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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-11/0006
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Die Markgrafschaft

wandt. Dr. Birk griff diesen Gedanken erneut
auf. Draht- und Weidenkörbchen schieden aus
wirtschaftlichen Gründen bald wieder aus. So
blieben nur noch die Hülsen aus Pappe übrig. Da
jedoch bei der Vorkultur der Veredlungen an die
Pappe erhebliche Anforderungen hinsichtlich
Festigkeit und Haltbarkeit gestellt werden, war
es anfänglich schwierig, die geeignete Art und
Form zu finden. Mit Hilfe einer Kartonagefabrik
gelang es dann nach mehreren Jahren, diese
Schwierigkeiten zu überwinden, so daß man mit
der Herstellung veredelter Reben nach dem
Geisenheimer Verfahren in größerem Umfange
beginnen konnte.

Der technische Vorgang des Kartonage-Verfahrens
soll an dieser Stelle nur kurz Erwähnung
finden. Nach dem Vortreiben der Veredlungen
werden diese in die Papphülsen oder Kartonagen,
die 30 cm lang sind und einen Durchmesser von
4 cm aufweisen, eingesteckt. Die Hülse ist auf
ihrer ganzen Fläche mit 1 cm großen Löchern
versehen. Als Füllerde wird Kompost verwendet.
Anschließend kommen die Kartonagen-Reben im
Frühbeet auf warmen Fuß, wo sie 4—5 Wochen
bleiben. Bei der Wartung der Frühbeetkästen
nach dem Einpflanzen ist gärtnerisches Fingerspitzengefühl
unbedingt erforderlich, damit in
den ersten vier Wochen das Lüften, Schattieren
und Wässern stets rechtzeitig ausgeführt wird.
Bei einer Fuß- und Luftwärme bis 28 °C werden
die Kartonagen-Reben kultiviert, um anschließend
abgehärtet zu werden, das heißt, sie werden
langsam an die Außentemperatur gewöhnt. Nach
vollständiger Abhärtung werden sie an die Winzer
zur Anpflanzung in den Weinberg abgegeben.

Die Heranzuchtmethoden der Kartonagen-
Pfropfreben sind sehr gut, aber nur in der Hand
gärtnerisch geschickter Leute. Dem Durchschnittswinzer
fehlen in den meisten Fällen die gärtnerischen
Kenntnisse, deshalb sollte er sich zur
Vermeidung von Fehlschlägen nicht mit der Herstellung
von Kartonagen-Pfropfreben befassen.

Die großen Vorteile der Kartonagen-Pfropfreben
gegenüber den Rebschulpfropfreben liegen
in Folgendem begründet:

1. Bessere Ausnützung des Unterlagenholzes;
es brauchen nicht über 50 % wertvollen
Materials weggeworfen zu werden;

2. weniger Ausfälle im Weinberg (im Durchschnitt
nur etwa 3,5 %);

3. bessere Verwachsung und Bewurzelung;

4. zeitlicher Vorsprung und früherer Ertrag;

5. besseres Wachstum bei der Ausbesserung von
Lücken.

Diesen großen Vorteilen stehen auch Nachteile
gegenüber, und zwar dieser Art, daß Kartonagen-
Pfropfreben gerade in der arbeitsreichsten Zeit
gepflanzt werden müssen, was für gemischte
Betriebe mit viel Landwirtschaft besonders unangenehm
ist. Das Pflanzen muß sorgsamer und
mühsamer geschehen als bei Rebschul-Pfropf-
reben, insbesondere das Angießen mit etwa acht
Liter Wasser pro Rebe; umständlich ist auch bei
Trockenheit das Nachgießen. Die Pflege während
der Vegetationsperiode erfordert viel mehr Sorgfalt
.

Wer keine Freude daran hat, seine Junganlagen
ganz besonders gut zu behandeln, lasse die Hände
weg von Kartonagen-Pfropfreben, denn diese
gehören nur in die Hand fortschrittlicher Winzer.

In unserem Weinbaugebiet sind Kartonagen-
Pfropfreben noch etwas Neues. Dank der Initiative
einiger weitblickenden Winzer stehen wir
jetzt in der Pfropfrebenherstellung an einem
Wendepunkt, ähnlich wie zu jener Zeit, als die
ersten Pfropfreben empfohlen wurden. Die
Kartonagen-Pfropfreben werden eine gute Zukunft
haben; das Gute wird sich immer durchsetzen
. Sie werden die Rebschulpfropfreben nicht
verdrängen, aber sie werden den Aufbau unserer
reblausverseuchten Gebiete zum Nutzen aller
fortschrittlichen Winzer beschleunigen helfen. Die
von den staatlichen Stellen bisher gezeigte abwartende
Haltung zur Frage der Kartonagen-
Pfropfreben wird insofern anerkannt, als man
dort auf dem Standpunkt steht, man habe den
Herstellern von Kartonagen-Pfropfreben viel
Lehrgeld erspart, weil sie nun auf den Erfahrungen
anderer Weinbaugebiete aufbauen können
. Ungelöst wird jedoch die Frage bleiben, ob
wir auch ohne Privatinitiative heute schon
Kartonagen-Pfropfreben in unserem Weinbaugebiet
anbauen würden.

Karl Laier.

E churz un bündig Nachtgebet!

Chönnet ihr euch no erinnere an dr Öler-Ludwig?
Die Ältere scho no — die Jüngere wisse grad no,
daß dert wu jetz die neui Stroß dr Schliengener
Berg uffe goht — also grad unte am Fueß vum
erste Stich — e Huus gstande isch. Un do het vor
Zyte dr Ludwig mit sym Frieda drin gwohnt.
Chinder hän si keini gha. Me het en alli Tag
chönne seh, dr Ludwig-Unkel. Ei un alli Tag isch
er in sym Zipfelchäppli — im Rueßgüggli — un
in synere graue Bluse dr Berg uffe in d'Wirt-
schaft zue dr „Mamme". Eimol het er Durscht
gha — het's müesse e Vierteli Wii sy, am liebste
vu sellem, wu d'Chatz druf hockt. E andermol
het er ebbis bruucht zuem wärme — derno het
e Schnäpsli ghulfe. Un er het eim chönne so selig
aluege — ganz wiiseligi Äugli het er als gha. Au
's Singe het em viel Freud gmacht. Churzum, er
isch mit alle im Dorf guet z'Streich chu. Er het
vu niemes ebbis welle, het alli in Rueih glo. Sogar
mit sym Herrgott het er's churz gmacht.
Numme emol im Tag — z'Nacht, wenn er ins
Bett isch — hätt' solle dr Herrgott uf ihn loose,
wenn er bättet het:

„E Gott's Name ins Bett gange. Do lyt de Kerli!
Herrgott, Du waisch, was de Kerli für e Kerli isch!
Guet Nacht, liebe Herrgott!"

Jetz luegt am End dr Ludwig-Unkel usem Him-
melsgarte naime abe uf d'Erde, uf mi, macht mer
e Finger un sait: du Chaibe-Maidli, wurum hesch
du au müesse mi Nachtgebet verrote? — O, die
Wiibervölcher chönne aber au nie 's Muul halte!

E. Jäger.


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