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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-11/0003
DIE MARKGRAFSCHAFT

Nr. 11/2Jahrgang Monatszeitschrift für das Markgräflerland

November 1950

Nun brausen die Herbststürme durchs Land. In
den Rebbergen wird es erdbraun; die Berge im
Vorland sind müde geworden in dem brandgelben
Lodern des Oktobers. Düster hängt der Novemberhimmel
über den Blauen herein. Früher fast als
sonst zu dieser Zeit beginnt die graue Dämmerung
in den Straßen. Früher aber auch brennen
die Lichter. Es ist die Zeit, da wir uns wieder
mehr dem Inwendigen zuwenden, das wir vielleicht
so lange unbeachtet ließen
, dieweil der Kampf ums
tägliche Brot uns keine Zeit
ließ, oder weil wir in der
Mühle des Lebens stumpf wurden
oder weil wir einfach nicht
mehr so in uns hineinsehen
wollen, um nicht zu erkennen,
daß da etwas nicht ganz in
Ordnung ist, oder daß wir da
drinnen ziemlich allein sind,
und daß uns da manchmal
etwas ansieht, was unser Dahinleben
nicht ganz billigt.
Aber jetzt kommen da die langen
Abende, die ganz dazu
angetan sind, auch ein inwendiges
Licht zu entzünden, damit
es ein wenig heller werde'
in der Düsterheit unserer Tage.
Mancher hat da auch mehr
Lampen anzuzünden, die schon
lange nicht mehr brannten; er
soll an seinem inwendigen
Schalter noch einmal knipsen,
denn er und wir alle brauchen
die Helligkeit wie noch nie.

Seien wir einmal ehrlich mit
uns selber; wir sagen, jetzt
kommt der Advent, dann
kommt Weihnachten. Wir hören oder lesen
schöne Gedanken, manchmal auch nur klischierte
Zeitungssprüche. Oder wir merken es am Südwestfunk
, wenn er vier Wochen lang Adventslieder
singen läßt (zwischen importiertem Jazz), oder
vielleicht auch an den Schaufenstern, wo vielleicht
hier ein lustiges Weihnachtsengelchen über
sündenteure Ledertaschen stolpert, dort mit Tannenzweig
und Lametta verzierte Schweinsköpfe
auf einen guten Kunden warten. Aber bis wir
dann merken, daß da innen noch etwas geschehen
soll, ist der Termin verpaßt und wir trotten
weiter, sorgen uns weiter, schimpfen weiter und
hoffen vielleicht auch weiter, daß es doch auch
nächstes Jahr nochmals gut gehen wird, so ^ut,
daß wir wenigstens ruhig schlafen können. Wenn

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Uns alle ein.

wir alle ehrlich sind, spielen sich viele Jahre so
ab. Und um uns wird es immer dunkler und
kälter. Keiner weiß mehr viel vom andern, weil
er nichts mehr von ihm wissen will. Wenn wir
die gleiche Erscheinung in der großen Politik, in
dem Narrenhaus, das wir irrtümlicherweise noch
Europa nennen, feststellen, dann treffen wir mit
unserer Kritik manchmal ohne große Mühe ins
Schwarze (weil der schwarze Punkt schon größer

als ein Scheunentor geworden
ist). Aber wenn wir in unserer
kleinen Welt, in uns selbst
nämlich, bleiben, dann werden
wir leicht durch unsere Bequemlichkeit
verführt, kritiklos
und wohlgefällig Bilanz zu ziehen
. Wir hören auf mit unseren
Überlegungen dort, wo das
Menschsein beginnt. Wir glauben
zu sehr, wir seien Menschen
, und sollen es doch erst
werden. Und da bedeutet eben
das inwendige Licht, die Lampe
des Herzens, das gleiche für
unser Werden, wie die Sonne
für unsere Pflanzen, die uns
ernähren und erfreuen. Wie
die Pflanze ohne das Sonnenlicht
verkümmern muß, so
verkümmert unser Menschsein
ohne das Licht, das die wärmende
Liebe spenden wird in
der klirrenden Kälte des Menschenwinters
, in der fried- und
sinnlosen Zeit, durch die wir
von einer Handvoll „Führer"
geführt werden, in der ganzen
bösen Narretei der politischen
Jahrmarktschreier. Machen wir
unsere Stuben hell, damit wir wissen, wer da zur
Türe hereinkommt, damit das Gute einen Weg
finde, das Lichtscheue aber fern bleibe. L. Börsig.

Mitteifung der Redaktion

AB Dezemßer wird „Die Markgraffchafi" verßrei*
tungsmäßig und redahtioneff auch auf den Kreis
Lörrach ausgedehnt. Die Redaktion wird in Zuhunfi
von einem Komitee des Hebefßundes Lörrach "Muff"
heim gefeitet. Der Bisherige Redakteur fiheidet da*
mit aus.


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