachter, mit dem Wissen um die Zusammenhänge
des Lebens.

Prof. Altwegg, Basel, stellt Hebel als Ebenbürtigen
in die Reihe der großen Briefschreiber,
wie Goethe, Hölderlin, Rilke u.a. Plebel „schreibt"
nicht seine Briefe, er unterhält sich mit dem
Empfänger, so wird auch dieser für den Leser
lebendig. Er gehört nicht zu den Dichtern, die
man bewundert, ihn muß man lieben. Uberall, wo
er lebte und wirkte, ist heute noch sein Geist zu
spüren.


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