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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-09/0016
Die Markgrafschaft

15

Fahrcharte!" Un sy rennt an der Schalter, 's het-
ere grad no glängt, aber im Vikari nümme.
Won-er an Bahnhof chunnt, fahrt der Zug grad
ab, un d'Elis-Gotte stoht am Fänschter mit-eme
rote Chopf.

„He aber nai", sait sy, „jetz het's em erseht
nit glängt", un am liebste hätt sy d'Notbrämsi
zöge. Aber sy het sy zerscht nit gfunde, un derno
het sy au nümme traut.

Im Vikari aber fallt's jetz ii, daß er jo e främd
Rad het, un won-er der Mayer uf en zuecho sieht,
dämmeret's em, un er chunnt e weng in Ver-
lägeheit.

„Hani am Änd Ihr Rad gha, Herr Mayer?",
frogt er.

„'s schiint mer!", sait der Mayer ganz droche,
„un hi isch's jetz au".

Der Vikari het sy mit viele Worte entschuldige
welle; aber er isch nit wyt cho. Der Mayer isch
em gschwind ins Wort gfalle: „I loß es jetz flicke
un trink sider e Vierteli in der „Chrone", un Sie
miens zahle". Sait's, un lauft mit sym Rad dervo.

Jetz isch der Vikari no ellai mit sym Küfferli
vor-em Bahnhof gstande. Das Küfferli isch no
's Gscheutscht gsi vo alle; 's isch eifach stoh
bliebe, bis es sy Jleer wieder ufglüpft het.

Dä hett's Ranne no nit verlöre ge. „Der Zug
isch furt", dankt er, „aber uf Basel uf der
Schnällzug cha me au no mit em Tram cho". Er
luegt uf d'Uhr: „Wänni - mi schick, längt's no".
Un nütt as ab, der Eläktrische zue. Wie der
Deuhänker isch er gloffe mit sine lange Beine.
Un wien-er bym Rieser-Schniider vorbei chunnt,
was stoht im Hof? E Fahrrad!

„Eimol isch keimol", dänkt er, „aber diesmol
frog i zerscht", un streckt der Chopf mit-em
schwarze Huet mit-em breite Rand, won-em so
gut stoht, in d'Schniiderbutik ime.

„Isch das Ihr Rad, do usse?"

„Jo".

„I fahr dermit ans Tram, der Lehrbueb soll's
hole!" Un scho hockt er druf un fahrt um der
Ecke.

Der Rieser hockt uf em Schniider-Disch un het
ganz 's Naie vergässe. „Was het er gsait? Wo
will er hifahre?" frogt er sy Frau, wo grad näbe
dra Chnöpf anait.

„Ans Tram will er, un der Lehrbueb soll 's Rad
hole".

„He, zuem Kuckuck", schimpft der Schniider,
„jetz glaubi gar, dä verdammt i'i'aff isch verruckt
. Nimmt eifach 's Rad un fahrt furt, un der
Bueb : eh doch in der Gwärbschuel. Die halbi
Zyt hocke sy in der Gwärbschuel un chönne
erseht nütt. Schöni Handwärker git das, miseel;
Schandwärker git's, aber keini Handwerker.
I will-enes aber scho sage, dene verschiedene
Heere, wämmer wieder Gwärbvereinssitzig hän!"

„Jä, Vatter, jetz schimpfsch uf d'Schuel, anstatt
uf der Vikari", sait d'Frau^ won-er grad
eweng e Paus macht zuem Verschnufe.

Aber scho nimmt der Schniider e früsche
Aränn zuem Schimpfe: „Jo, dä Siedl, da cha

warte, bis ich 's Rad hol in der Schwyz äne. Was
meint dänn dä eigetlich?" Un ganz wietig fangt
er wieder a z'naie.

E Wiili isch's ruehig in der Wärkstatt. Numme
d'Fliege brummle un fahre Schlittschueh uf em
Schniider syner Glatze.

Do fangt d'Schniidere wieder a: „Jä, Vatter,
jetz lyt das Rad aber am Tram äne im Stroße-
grabe. Un d'Zollplombe, wo fünfezwänzg Franke
gehoschtet het, isch au dra".

„Wänn's gstohle wird, mueß er mer's zahle, dä
Pfaff, dä verruckt. I hols nit, nit um's Verrecke,
i ha kei Zyt!", fudderet der Schniider un stichlet
druf los wie wild.

Aber noneme Rung rutscht er über der Disch
abe, lait ohni e Wort z'sage der Dschoben a un
lauft der Gränze zue.

D' Tramstation isch nämlig äne an der Gränze,
in der Schwyz, mueß me wüsse, un dort isch jetz
au der Vikari. Grad radlet er im schnäll^chte
Tämpo am Schwyzer Zollposchte verbei un rüeft
numme: „I ha nütt z'verzolle!, 's prässiert mer".

„Da gcha jede sägge", meint der Zöllner. „Ab-
stiige!"

Aber scho isch der Vikari mit fliegende Rock-
fägge verbeigsaust.

Do wird aber der Zöllner wietig. „Abstiige!"
brielt er un rennt im Vikari no. „Potz Heilanddonner
, weiter abstiige, Ihr Schwöb, Ihr verdammte
! Abstiige, oder i schüeß!"

Was het do der Vikari welle mache? Er het*
halt mieße abstiige un zrucklaufe zue defn wietige
Eidgenosse.

„Wüsset Ihr denn nüt, daß er do müent abstiige
, un Eue Kuffer ufmache?", schnuft en
dä a.

„He doch; aber i ha doch gsait, daß i nütt
z'verzolle ha".

„Da gcha jede Löhli säge, göhnt do ie ins Zoll-
huus un zeiget Eui Sache".

„I* ha aber doch kei Zit; i krieg suscht der
Schnällzug nürnmi", sait der Vikari.

Aber der Zöllner macht e Gsicht wie siebe Dag
Rägewätter: „Da goht my en Schiißdreckch a,
marsch do ie!"

„Das isch höcheri Gwalt", dänkt der Vikari,
goht iine, lait sy Küfferli uf der Disch un macht's
uf. Aber dä dick Zöllner, wo dinne hockt, liest
grad in sällere bekannte Basler Zytig — Sproch
dütsch, Gsinnig französisch, Don unverschämt —
e verdammt chaibe gueten Artikel gege die
Chaibe-Schwobe un het jetz kei Zit.

Der Vikari biiseret. „Sin Sy doch \so guet un
luege Sy miini Sachen a. I cha nit warte".

„Sa, sa", sait der Schwyzer un liest ruehig
wyter, „na müent er halt es Chly laufe, wenn dr
nütt warte gehönnet".

Der Vikari hätt gärn nonemol gfluecht; aber
er het si no bsimne un het dänkt: „Trübsal
bringt Geduld, Geduld aber bringt Hoffnung,
Hoffnung aber läßt nicht zuschanden werden".

Un schließ!ig het au der Herr Zöllner sy
Schwobenartikel fertig gläse gha un isch uf-


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