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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-03/0013
Die Markgrafschaft

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Geheimnisse hat, wie Hebels Gedicht „Gespenst
an der Kanderer Straße" zeigt. Auch der „Lieler
Schlag", an dem ich von der Straße aus hinaufschaue
, hat seit Kindheitstagen für mich etwas
Gespenstisches, hervorgerufen zweifellos durch
Hebels Gedicht „Der Mann im Mond". Nun will
ich weiter zum schönsten Punkt der ganzen Gegend
, auf das „Eck" mit seinem stattlichen
Kreuz, das zum Andenken an eine bekannte
Künstlerin errichtet wurde, die hier ihren Lieblingsaufenthalt
hatte. Die Erinnerung an den
großen Dichter Hebel, der seine Heimat so einzigartig
besungen hat, hat mich ganz gefangen genommen
. So träume ich hier oben am Wald von
herrlichen Reben, dahinter der „Blauen" und
seine Nachbarberge, auf denen von weitem ein
heller Punkt aufleuchtet wie ein in der Sonne
glänzender Stein: Schloß Bürgeln.

Die Sommertage in der Heimat gehen vorbei.
Ich lebe wieder im Osten Deutschlands. Vergangenheit
und Gegenwart eines kleinen Teiles

des Markgräflerlandes stiegen mir traumartig
auf. Die Gestalt des jungen Johann Peter Hebel
läßt mich aber auch hier nicht los. So lese ich
zum ersten Male den Hymnus „Ekstase", jenes
Gedicht — in der Badischen Landesbibliothek
anfangs in die Abteilung „Wertlos" eingereiht! —,
in dem Hebel überraschend modern der Natur
gegenübertrat, besonders dem „Belchen". dem
Berge, dem zu Liebe er und seine Freunde sich
„Proteuser" nannten und ihren Gott dort in der
„Äthernähe" suchten. Eine verständnisvolle
Hebelforschung ist auch dem Kreis der Lörracher
Freunde Hebels nachgegangen. Aus solchem
Naturmythos heraus, aus dieser Naturbeseelung
ist Hebel zum großen Volksdichter der Mark-
gräfler Heimat geworden. Die Erinnerung an
ihn und an seine Dichtungen, an die Heimat, die
dem jugendlichen J. P. Hebel die poetischen
Schwingen gab, lassen mich die unglückselige
Trennung Deutschlands in Ost und West vergessen
.

J. P. Hebel in Thüringen und Japan

Man kann schon allerhand erleben mit unserm
Hebel, auch in anderen Teilen unseres Vaterlandes
und selbst in fremden Ländern. Denn
überall sind es die feinsinnigen Lehrer und
Erzieher, die an dem wertvollen Pädagogen
Hebel Geschmack gefunden haben und ihn ihfer
Jugend nahezubringen versuchen. Da kommt
doch eines Tages aus Weimar ein Paket an mich
und darin — man staune —: sämtliche alemannischen
Gedichte Hebels fein säuberlich geschrieben
und ins Thüringische übersetzt. Hier scheint
also an Ort und Stelle verwirklicht, was schon
des Altmeisters Goethe Wunsch für die feine
Dichtung Hebels war: daß sie nicht auf das alemannische
Sprachgebiet beschränkt bleibe, sondern
auch andern Deutschen zugänglich gemacht
werde. Aber auch das gute Gefühl unseres Heimatdichters
, daß sich seine Gedichte nicht in das
Gewand einer andern Sprache einkleiden lassen,
wird hier durch diese Übersetzungen in den Weimarer
Dialekt als wahr bestätigt. Es seien dem
geneigten Leser hier nur als kleine Kostprobe
beigefügt zwei Strophen aus dem thüringischen
„Wegweiser":

Wu is dr Wäg zor Sunntagsfred?
Em Wärktge gieh, un denk nich dran,
Dorch Wärkstatt un dorch Ackerfeld,
Dr Sunntg där dänkt scho sälber dran.
Am Sunnamend is er nech meh weet.
Was däckter än em Kurbe zur?
Ä findchen Fleesch ens nei Gemis.
's kann sei, ä Täppchen Bier drzu.

Noch größer jedoch war unser Erstaunen, als
im vorigen August ein Büchlein aus Japan angeflogen
kam, das einige ins japanische übersetzte
Erzählungen aus dem „Rheinländischen Hausfreund
" enthielt. Konnte man zwar aus den beigefügten
, übrigens sehr netten Illustrationen,
ungefähr auf die Geschichte schließen, so war
uns doch begreiflicherweise sehr daran gelegen,
ein Mehr über den Inhalt des ganz in japanischen

Hieroglyphen geschriebenen Buches zu erfahren.
Auf dem großen Umweg über Genf und durch die
rührige Mithilfe von Frau Liebrich-Basel hat uns
Dr. Thommen, aus dessen Feder das reizende
Büchlein: „Hebel, der Botaniker" stammt, diese
Übersetzung der Überschriften ermöglicht. 22 der
bekanntesten Erzählungen des „Schatzkästleins",
unter denen der „Kannitverstan", „Der geheilte
Patient", „Der Star" und der „Barbierjunge von
Segringen" nicht fehlen, sind, wie der Übersetzer
angibt, in einer sehr guten, volkstümlichen und
jugendgemäßen Sprache ins Japanische übertragen
. Die besondere Eigentümlichkeit der Bebilderung
ist, daß wir darauf keine japanischen
Gesichter entdecken, sondern daß bei der Bemühung
, das Lokalkolorit beizubehalten, der Europäer
wiedergegeben ist in der Gestalt, die sich
dem Japaner am nächstbekanntesten aufdrängt:
nämlich als russischer Bauer.

Wir freuen uns sehr über diese Akquisition
für unser Archiv; und Frau Liebrich bemüht sich,
uns noch einige Exemplare dieses köstlichen
Bändchens zu beschaffen. Richard Nutzinger

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