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Die Markgrafschalt
wieder von ihrer Weltreise heimkehrte. Sie hatte
den Heimweg von Müllheim ab zu Fuß gemacht,
was hätte sie auch anders tun können ohne Geld
im Sack? — „Und hättet ihr mich laufen lassen,
wie ich's gewollt habe, dann war' das alles nit
passiert". An die Taufe so verspätet zu gehen,
habe sie keine Lust mehr gehabt, dafür sei sie
getauft worden vom Regen — die Zotzeln an der
Markgäflerkappe bestätigten das. — Aber zwei
Sachen täten sie doch arg freuen an dem ganzen
Unglück: einmal das, daß sie trotz Urgroßmutter
noch „ganz ordeli" auf den Beinen sei, und sodann
, daß sie die „Kaiben-Eisenbahn" doch angeschmiert
habe, da sie mit dem „Sonntagsretur-
billett im Sack" zu Fuß heimgelaufen sei, und
diese Fahrkarte aber wolle sie sich aufheben zum
Andenken und zur steten Mahnung, „ihr Lebtig"
nimmer mit der Bahn zu fahren.
Die letzte Versuchung / k
arl Berner
Im Markgräflerland, wo schöni Trübel wachse,
git's Wybslüt, wo der Wii vertrage chönne, un
me bruucht si gar nit drüber z'wundere. Het nit
der Hebel scho gsait: „Ne Trunk in Ehre, wer
wilPs verwehre? Meinet er öbbe, er haig numme
d'Mannslüt dermit gmeint? Friili ■— in Ehre, het
er gsait. 's chunnt ganz selte vor, aß der Wii so
nere Markgräfleri e Röseli uf d'Nase molt, wenn
der Jumpferechranz abblüeiht het.
Aber seil isch wohr: i ha eini gchennt, wo ne
roti Nase gha het, un seil isch im Letteheiner sy
Schwester gsi, 's Annemei. Aber der Letteheiner
hets syner Schwester gar nit übel gno; er het
selber e roti Nase gha, un si isch nit vom Wasser
hercho. Der Wii hen si jo gha, un was für ein!
Der best Auggener wyt un breit! Si hen überhaupt
in guete Verhältnisse glebt, selli zwei. Si
hen ihren eige Huus gha; der Heiner het Häfen
un Beeki gmacht un het si alli vierzeh Tag uf
Basel gfüehrt. Do het's allimol e nett Stuck Geld
ins Huus gee.
I glaub, er hätt scho lang ghüürotet, wenn sy
Schwester nit gsi wär. Aber er het's halt z'guet
gha bynere. Am Sunntig het si em e Chalbs-
brotis uf der Tisch gstellt; am Werchtig het's
Chnöpfli gee mit süeße Schnitz un Speck, un am
Frytig het si gstrüüblet. Un d'Hose het si em au
pletzt. D'Chnöpf het er selber agnäiht, seil het er
vo syner Handwerksburschezyt her no chönne.
Un wenn er emol mit eme Styper us der Sunne
heimcho isch un der Huusgang isch em z'eng gsi,
het si au kei Weses druus gmacht. Churz un guet,
der Heiner het e nett Lebe gha, un menggmol
isch er ganz phantästig gsi un het Versli gmacht.
Loset numme, i will ich öbbis dervo verzelle.
Er het e magere Gsell gha, de isch so dürr gsi
wie ne Schindle, un de Gsell het em gar nit recht
paßt. De het er sym Spezel gschickt, im Hafnernazi
. Seile het au Häfen un Becki gmacht. Aber
er isch gyzig gsi un hätt's gern gseh, wenn syni
Lüt vo der Luft glebt hätte. Der Letteheiner het
im Gsell e Versli mitgee, das het so gheiße:
Ich schick dir den Gesellen hier,
Er ißt gern Wurst, trinkt Wein und Bier;
Der arme Tropf, bei dir, ich wett,
Wird er gewiß bald dick und fett!
Wege dem Versli het der Hafnernazi im Letteheiner
e Chopf hidruckt. Aber am Johrmärt het
der Letteheiner sym alte Spezel e Brotwurst zahlt
un der Wii derzue. Do sin si wieder guet Fründ
worde mitenander, un si sin no in der Sunne
ghockt, wo die andere scho alli furt gsi sin. Un
wo der Polizeidiener, der Tupfesepp, Fiirobe böte
het, het er ghörig mittrinke müesse, un z'letzt
hen si alli mitenander gsunge, aß me's drei
Hüüser wyt ghört het:
O Straßburg, o Straßburg,
Du wunderschöne Stadt!
Der Polizeidiener het derno der Letteheiner
heimbrocht, un selli Nacht isch im Heiner der
Huusgang wieder z'eng gsi.
Am andere Tag hen em alli Hoor weh to, un
's Annemei het balgt un gsait, er sott halt
hüürote, derno chäm Ordnig ins Huus, un er
brauch dem Gyzmichel, im Hafnernazi, nit sy
Geld az'hänge.
„Lueg, Annemei", het der Heiner gsait, „'s Geld,
das isch's grad. Woni dryßig gsi bi, hätt i 's Gotte-
chind vo der Sunnewirti gern gno, 's isch e suufer
Maidli gsi, un wenn i hätt welle, wär 's Liiseli
jetz my Frau. Aber de weisch jo, wie's gangen
isch; i ha der's sellemols verzellt. Der Fritz, sy
Schuelkamerad, isch in Urlaub heimcho. Der Fritz
isch im Liiseli sy Schuelschatz gsi, seil weisch jo.
Mer hocke also in der Sunne am runde Tisch
byenander, ich un der Fritz. Un wo 's Liiseli ine-
chunnt, wird's bleich un rot un het fast d'Butelli
gheie lo. Do han i gmerkt was Lands. Un si hen
allewiil öbbis z'chlüüsle gha, selli zwei, un Auge
hen si enander hi gmacht! Un do han i halt by
mer selber denkt: 's Liiseli isch zwänzig un ich
dryßig; der Fritz isch e saftige Gallewyler un ich
e Holzöpfel, un 's Liiseli tät lieber in der Gallewyler
bysse. 's hätt mi friili gno; 's isch e Wais
gsi, un en arm Maidli. Aber weisch, do wär am
End 's Geld der Hoehzytmacher gsi. Un seil han i
nit welle".
„De hättsch chönnen anderi ha", het 's Annemei
gmeint.
„Jo, seil scho, aber los numme: Woni 's Liiseli
gern gha hätt, bin i no e Kerli gsi, wo si het
chönne seh lo. Aber so zwische dryßig und vierzig
sin die graue Hoor scho cho — bym Vadder selig
isch's grad so gsi —, un wii de mi so guet
gfuetteret hesch, han i au e Büüchli kriegt. Unse
preußische Dokter het's Angbongpoäng gheiße. De
weisch jo, aß i emol ha zue-n-em müesse, wii i
sellemols so Jäste im Chopf gha ha un nümme
ha schlofe chönne. Un e roti Nase han i au so
langsam kriegt. Aber i cha der sage, Annemei,
's het mi menggmol glustet, wenn i so e nett
Markgräflermaidli gseh ha. Aber wenn i gmerkt
ha, aß eis abysse möcht, han i allimol denkt:
Heiner, paß uff By dem Maidli isch öbbis nit in
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