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Die Markgrafschaft
nicht zu vermeiden daß auch Sorten mittlerer
und geringerer Qualität angeboten wurden. Dabei
muß berücksichtigt werden, daß in damaliger
Zeit die Kellerbehandlung der Weine noch nicht
so weit vorgeschritten war, wie wir es in der
heutigen Zeit kennen. Daß die Geschmacksrichtung
auf den ersten Weinmärkten eine andere
war, geht daraus hervor, daß sehr viele alte
Weine angeboten wurden. So waren zum Beispiel
auf dem Markt des Jahres 1874 Weine der Jahrgänge
1834, 1857, 1858, 1859, 1861 und 1865 noch
in größeren Mengen zum Verkauf angeboten,
während die heutige Geschmacksrichtung nur
noch junge Weine bevorzugt.
Die Verlegung des Weinmarktes auf das Frühjahr
wurde als das Gegebene erachtet, und nachdem
Bühl und Tauberbischofsheim als Weinmärkte
ausgeschieden waren, wurden für die
verbliebenen Märkte feste Daten bestimmt. Was
sich in der späteren Zeit änderte, war nur eine
Verschiebung der Monate (Februar bis Mai).
Bereits im Jahre 1880 hatte der Gemeinderat der
Stadt Müllheim einen Vorstoß unternommen,
den Termin von Mai auf März vorzuverlegen,
was sich später auch für den Verkauf der Weine
als sehr günstig erwies. Von den ursprünglich
genehmigten Märkten blieben zuletzt nur noch
Müllheim und Offenburg übrig, dazu kam im
Jahre 1930 erstmals ein Weinmarkt in Freiburg.
Im Gegensatz zu den . anderen Märkten hielt sich
der Gemeinderat der Stadt Müllheim streng
daran, für den Müllheimer Markt nur Mark-
gräfler Weine zuzulassen. Der Erfolg des Müllheimer
Weinmarktes lag nicht zuletzt daran, daß
neben der äußeren Aufmachung die Auswahl der
zugelassenen Weine einer strengen Prüfung durch
Fachkräfte unterzogen und daß nur einwandfreie
, saubere Weine der Markgrafschaft angeboten
werden durften.
H. Schiek.
MeinTra Um / Eine Hermann Daur-Erinnerung
Eintrag in die „Daur-Chronik" von Pfarrer Otto Beyer
Ich hatte einmal einen seltsamen Traum. Pfarrer
können nämlich auch träumen; böswillige
Menschen behaupten sogar, sie träumten mehr als
genug. Die Richtigkeit dieser Behauptung will
ich nicht näher untersuchen.
Also: Ich hatte einen Traum. Mir träumte:
Freund Daur und ich stehen, Einlaß begehrend,
vor der Himmelstür. Daß es da oben sehr schön
war, viel schöner, als auf dieser buckligen Erde,
bedarf keiner weiteren Erklärung. Was uns beiden
auffiel, waren die zahllosen kleinen Engel
mit ihren rosigen Pausbäckchen und den strahlenden
Blauäuglein. Sie flogen zwitschernd, singend,
jubelnd und lachend um unsere Köpfe. Daur
hatte im Übermut einen besonders waghalsigen
Engel schon am Bein erwischt; aber das Engelchen
schrie dermaßen, daß der ganze Himmel in
Aufruhr kam. Da ertönte von der Innenseite der
Tür ein bedenkliches Brummen und durch das
Fensterchen schob sich der Kopf eines Mannes
mit einem großen langen Bart; in seiner rechten
Hand trug er einen gewaltigen Schlüssel. Ohne
den war er gar nicht denkbar, der alte Petrus.
Ich glaube, den nahm er des Nachts sogar noch
mit in sein flaumiges Himmelsbett. Meinem
Freund Daur und mir wurde es ein bissei unbehaglich
, denn das Brummen wollte sich gar nicht
beruhigen, als er uns wie zwei arme Sünder da
stehen sah.
Der sonst so freundliche Himmelspförtner
machte ein schrecklich böses Gesicht. „Was wollt
Ihr? Wer seid Ihr?" herrschte er uns an. Daur
wäre das Herz in die Hosen gefallen, wenn er
solche angehabt hätte. Aber er war schon mehr
himmelsgemäß angezogen. Aber das nur nebenbei
. Als Pfarrer meinte ich, es sei meine Pflicht,
den Petrus über uns aufzuklären. Ich stellte uns
vor, sagte, der Daur sei ein berühmter und viel
verehrter Maler, der keine größere Freude gekannt
habe, als andere zu erfreuen. Und das sei
ihm mit seinen Bildern am besten gelungen. Er
habe vielerlei gemalt, aber am liebsten die Heimat
. Als ich das sagte, ging ein Leuchten über
das Antlitz des guten Petrus. „So, so, die Heimat",
sagte er; weiter nichts. Als ich ihm nun noch
mehr von Daur erzählen wollte, wie zum Beispiel,
daß er mit seiner Kunst Freude an der Heimat
wecken wollte und dergleichen mehr, da fiel er
mir in meine so schön gesetzte Rede mit den
Worten, jetzt kenne er ihn durch und durch.
Und immer noch leuchteten seine Augen wie von
Himmlsglanz erfüllt.
„Und wer seid Ihr?". So kam es plötzlich aus
seinem Mund. Ich war im ersten Moment ganz
verdattert, und gackste hervor, ich sei lange Zeit
schon Pfarrer in Otlingen. Ich weiß nicht, Petrus
machte auf einmal ein so komisches Gesicht;
lachte er? oder war's ihm um's Heulen? kurz und
gut, er sagte: „So, so! Pfarrer vo ötlige! Ojeh!"
Als ich ihm auf seine wiederholte Frage: Was
wir eigentlich von ihm wollten, antwortete: wir
wollten zu ihm in den Himmel; wir hätten's da
drunten auf Erden satt und möchten im Himmel
unseren bleibenden Wohnsitz aufschlagen, da
lachte Petrus gerade hinaus: „Mein lieber Herr
Pfarrer, gehen Sie nur wieder hinunter zu ihren
Schäflein nach Otlingen. Ich weiß wohl, die machen
Ihnen das Leben bitter schwer. Aber 's ist
nichts zu machen. Vorderhand kann ich Sie hier
nicht brauchen; vielleicht später einmal!" Den
Freund Daur aber schaute er ganz merkwürdig
an mit tränenfeuchten Augen, nickte mit dem
Kopf und sagte: „Jo, jo! d'Heimet! 's isch öbbis
guet's um d'Heimet!" Und mehr und mehr rollten
ihm die Tränen über sein liebes altes Gesicht
und zu den Englein gewandt, die in großen
Scharen herangeflogen waren,, sagte er, mit dem
Finger auf Daur deutend: „Lönt'n ine".
Das war .mein Traum. Es wäre noch zu beweisen
, ob Petrus nicht am Ende aus dem Mark-
gräflerland stammt, da er die alemannische
Sprache so schön zu sprechen wußte.
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