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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-01/0008
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Die Markgrafschaft

für seine Kameraden, die von Haus zu Haus
ziehen, Wellen, Bengel, alte Bretter und Chnorze
von den Schöpfen herunter holen und auf den
Wagen laden. In manchen Orten ist nach ungeschriebenem
Gesetz genau festgelegt, wer das
Holz zu sammeln hat, etwa nur die Siebtkläßler,
oder alle Buben bis zur achten Klasse, auf keinen
Fall die Konfirmanden und so weiter. Wo der
Hisgier, der in Stroh eingemummelte Bursche,

$a6nad)tfeuec

dfd) das t 3&f)?märt8gt»uef)l
um alli 6cf)tbcftüc{)U
©*ibi — 6ct)ibo! fo r^aüte,
tme ©tetncgfom fo fällte*
@<f>tbi — 6*ibo!

Wo b'mtüt 6' @*ibe fafat
iTcf) flKd)i ©prod) un J\tt,
ftedft gliche Btuud) un @mn
im Bluet un Bode in.
ecf)ibi - @<f)!bo!

Z>* Sarfle t\ tote Cfytanj!
XV $üütet t\ £kd)tf ts (Dlan^!
Süürigi Bfll* toaibts!
6lüct)igt Sunfe fatte!
erf>ibi — ©cf)ibo!

$of)te8 un Sannes dtuf!
Pra/flig fcljlat 6' Stamme uf!
£)od) jagte 6t Haucf)/ et ftigt
f(f)6'n tme ne Baum oetjtöigt!
ed)ibi - ©<f>ibo!

öie letfäti ©(f)ibi fallt!
*8 toutd ftill um 6* $uüt, 's toutd djalt.
£)enn ©otg — t»et t)ined)t toad)t —
fyenn ©otg 3uetn $uüt! 6cnn ad)t!

@(^!bl — @d)!bo! £i„a ^romer

am Mittfastensonntag zum Zeichen des scheidenden
Winters noch durch das Dorf zieht — ein
Brauch, der leider nur noch in wenigen Orten
des Markgräflerlandes geübt wird —, dürfen nur
die Buben vom vierten und fünften Schuljahr
an dem anschließenden Eier-in-Anke-Essen teilnehmen
, die mindestens acht Wellen für das
Fasnachtsfeuer gemacht haben; ein Sechstkläßler
muß zehn und ein Siebtkläßler zwölf Wellen zum
Fasnachtsfeuer aufbereitet haben.

Ein alter Müllheimer erzählt, daß früher das
Holz schon am Samstag abend auf die Höhe
gefahren worden sei. Vier große Wagen voll
seien es gewöhnlich gewesen, jeder „g'huftig
voll". Sie wurden von starken Rössern gezogen
unter dem Peitschenknallen der Fuhrmänner und
dem Jubel der Buben. Diese trugen dabei ,,zur
Parade" schon ihre Scheibenstecken und Scheibenkränze
. Auf jedem Wagen thronte obenauf
ein Tannenbäumle, das mit bunten Papierbändern
geschmückt war und das dann auch auf den
aufgeschichteten Holzstoß gesteckt wurde. Und
noch etwas anderes zierte jedes Tannenbäumle:
ein großes, farbiges „Nastuech", das wie eine
Fahne vom Dolder wehte. Das Taschentuch war
als Geschenk — neben dem üblichen Trinkgeld
— für den jeweiligen Knecht bestimmt, der
den Wagen führte. Es wurde ihm droben, wenn
der Wagen sein Ziel erreicht hatte, überreicht.

Es ist in manchem Jahr eine schwere Arbeit,
die Fuhren auf die Höhe zu bringen. Wenn der
Boden aufgetaut ist und in den Rebgassen und
auf den Feldwegen die Räder tief im Dreck einsinken
, müssen „alle Mann an Deck" und schieben
und ziehen helfen. Droben gibt es dann noch
viel zu tun. Die Holzhaufen müssen aufgerichtet
und die Scheibenstühle aufgeschlagen werden,
und wenn alles frühzeitig fertig ist, so ist es
ratsam, Wachen aufzustellen. Denn zu gern versuchen
Buben aus Nachbarorten, die Holzstöße
vorzeitig anzustecken. Das ist bis in die jüngste
Zeit hinein so geblieben.

Jedes Mal wird es dem Markgräfler „so
kurios", wenn er in der Dämmerung des Bure-
fasnecht-Sunntigs nach der Anhöhe sieht, auf
der sich die Holzstöße und Scheibenstühle wie
Scherenschnitte gegen den Abendhimmel abheben
. Einige Buben, die das Anzünden nicht
erwarten können, laufen aufgeregt hin und her
und probieren ihre Scheiben mit „kalten Schlägen
". Sinnend sagt der Mann vor sich hin „scho
wieder Fasnecht", und ehe die ersten Funken
aufleuchten, schaut er für eine Weile im Geist
die heimatliche Anhöhe im Gang des Jahres. Er
sieht im Winter die Schafherde drüber ziehen
und die Buben und Maidli schlittenfahren, er
sieht, wie einer zum ersten Mal „Grüens" holt,
wie die Kirschbäume zu blühen anfangen, die
blaugrünen und ockergelben Spritziwagen in die
Reben fahren und „g'schirtelet" und „g'ruehrt"
wird, oder „d'Hefterne" mit dem Strohbosen
unter dem Arm hinaufkeuchen. Was ist es doch
immer ein emsiges Schaffen das ganze Jahr hindurch
, bis im Herbst die Büttene, Bockten und
Fässer auf den Wagen erscheinen, die Frauen
mit den örgeli laufen, der Bückiträger durch die
Rebgassen geht, und die Buben mit Fröschen
und Schwärmern Allotria treiben. Dann legt der
Berg sein buntes Herbstkleid an, die Äpfel und
Birnen werden von den Bäumen geholt, und
schließlich meldet sich wieder der Winter, streut
zuerst ein paar weiße Flocken auf seinen Buckel
— die ersten „Versuecherli", die in der Mittagssonne
dahinschmelzen, bis es wirklich ernst wird
und der dicke weiße Wintermantel ihn einhüllt.

Und dann kommt eine Zeit, in der schon ein
wenig der Frühling in der Luft liegt. Die Vögel
probiere d'Schnäbel scho, die Haselstauden
hängen ihre Würstli aus, und die Weiden glänzen
mit den silberseidenen Kätzchen. Dann flammt
das Fasnachtsfeuer auf, die glühenden Scheiben
steigen und fallen „wie Sternegsöm", und der
Markgräfler sagt „i glaub, 's Gröbscht isch Überstande
". Ach, wenn er recht hätte — und nicht
nur mit dem überstandenen Winter.

Fischer Fritz.


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