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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-02/0010
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Die Markgrafschaft

Kölner Konservatorium seine praktische und
theoretische Ausbildung im Jahre 1908. Das Glück
war ihm schon zu Beginn seiner eigentlichen
musikalischen Laufbahn hold, da er den Vorzug
hatte, in der Dirigentenklasse Schüler des Meisterdirigenten
Generalmusikdirektor Fritz Steinbach
zu sein, der den jungen und strebsamen
Musiker häufig durch besonderes Lob auszeichnete
. Häuslicher Verhältnisse und später des
Krieges wegen, der ihn zum Heeresdienst rief,
gab Albert Hitzig seinen eigentlichen Plan, sich
gänzlich dem Dirigentenberuf zu widmen, auf
und betätigte sich in seiner Vaterstadt als Musik-
lehf er sowie als Leiter mehrerer Chöre des Männerchors
Lörrach und des Musikvereins.

Als der Krieg ausbrach, veranlaßte er, von
Freunden unterstützt, die Gründung einer Landsturmkapelle
, die zunächst den Zweck verfolgte,
die bedrückte Bevölkerung Lörrachs durch den
Genuß guter Musik hin und wieder aufzuheitern.
Bald jedoch nahmen die Konzerte einen größeren
Umfang an. Durch Heranziehung in der Nähe
befindlicher Kapellen veranstaltete Musikdirektor
Hitzig Orchester- und Chorkonzerte großen Formats
, in welchen der Männerchor oft eine bedeutende
Rolle spielte. Aus diesen Veranstaltungen,
denen sich die Kammermusikabende der nach
dem Kriege von Hitzig gegründeten Musikschule
anreihten, gingen durch die Unterstützung einer
kunstsinnigen Stadtverwaltung die städtischen
Konzerte hervor, die bekanntlich zu einem bedeutenden
Kulturfaktor Lörrachs und der gesamten
Umgebung geworden sind.

Im Jahre 1925 trat die Stadt an Albert Hitzig
heran mit dem Antrag, neben der Leitung der
städtischen Konzerte auch die der städtischen
Theater-Veranstaltungen zu übernehmen. Bereits
im Jahre 1921 kam Musikdirektor Albert Hitzig
zuerst dem Rufe des nahen Kurortes Badenweiler
nach, als Leiter des Kurorchesters zu wirken. Die
Annahme dieser Tätigkeit zwang ihn zur Auflösung
der Musikschule sowie zur Niederlegung
der Dirigentenschaft in seinen Vereinen, zu welchen
nach dem Kriege noch der Evang. Kirchenchor
und der Musikverein Frohsinn hinzugekommen
waren. Allein den Männerchor Lörrach behielt
er bei und führte trotz vieler technischer
Schwierigkeiten die Probenabhaltung auch im
Sommer neben seiner Kurkapellmeistertätigkeit
gewissenhaft durch.

Die Aufzählung aller der Veranstaltungen, die
in den Kriegs- und Notjahren der Wohltätigkeit
galten, würde zu weit führen; unter ihnen sind
Höhepunkte, die noch in bester Erinnerung sind.

Es ist dem leutseligen Wesen Albert Hitzigs zu
verdanken, daß er zu diesen Veranstaltungen oft
in großer Zahl Musikfreunde aus der benachbarten
Musikstadt Basel verpflichten konnte, die
gerne ihrem Freunde in Lörrach zur Seite standen
. Dieser Dienst an der Kunst beruhte auf
Gegenseitigkeit; stand Albert Hitzig doch seit
Jahren hindurch als Kontrabassist in dem auserlesenen
Klangkörper der Basler Orchestergesellschaft
. Er besuchte gewissenhaft die Proben
und ordnete sich ein in das Ganze bei glanzvollen
Konzertveranstaltungen im großen Musiksaal
des Basler Stadtkasinos.

Daß sein künstlerisches Wirken, angefangen
vom Jahre 1915—1927 und von da an bis 1937
mit in schwerste und unruhigste Zeiten fiel, das
wird uns so recht zum Bewußtsein, da wir heute
durch noch eine tiefere Talsohle des Leides
schreiten müssen. Aber auch damals gab es Menschen
, die dafür noch Sinn und Verständnis hatten
, und die sich auf das Goethe-Wort besannen,
das der Unsterbliche von Weimar in seinem
„Künstlerlied" aus den „Wanderjähren" zu uns
spricht, wenn er in dessen letzten Vers sagt:

„Dieses ist der Sinn der Wahrheit,
Die sich nur mit Schönem schmückt,
Und getrost der höchsten Klarheit
Hellstem Tag entgegenblickt!" —

Was Albert Hitzig in den Kriegs- und Nachkriegsjahren
des ersten Weltkrieges künstlerisch
geschaffen hat, liegt als ein Band vor uns, in
dessen Geleit gesagt ist, wie alle, die von der
Last des Alltags fast erdrückt ihren Weg durch
das Leben wandern, die Kunst trösten und erfreuen
will. Erhebung und Befreiung der Menschenseele
ist ihre hohe Aufgabe. Stark haben
wir das besonders empfunden in den Tagen
innerer und äußerer Not, die das Schicksal schon
damals unserer Generation auferlegt hat. — Wie
eine rettende Insel waren uns in der Fülle der
Bilder und in dem Schwall der Worte, die auf uns
eindrangen, die Werke der Kunst, die
bild- und wortlos tiefste Dinge auszusprechen
vermögen und sie in der Seele wieder erklingen
lassen. So sind aus innerer Notwendigkeit heraus
die städtischen und musikalischen Veranstaltungen
in schwerster Zeit geworden.

Durch ihr Entstehen sind sie eng verwachsen
mit der Kultur der Stadt Lörrach. Sie sind
Tradition und Bestandteil des geistigen Lebens
in ihr geworden. Wie ein hervorragendes Gebäude
, sei es ein Dom, ein Schloß oder ein Bürgerhaus
zum Charakter einer Stadt gehört, —
als ästhetischer Wert — so ist auch das musikalische
Leben ein wertvoller Teil des geistigen Vermögens
einer Gemeinschaft in einer Stadt. Es
zerstören, heißt Werke vernichten, Werke der
Erziehung und der inneren Bereicherung.

Die Welt der Erscheinungen ist aufs tiefste
abhängig von den geistigen Strömungen, die ihr
zugrunde liegen. Wer Geist, Charakter und Gefühlskraft
gibt, leistet gleiche Arbeit an Volk und
Menschheit, an ihrer künftigen Formung und
Gestalt, wie der, welcher ihr äußeres Fortkommen
fördert.

Albert Hitzigs elementare Persönlichkeit erwies
sich als ein Eckpfeiler aber auch in den Jahren
innerer Zerrissenheit, als Unzufriedenheit,
Haß, Verstimmung und Hoffnungslosigkeit mit
der Not und Armut durch die Straßen und Gassen
gingen. Und es ist wiederum bezeichnend für
den lebendigen Geist dieses Mannes und eines
erheblichen Teils der Mitbürger seiner Heimatstadt
, wo die letzten Werte in ein Nichts zerrannen
, die Kammermusik-Abende zu einer Stätte
der inneren Weihe und Erhebung wurden.

Als nach dem ersten Weltkrieg die mechanisierte
Musik und der Film ihre ungeahnte Entwicklung
nahmen, tat sich unter bescheidenen


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