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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-01/0014
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Die Markgrafschaft

einzelnen Beriebe aus, die der Stadt Neuenburg
seit langem ein besonderes Gepräge gaben. Im
„Badischen Rheinbau", im Sägewerk „Richtberg",
in der Zimmerei „Grozinger" und in der Baufirma
„Unser" — um nur einige der alteingesessenen
Unternehmen zu nennen — finden, wie
in allen übrigen Betrieben der Stadt, heute eine
große Anzahl Einheimischer Arbeit und Brot.
Bei Cusenier, einem weiteren bekannten Werk

Das war einmal Neuenburg

Neuenbürgs, das im Krieg beschädigt worden
war, wurde inzwischen die Fabrikation wieder
aufgenommen, nachdem wegen Mangels an Rohstoffen
die Herstellung von Erzeugnissen nach
Originalrezepten, die einst den Weltruf der
Firma begründet hatten, bisher unmöglich gewesen
war. Der Gemeinde konnte die drückende
Sorge der Arbeitslosigkeit bis heute erspart
bleiben.

In der Landwirtschaft konnten etwa 80 Prozent
des Viehbestandes des Jahres 1938 wieder erreicht
werden. Die Felder, die sich westlich bis an den
Rhein, östlich bis nach Müllheim, südlich bis
Steinenstadt und nördlich bis Zienken erstrecken,
verlangen vom Landwirt das Letzte an Arbeitskraft
, Fleiß und Ausdauer. Auch die Arbeit in
den entfernt gelegenen Rebbergen der Gemarkungen
Auggen, Schliengen und Müllheim erfordert
Idealismus und große Opfer.

Die Fischerei, früher ein Hauptzweig der
Neuenburger Wirtschaft, wird heute nur noch
von zwei Familien, die der „Fischereigenossen-
Schaft" angehören, ausgeübt. Aufgehört hat auch
der Grenz verkehr, wie er ehemals „gang und
gäbe" gewesen war. An Stelle der Schiffbrücke
sorgt heute eine Fähre, die von Deutschen und
Franzosen bedient wird, für den Verkehr von
Fußgängern und Wagen über den Rhein. Bisher
erstreckt sich der Verkehr über die Grenze nur
auf Besatzungsangehörige und einen bestimmten
Kreis von Berufstätigen, die täglich in der Frühe
nach Mülhausen fahren und abends wieder

zurückgebracht werden. Sonst ist es sehr still an
der Stelle geworden, an der früher ein reges
Kommen und Gehen gewesen war.

Freud und Leid

Ein erfreuliches Ereignis bedeutete für die
Gemeinde die Rückkehr der letzten Kriegsgefangenen
aus Rußland, die mit ihren Angehörigen
in Verbindung gestanden hatten. Sie

wurden in einer Bürgerversammlung
besonders herzlich
begrüßt. Leider liegt
über dieser Freude immer
noch der Schatten der Sorge
um die 33 Vermißten der
Gemeinde. Unvergessen' sind
auch die 84 Söhne der Stadt,
die im zweiten Kriege gefallen
sind.

Saure Wochen,

frohe Feste

Das Vereinsleben, das seit
jeher in der Rheingemeinde
besonders gepflegt worden
ist, findet rege Teilnahme
und Unterstützung bei der
ganzen Bevölkerung. Für den
Fremden, der zum ersten
Mal in die Stadt kommt,
mag die Freude am Vergnügen
und die Teilnahme
an den Festlichkeiten angesichts
der Trümmerfelder vielleicht unverständlich
erscheinen. Wer aber weiß, was diese
Quellen der Freude den Neuenburgern bedeuten
, der denkt bald anders darüber. Die Freude
ist das „Atemholen" für den Alltag, der
den Neuenburgern noch genug Sorgen und
Plagerei übrig läßt. Sie alle, die die gemeinsame
Not zum Bruder haben, sehen in der Lebensfreude
die liebliche Schwester. Niemand räumt
ihnen die Trümmer weg, sie müssen es selber
tun. Und so nehmen sie sich auch das Recht zu
„feiern", wenn sie dazu Lust haben. Im Gesang-,
Musik- und Harmonikaverein sind Geselligkeit,
Humor und Freude ebenso daheim, wie im
Sportverein, in der Kolpingsfamilie oder im
Schachverein, die alle eine treue Anhängerschaft
hinter sich wissen. Mit Hilfe der Freude bannen
sie viele der Sorgen, die zu jedem Fenster
herein- und herausschauen.

Zwei große Sorgen

Besonders zwei Sorgen, so berichtet der Bürgermeister
, sind es, die der Gemeinde arg zu
schaffen machen: die Sorge des Wiederaufbaues
und die Sorge um das Absinken des Grundwasserspiegels
des Rheins.

Noch immer wohnen 127 Familien unter
schwierigsten Verhältnissen, von denen sich der
Außenstehende überhaupt kein Bild machen
kann, in Baracken, sieben Familien sind noch
evakuiert und 39 Familien sind noch in anderen
Haushalten in sogenannter „Untermiete" untergebracht
. Der Wiederaufbau wird besonders


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