http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-11/0012
10
Die Markgraf schalt
Rennen Veranlassung war. Jeder wollte zuerst
in Staufen sein oder warf seine Waffe weg und
suchte das Weite. Ein Zug Kirchemer unter
Anführung des Judenwirtes Liberles wurde
von demselben mit den Worten kommandiert:
„Rechtsum, Sulzburg zu!" und setzte sich, ihren
tapferen Anführer an der Spitze, sogleich ins
Rennen, indem er alles von sich warf, was ihn
an seinen kursorischen Bemühungen hätte hindern
können. An die stolze Lörracher Kavallerie
hielt ihr Chef folgende Anrede: „Jetzt kommt
das Militär! Jetzt ziehen wir uns zurück!" Einer
der Letzten, kam auch ich endlich in Staufen an,
dessen Straßen ganz vollgepfropft von Freischärlern
waren, und suchte meine verlorene
Kirchemer Abteilung wieder zu gewinnen. Von
80 Mann, die tags zuvor von zu Hause ausgezogen
waren, kamen noch 20 in Staufen an. Mit
noch 15 Scharfschützen wurde ich nun unterhalb
Staufen in einem Garten nahe beim Gottesacker
postiert, um hier, gedeckt durch eine Mauer, das
anrückende Militär zuerst zu empfangen. Etwas
stärker pochte mein Herz, als ein Mann in vollem
Lauf daherkam und sagte, daß der Feind kaum
noch 200 Schritte von uns entfernt sei und da'ß
wir gut zielen möchten. Nochmals untersuchte
ich meine Büchse, setzte ein Zündplättchen auf,
lockerte meinen Hirschfänger in der Scheide und
war gefaßt auf den Agriff, indem ich unverwandt
mein Auge der Straße zuwandte, auf welcher der
Feind daherkommen sollte, als mich mein Knecht,
ein alter Soldat, leise am Ärmel zupfte und
meinte, wir Zwei würden schwerlich ein Bataillon
reguläres Militär zurückhalten können; und
wirklich hatten sich schon alle in das Städtchen
zurückgezogen, und so taten wir denn ein gleiches
. Bei den ersten Häusern war inzwischen
eine große Barrikade gebaut worden, hinter
welcher Hertinger und Brombacher Bürgerwehr
postiert war. Mit bleichen Gesichtern harrten sie
der Dinge, die da kommen sollten. Als wir gerade
über die Brücke gegangen waren, kam Marx
Pflüger zu Pferd, der Kommandant des Lörracher
Bataillons, und marschierte hinunter in das
Bett des Neumagens, um, wie ich glaubte, den
Feind im offenen Felde anzugreifen. Dem war
aber nicht so, sondern, um sich in das Münstertal
zurückzuziehen. Gleich darauf, es mochte etwa
1 Uhr des Nachmittags sein, knatterten links an
der Brücke einige Schüsse, die sich bald in ein
allgemeines Feuer verwandelten. Wir wurden
nun, etwa zwanzig Leute, an der Brücke in einem
Grasgarten unter alten Lindenbäumen postiert,
wo wir etwa zwei Stunden lang ein erfolgloses
Feuer gegen die uns nicht sichtbaren Soldaten
unterhielten. Bürgi-Metzger bekam hier neben
mir einen Streifschuß am Arm, ein anderer, ein
Unbekannter, wurde am Fuß verwundet. Mehrere
Male wateten wir durch den Neumagen, um auf
der anderen Seite des Baches, gedeckt durch
große Holzbeigen, die längs der Straße zwischen
Pappelbäumen aufgesetzt waren, den Feind
näher zu haben. Aber auch er war versteckt hinter
den Häusern, hinter Gartenmauern, und so
sahen wir uns gegenseitig bloß die Köpfe, auf die
regelmäßig, wenn sie zum Vorschein kamen,
gefeuert wurde. Etwa um 3 Uhr bemerkte ich,
plötzlich einen Offizier mit einer Abteilung
Schützen hinter den Häusern hervortreten. Rasch
richtete ich den Lauf meines Rohres dorthin und
duchbohrte ihm seinen Czako. Noch einige
Schüsse folgten, denn der Feind war zahlreicher
als wir, denn unser Häuflein war mittlerweile
bis auf 15 zusammengeschmolzen. Wir wandten
uns deshalb zum Rückzug, jedoch nur über eine
kleine Barrikade von Reisig, die den Grasgarten
von der Stadt trennte, neben dem Gasthaus zum
Kreuz, hinter welchem wir sogleich wieder Halt
machten und durch eine neue Ladung den hart
nachrückenden Feind wieder zurückdrängten.
Wir befanden uns jetzt in der Straße, die von
der Brücke, die bei Anfang des Gefechtes abgedeckt
worden war, nach dem Rathaus führt, und
hielten die Brücke sowohl wie die Barrikade
besetzt, in allem etwa 100 Mann. Hartnäckig
wurde von beiden Seiten das Feuer etwa eine
Viertelstunde unterhalten. Da brachte der Feind
zwei Kanonen an das andere Ende der Brücke
und beschoß uns mit Kartätschen. Wir waren
zwar immer noch durch die Häuser gedeckt,
konnten uns aber nicht mehr vorwagen, da jede
Ladung Scheitertrümmer und Ziegelstücke auf
uns herabyvarf, als auf einmal ein großes Stück
Dachstuhl herunter fiel, eine Kartätschenkugel
mir den Rock zerrissen hatte und unser Häuflein
auf etwa 20 Mann zusammengeschmolzen war...
Der älteste Totentanz Deutschlands
oder die Legende von den drei Lebenden und den drei Toten
Das kürzere Wort „Totentanz" hat sich für
3adenweilers mittelalterliche Fresken selbst in
Fachkreisen eingebürgert, obschon die zweite
Bezeichnung richtiger ist. Es handelt sich um
Wandbilder, die aus der Turmvorhalle einer gotischen
Kirche stammen und zur Reformationszeit
übertüncht worden sind. Die Kirche wurde in
kriegerischen Zeiten, namentlich in den Jahren
1678 und 1688, stark beschädigt; sie wurde im
Laufe der Zeit durch ein stilloses Gotteshaus
ersetzt, doch die nach Westen gerichtete Turmvorhalle
blieb bestehen, sie war Haupteingang
und von ihrer Wölbung herab hingen die Glok-
kenseile. Der Turm selbst hatte darüber nur noch
ein Stockwerk und war mit einer unschönen
Helmspitze abgedeckt.
Im Jahre 1890 entschloß man sich zu einem
Neubau und begann, die alte Kirche abzureißen.
Es erwies sich, daß sie auf gewaltigen römischen
Grundmauern ruhte, die wahrscheinlich einem
Tempel als Fundament dienten. Zwischen den
Mauern fand man noch deutliche Reste einer
frühchristlichen (karolingischen) Basilika und
Grundmauern der schönen gotischen Kirche,
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-11/0012