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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-02/0014
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Die Markgrafschaft

nen, Ludwig Finckh und zumal auch Hermann
Hesse; aber auch Ida Guldenschuh, die aus Kirchen
bei Lörrach stammt. Nicht zu vergessen
Franz Schneller und Eberhard Meckel. Letzterer
schrieb: „J. P. H. Das war ein Mann, für immer
tief zu lieben! Wer sich durch ihn dem Worte
anvertraute, mit seinen gläubigen Augen schaute,
der ist nie arm, stets reicher nur geblieben. —
Dem Hebelstüble auf dem Langenhardt und den
dortigen Zechern alemannischen Weins einen
Gruß von Eberhard Meckel".

Der Hebelbund schrieb „Den lieben Hebelfreunden
auf dem Langenhardt ins Gästebuch:
Wie der Lahrer Hinkende Bote neben Hebels
Kalender, dem Rheinländischen Hausfreund, schon

damals freundnachbarlich in jeder Stube am
gleichen Nagel hing und die Menschen ergötzte,
so möge der gute Kalendermann Hebel sein
Schatzkästlein heute wieder den Menschen aufschließen
und ihnen seinen Reichtum an Menschenliebe
neu erschließen! Und wie Hebels Straßburger
Freundin Sophie Haufe, deren Ehe der
Dichter gestiftet hatte, nach dem Tod ihres Mannes
von 1840 bis 1843 in Lahr durch die Niederschrift
ihrer Erinnerungen an J. P. Hebel wieder
Trost und Erquickung fand, so möchte auch heute
noch der unvergängliche Dichter und Erzähler
liebevoller Hausfreund werden den Menschen, die
zusammengehören und guter Tröster sein denen,
die der Tod getrennt hat. In Verbundenheit
Hebelscher Menschlichkeit R. Nutzinger".

Wie der Zundelfrieder einen ehrlichen Tod fand

Von Franz Hirtler f

Der Zundelfrieder, ein Spitzbube, der vor
anderthalb Jahrhunderten im unteren Wiesental
und im Baselgebiet sein Unwesen trieb, wäre,
wie es sich gehört, heute längst vergessen, wenn
ihn nicht der Dichter und Kalendermann Johann
Peter Hebel in einigen seiner lustigen, für den
Rheinländischen Hausfreund geschriebenen Geschichten
, wie man zu sagen pflegt, unsterblich
gemacht hätte. Wenn man bedenkt, daß mancher
anständige und tüchtige Mann, der in seinem
Leben etwas Rechtes geleistet hat, während seiner
Lebenszeit verkannt und nach seinem Tod
bald vergessen worden ist, mag es ungehörig erscheinen
, wenn solch ein nichtsnutziger Bursche
wie der Friedrich Zundel — so hieß er in Wirklichkeit
— durch die Laune eines erzählfrohen
Dichters zu einer Art von Nachruhm gekommen
ist. Aber unserem guten Johann Peter Heber war
es natürlich nicht darum zu tun gewesen, dem
Friedrich Zundel ein Denkmal zu setzen, sondern
er wollte seine Leser mit einigen lustigen Gaunerstücklein
unterhalten und sie nebenher auch
tiefer ins Menschenleben blicken lassen. Ihm
schien der Zundelfrieder doch wohl nicht zu den
ganz Verworfenen zu gehören, denn der Dichter
betont mit lächelnder Nachsicht, daß er und seine
Spießgesellen nicht mordeten und überhaupt
keine Menschen angriffen, sondern nur so in der
Nacht in Küchen, Kellern und Speichern Besuch
machten, natürlich auch in den Geldtruhen suchten
, was sie nicht verloren hatten, und auf den
Märkten immer am billigsten einkauften. Manchmal
schon hatte es den Zundelfrieder angewandelt
, endlich ein ordentlicher Mensch zu werden;
aber im Guten es auszuhalten, fiel ihm schwerer
als im Schlimmen, denn die damaligen Gesetze
und Polizeieinrichtungen machten es einem Menschen
, der einmal den rechten Weg verlassen
hatte, schwer, wieder den guten Ruf zu gewinnen.
So konnte der Zundelfrieder, der trotz seiner
Sehnsucht nach einem sauberen Leben doch
immer als ein außerhalb der menschlichen Gesellschaft
stehender Schädling galt, nicht mehr dazu
kommen, sein Brot in Ruhe und in Ehren zu

essen. Er war immer gejagt und umhergetrieben
von seiner eigenen Vergangenheit, die ihn durch
ein paar Gefängnisse geführt hatte und ihn nicht
mehr auf einen anderen Weg kommen lassen
wollte.

Doch fügte es das Schicksal schließlich so, daß
dem Friedrich Zundel ein guter und ehrlicher Tod
beschieden wurde, den ihm niemand zugetraut
hätte. Nach all den bedenklichen Streichen des
geriebenen Spitzbuben war es wahrscheinlich
geworden, daß er nirgendwo anders von dieser
Welt scheiden werde als am Galgen, wo ja, wie
der Hausfreund erzählte, auch der Vater des
Frieder sein Leben beschlossen hatte.

Daß es anders kam, daß der Zundelfrieder also
eines anständigen Todes sterben durfte, dazu gab
ein hübsches Mädchen den Anlaß, freilich ohne
von den weitläufigen Auswirkungen ihres Liebreizes
je etwas zu erfahren.

Eines Tages trottete der Zundelfrieder auf dem
von Lörrach nach Stetten durch Wiesen und Felder
führenden Fußpfad dahin. Der Lebensart des
schon über 50 Jahre zählenden Landstreichers
entsprach es, daß er kein eigentliches Ziel im
Sinn hatte, sondern mit seinen immer noch scharfen
Augen nach Gelegenheiten Ausschau hielt, v/o
es für ihn etwas zu schnappen geben könne. Mit
ziemlich trüben Gedanken, weil er wieder einmal
allein unterwegs sein mußte und von seinem
Bruder, dem Heiner, keine Kunde hatte, kam er
gen Stetten. Am Eingang des freundlichen Orts
sah er am Wege ein Mädchen sitzen. Es war
Sibylle, die Nichte des Pfarrers von Stetten. Sie
hatte am Waldrande Erdbeeren gepflückt und
war nun, ausruhend, damit beschäftigt, ein mit
Vollreifen Erdbeeren behangenes Sträußchen zierlich
anzuordnen und zu binden. Neben ihr stand
ein zur Hälfte gefülltes, fäßchenartiges Körbchen,
ein Chrätteli, wie man es dort nennt. Der Zundelfrieder
sah das holdselige Mädchen schon von
ferne, und ihn wandelte, näherkommend, ein
Gefühl an, das ihm wieder einmal die Frage nach
dem Sinn seines unruhigen Lebens nahe brachte.


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