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2 ' Die Markgrafschaft
Die große Woche des Weines
Vom 17. bis 24. September fand in Bad Kreuznach
der Weinbaukongreß 1950 statt. Die alt-
ehrwüdige, von unvergänglicher Romantik verklärte
Stadt im lieblichen Tal der Nahe zeigte
sich als Kongreßstadt heiter, beschwingt und farbenfreudig
. In allen Straßen wehten Fahnen, die
Häusen waren mit Blumen und Laub geschmückt
und zwischen den vielen Tausenden von Kongreßteilnehmern
gab es Gelegenheit, alte Freundschaften
zu erneuern und zu pflegen und neue
Beziehungen anzuknüpfen.
Der Deutsche Weinbaukongreß 1950 unter der
Schirmherrschaft von Bundespräsident Prof. Dr.
Heuß hatte sich die Aufgabe gestellt, mit Hilfe
von Vorträgen namhafter Wissenschaftler und
Fachleuten und durch die Industrie- und Lehrschau
aufzuzeigen, wo heute der deutsche Weinbau
und die deutsche Kellerwirtschaft steht. Neue
Wege in der Rationalisierung der Rebenkultur,
sowie in der Weinbehandlung und der Weinwerbung
wurden den Kongreßteilnehmern aufgezeigt
. Eine große fachmännische Weinprobe mit
einer hervorragenden Auswahl edelster Weine
von Mosel, Saar, Ruwer, Mittelrhein, Württemberg
- Nordbaden, Baden, Rheinhessen, Nahe,
Rheingau, Pfalz und einigen erlesenen Spitzengewächsen
der Jahrgäge 1921 bis 1949 versetzte
die Teilnehmer in hohe Begeisterung. Das badische
Weinbaugebiet präsentierte einen 1949er
Neuweierer Mauerwein, Riesling (Winzergenossenschaft
Neuweier), 1948er Bickensohler Rulän-
der Spätlese (Winzergenossenschaft Bickensohl)
und einen 1946er Ihringer Winkler Berg, Silvaner
Auslese (Rudolf Stigler, Ihringen). Die Lehr-
und Industrie-Schau war Hauptanziehungspunkt
des Weinbaukongresses. ,,Wer zählt die Völker,
nennt die Namen, die gastlich hier zusammenkamen
? " — man muß unwillkürlich an die
Worte Schillers denken — denn nahezu alle
deutschen Dialekte waren in Bad Kreuznach zu
hören.
Im ,,Haus des Weinbaues" zeigten außerordentlich
lehrreiche Schaubilder den derzeitigen Stand
der Reblausverseuchungen im Bundesgebiet. Man
ist erschüttert, wenn man liest, daß von 64 205 ha
Rebfläche des Bundesgebietes 35 190 ha reblausverseucht
sind. In einer Fieberkurve ist die Zunahme
der Verseuchung durch den Weinbaufeind
Nr. 1 graphisch dargestellt. Die Umstellung unseres
Weinbaues auf Pfropfreben ist dringendes
Gebot. „Wer die Gefahr noch nicht ermißt, liegt
bald schon in der Totenkist! "
Der jährliche Bedarf an Pfropfreben ist mit
45 Millionen angegeben. Im Jahre 1950 wurden
im Bundesgebiet 30 Millionen Pfropfreben bei
großen Weingütern, in Pfropfreben-Genossenschaften
und in Staatsbetrieben hergestellt. Bei
der Pfropfrebenherstellung dürfen nur anerkannte
, sortenechte und gesunde Unterlagen verwendet
werden. Die Edelreiser sind von jungen,
gesunden, fruchtbaren und anerkannten Stöcken
zu schneiden. Besonders herausgestellt wird der
Hauptgrundsatz: „Qualitätsweinbau und Qualitätswein
".
Im „Haus der Pfropfrebe" kann der Besucher
alles sehen, was er bei der Herstellung von
Pfropfreben wissen muß. Das Einschlagen von
Unterlagen und Edelreisern wird gezeigt, technische
Fehler beim Veredeln und beim Vortreiben
sind zu sehen, das richtige Verpacken ist
gegenständlich vorgeführt, neue Veredelungsmaschinen
sind in Betrieb, in kleinen Gewächshäusern
werden die notwendigen Kulturmaßnahmen
für Kartonage-Pfropfreben und Topf-Pfropfreben
vor Augen geführt. In einer besonderen
Abteilung wird der große Vorteil der Umlegung
in anschaulicher Weise herausgestellt.
Im „Haus der Rebenzüchtung" werden in besonders
anschaulicher Weise die Ziele der Rebenzüchtung
gezeigt. Diese sind eine Erhöhung der
Rentabilität des Weinbaues durch Züchtung von
idealen Unterlagsreben, die widerstandsfähig gegen
Wurzelreblaus und Pilzkrankheiten sind, und
die neben dieser Widerstandsfähigkeit eine hohe
Weinqualität und hohe Erträge garantieren. Prof.
Dr. Husfeld im Geilweilerhof bei Siebeldingen in
der Pfalz beschäftigt sich bereits mit Erfolg in der
Züchtung dieser Ideal-Rebe. Tatsache ist, daß die
von Prof. Husfeld gezüchtete Ideal-Rebe, die reb-
lausresistent und pilz-immun werden soll, in diesem
Jahr nicht von der Peronospora befallen
worden ist, obwohl die Blattfallkrankheit/infolge
des feuchtwarmen Witterungsablaufs sehr stark
aufgetreten ist. Wenn die Züchtung dieser Ideal-
Rebe sich weiterhin bewährt, dann können jährlich
viele Millionen D-Mark an Schädlingsbekämpfungsmitteln
eingespart werden.
Im „Haus der Kellerwirtschaft", „Haus des
Weines", „Haus der Böttcher und Weinküfer", im
Maschinen- und Gerätepark wurde dem Besucher
eine interessante Fülle von neuen Erkenntnissen
des Weinbaues und der Kellerwirtschaft geboten.
Die Industrie-Schau bot einen Überblick über
die Unterstützung, die von gewerblicher Seite
dem Weinbau bei der Rationalisierung gegeben
werden kann.
Der Weinbaukongreß 1950 hat dem Winzerstand
neue Wege in die Zukunft gewiesen und
ihm die Voraussetzung geschaffen für einen erfolgreichen
Kampf um die Sicherung seiner
Existenz. Karl Laier jg.
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