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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-10/0006
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Die Markgrafschaft

mit allem Eingebälk, ingleichen das Pfarrhaus
und fast alle Häuser, Scheuren und Stallung im
Oberen Dorff gänzlich verwüstet und zernichtet
und kein Stückhlin Scheyben übrig gelassen
worden. Im Vorderen Dorff, allwo die fürnehmste
Officiers quartieret, sind noch etliche Häuser erhalten
worden, daß man solche zur Notdurft noch
bewohnen können. Wiewohl fast alle Thüren,
Läden und Fenster und Öfen eingeschlagen und
von Früchten, Heu und Stroh im geringsten nichts
verblieben. Absonderlich war der schöne Rebberg,
davon man einen reichen Herbst verhofft, totali-
ter verwüstet und alle Rebstecken verbrannt, auch
gar viele Reben zertreten, aus dem Boden gerissen
und zum Teil abgeschnitten. Der Schaden,
welcher der Bürgerschaft und vornehmlich dem
Pfarrer zu Auggen widerfahren, ist kaum zu beschreiben
. An andern Orten dieser Landen und
Herrschaft ist zwar auch übel genug hergegangen,
doch nirgends ärger als in Auggen und hatte das
Ansehen, als wären alle wütenden Teufel aus der
Hölle freigelassen, alles in Grund zu verderben".

„1691, den 1. April, habe ich, der Pfarrer, mich
in Gottes Namen wiederumb aus dem exilio von
Basel zu meiner Pfarrgemeinde gen Auggen begeben
, habe aber nicht alsobald, sondern erst über
einen Monat hernach in das ruinierte und
ettlichermaßen reparierte Pfarrhaus einziehen
können.

1691, im Monat Dezember, war die erbärmlich
ruinierte Kirche zu Auggen in etwas gebessert,
damit die Leut zur Not stehen oder sitzen können
". Die mündliche Überlieferung berichtet, daß
Gmelin im Keller des Waschhauses Kirche gehalten
haben soll.

Alle diese Mühseligkeiten und Beschwernisse
seines Lebens waren für Jeremias Gmelin leichter
zu ertragen, weil ihm zwei Frauen zur Seite
standen, von denen er selbst sagt, daß sie feine,
gottselige und getreue Eheweiber waren, „die
mich und das Meinige mit rechten Treuen ge-
ineineft, zumal der ganzen Haushaltung mit
sonderer Sorgfalt, Vürsichtigkeit und Geschicklichkeit
wohl vorzustehen gewußt und auf die ich
mich sicherlich verlassen dörffen".

Seine erste Frau, Katharina Föckler, verlor
Gmelin schon im 7. Jahr seines Aufenthaltes in
Auggen. Die Trübsale jener Zeit hatten ihre
Kräfte vor der Zeit aufgezehrt. Obwohl sie selbst
schwer erkrankt war, hatte sie ihren Mann zu
einer Kur in Grießbach überredet. Er verließ sie
schweren Herzens, aber doch nicht ohne Hoffnung
auf ihre Genesung. Als ihr Zustand sich nach
seinem Weggang verschlimmerte, wollte man
Gmelin davon verständigen und ihm einen
reitenden Boten nachschicken. Sie wollte jedoch
nicht haben, daß Gmelin seine Kur unterbrechen
sollte, und verhinderte standhaft, daß er von
ihrem schlimmen Zustand unterrichtet würde.
Gefaßt und ergeben in Gottes Willen bereitete sie
sich, nachdem sie selbst alles zur Leiche angeordnet
, auf den Tod vor und schlief von den Umstehenden
unbemerkt, in einem Stuhle sitzend,
am 23. Juli 1658 sanft ein. Die große Entfernung

machte es Gmelin unmöglich, ihrem Leichenbegängnis
beizuwohnen. In Abwesenheit ihres
Mannes hielt ihr Johannes Weltz, Pfarrer zu
Buggingen, am 25. Juli 1658 in Anwesenheit einer
großen Trauergemeinde den Leichensermon.
Gmelin widmet ihr in seinen Aufzeichnungen
einen liebevollen Nachruf und vergißt nicht, zu
erwähnen, wieviel Mühe, Fleiß und Sorgen sie
bei Auferziehung so vieler Kinder — 11 waren
inzwischen noch geboren — hatte aufwenden
müssen. Sie hatte keines ihrer Kinder stillen
können und mußte die Kleinen, von denen fünf
in frühester Kindheit starben, in den furchtbaren
Kriegszeiten durch viele und mancherlei Fluchten,
Plünderungen und allerhand höchste Gefährlichkeit
mit sich hin und herschleppen. ,,Aber es
haben die Wasser der Trübsale die Liebe nicht
ausgelöscht. Sie hat sich in allerlei Fällen, im
Glück und Unglück, Lieb und Leid jederzeit als
ein rechtschaffen, getreues Eheweib erwiesen, bis
sie mir durch den zeitlichen Tod entfallen",
schreibt Gmelin von ihr und setzt ihr damit ein
schönes Denkmal.



Die zweite Frau Gmelins, mit der er sich am
2. Mai 1659 in Auggen verheiratete, war Rosina
Barbara Lutz, geboren am 5. 11. 1634, Tochter des
Johann Eberhard Lutz, Diakon zu Pforzheim, und
der Ursula Margarete geb. Zandt, die sich in
zweiter Ehe mit Johann Jakob Kummer, dem
Pfarrer zu Tannenkirch, verheiratet hatte. Rosina
Barbara Lutz war die Witwe des ehemaligen
Diakons zu Wieslet, Tobias Barth, des späteren
praezeptor primarius bei der lateinischen Schule
zu Rötteln. Barth war nach kurzer Ehe im Januar
1658 gestorben. „In solchem leidigen Witwenstand
ist die junge Frau nun zu Rötteln ein halbes Jahr,
zu Binzen bei ihrer Mutter Bruder, dem Pfarrer
Josef Zandt, völlig 9 Monate verblieben. Als nun
derselben als einer jungen Wittibin in anderweitigen
Ehestand sich zu begeben, treulich geraten
, auch unterschiedliche ehrliche Heiraten angetragen
worden, hat es ihr vor allem beliebt, nach
dem guten Willen und im Namen Gottes mit
Magister Jeremias Gmelin, verwittibtem Pfarrer
zu Auggen, sich ehrlich und ehelich einzulassen".
Nur 3 Jahre älter als die älteste Tochter Gmelins
aus erster Ehe, rühmt es Gmelin nach ihrem 1691
erfolgten Tode, daß diese seine zweite Frau in
einer 32jährige Ehe nicht nur ihren eigenen zwölf
Kindern eine treue und liebevolle Mutter gewesen
sei, sondern auch ihre Stiefkinder nie stiefmütterlich
gehalten habe. Aus der zweiten Ehe waren
gleichfalls fünf Kinder frühzeitig gestorben.
Immerhin blieb es mit den dreizehn überlebenden
Kindern erster und zweiter Ehe und den beiden
Stiefsöhnen Roßkopf eine große Familie. Man
glaubt es Gmelin gerne, wenn er schreibt: „Item,
als ich in Auf er Ziehung meiner vielen Stief- und
rechten Kindern und bey weitläuffiger schwerer
Haushaltung, mehr sorg, müh und kummer erfahren
müssen als manchem bewußt". Er bemüht
sich aus besten Kräften, seine Kinder wohl zu
erziehen.

Fritz Wolfsberger. (Fortsetzung folgt.)

(Quellenangabe am Schluß der Artikelfolge.)


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