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Die Markgrafschaft
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war, auf die Vakanz aufmerksam gemacht. Möglicherweise
ist auch Zandts günstige Beurteilung
mit ein Grund gewesen, daß dem Lörracher Prä-
zeptoratsvikar die vielbegehrte Stelle am Karlsruher
Gymnasium zugesprochen wurde. Jedenfalls
bedeutete die Berufung eine Art Wiedergutmachung
des im Jahre 1790 zugefügten Unrechts.
Man weiß, daß Hebel nicht gerade leichten
Herzens Lörrach verließ; bedeutete doch die Beförderung
zugleich den schmerzlichen Verzicht
auf das geliebte Oberland und andere Herzensbindungen
. Daß es zudem ein Abschied für immer
werden sollte, konnte der Scheidende, der bis an
sein Lebensende von einer Pfarrei im heimatlichen
Wiesental geträumt hat, freilich noch kaum
ahnen. Aber vielleicht wären die Alemannischen
Gedichte ungeschrieben geblieben, wenn nicht der
Tau des Heimwehs und einer ungestillten Sehnsucht
ihre Blüte der Brust des Dichters entlockt
hätten.
Die „böse Basler Fasnacht" / Richard N u t z i n
ger
Das Ereignis, das unter diesem Namen in die
Geschichte eingeganen ist, liegt bereits 575 Jahre
zurück und trug sich am 26. Februar 1376 zu.
Einen Monat zuvor hatte der Herzog Leopold von
Österreich die gesamte Richtergewalt über das
„mindere Basel" erhalten, und diesen Machtzuwachs
scheint er ausgiebig mit vielen Edeln, Rittern
und Grafen in seinem Hof zu Kleinbasel
gefeiert zu haben. Gleichwohl mußte es wohl dem
ehrgeizigen Fürsten ein tägliches Ärgernis gewesen
sein, daß jene schöne, volkreiche Stadt Großbasel
jenseits des Rheins nicht nur nicht zu seinem
Herrscherbereich mehr gehörte, sondern ihm
auch nicht eben freundlich gesonnen war. So
kamen die Fasnachtstage heran, die nach altem
Brauchtum hoch gefeiert wurden und diese Gelegenheit
erschien dem Herzog nicht ungünstig, um
unter dem Schirm der Narrenfreiheit den Bürgern
überm Rhein einen gehörigen Tuck zu spielen
, und er sprengte an besagtem Tage mit seiner
erlauchten Gefolgschaft über die Rheinbrücke
und auf den Münsterplatz. Dort stellte man sich
alsbald zum Turnier auf; aber was sonst ein
ritterlich Spiel um Mannesehre und Frauengunst
war, wurde hier zu einem närrischen Treiben und
einer prahlerischen Herausforderung. Denn die
Kämpfenden rückten nach kurzem Scheingefecht
nicht mehr widereinander an, sondern ließen ihre
Speere und Schwerter unter die schaulustige
Menge fahren, also daß in wenigen Augenblicken
ein wüster Tumult ward und keiner der Basler
mehr unterscheiden konnte: war das ein Ritterspiel
, eine fasnachtliche Narretei oder gar der
Auftakt zum Angriff auf die Freiheit von Groß-
Basel durch den unliebsamen Nachbarn aus der
mindern Stadt. Die Sturmglocken läuteten schrill
über die Dächer hin, die Trommeln, die eben noch
das Lied der Narren mit kunstvollem Schlagen
begleitet hatten, wirbelten zum Alarm, und die
Zünfte erschienen geharnischt und trieben mit
ihrer Übermacht die kleine Schar der Herren und
Ritter vor sich her. Wer sich nicht mit seinem
Pferd zur Flucht den Fluten des Rheins anvertraute
wie Herzog Albrecht, der wurde in den
Eptinger Hof zur Rechten des Münsters gedrängt,,
wo einige Edelkechte von der erbitterten Bürgerwehr
niedergeschlagen und die anderen, unter
ihnen auch Markgraf Rudolf III. von Rötteln, gefangen
genommen und erst gegen ein Lösegeld
wieder freigelassen wurden.
Herzog Leopold aber gedachte nicht, solche
Schmach, wie sie ihm und seinem Geleite von den
Baslern geschehen war, ungesühnt zu lassen und
erwirkte vom Kaiser die Verhängung der Reichsacht
über die Stadt. Basel mußte einlenken, und
es kam zu langwierigen Verhandlungen zu Hall
am Inn, bei denen der Herzog sein Turnier als
ein harmloses Waffenspiel hinzustellen wußte,
was die überängstlichen Großbasier Bürger törichterweise
als Ernst angesehen und auf solch
blutige Art geendet hätten. Das Reichsgericht
entschied, daß die Acht nur unter der Bedingung
aufgehoben würde, daß sich Basel gleich den
anderen Landstädten den österreichischen Herzögen
Leopold und Albrecht unterwürfen und die
Schuldigen bestraft würden. Am 9. Juli des nämlichen
Jahres fielen die Häupter der Rädelsführer,
nämlich einiger Zunftmeister, unter dem Schwert,
während mehrere andere ihren eifrigen Einsatz
für ihre Vaterstadt mit langen Freiheitsstrafen
zu büßen hatten. Das war eine harte Demütigung
und eine allzu herbe Sühne für Basel gewesen,
das nun begreiflicherweise gegen Österreich noch
mehr verbittert wurde. Bald aber schien der
Himmel selbst dies ungerechte Urteil aufzuheben
und der Stadt verdiente Gerechtigkeit widerfahren
zu lassen. Wenige Jahre später trat Herzog
Albrecht alle seine Ansprüche auf Kleinbasel an
die Stadt ab, die nun endlich und endgültig vereinigt
wurde.
Wir dürfen vielleicht mit J. P. Hebel, der an
dieser Stelle sein „Merke" anbringen würde, auch
für uns in der Gegenwart manche wichtige Wahrheit
aus dem ganzen tragischen Vorgang uns
sagen lassen. Einmal die, die wir zur Genüge in
dem letzten Jahrzehnt erlebt haben und die doch
immer wieder so leicht von vielen vergessen wird,
nämlich daß aus Überheblichkeit und frivolem
Spaß so leicht bitterer, blutiger Ernst werden
kann — und nicht nur an Fasnacht. Sodann aber
ist nicht zu leugnen, daß sich so oft in der Welt
gerade am Unschuldigen das Verbrechen straft,
das ein Frevler leichtfertig verübte. Aber schließlich
dürfen wir auch immer wieder erfahren, wie
doch nach einer höheren Gerechtigkeit der Schuldige
zuletzt büßen und doppelt das heimzahlen
muß, was er an Unheil angerichtet hat. Merke!
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