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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-04/0014
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Die Markgrafschaft

was maineter, as es gsi isch? Der himmellang
Viehtriiber vom e Chilchemer Jud. Er het e Koks
uf gha un e lange, schwarze Radmantel um. Die
gschenkte Kanonestiefel sin em viel z'groß gsi un
hän by jedem Schritt polteret. Am e Sail het er
e große, schneewyße Gaißbock gfüehrt mit brait
usenander glaite Hörner un lange Hoor bis fast
an Boden abe. Jedesmol wenn der Wind fest
bloose het, het's dem Kerli der Radmantel uf-

Fernsprechzentrale

Ein biederer Dorffriseur gedachte, um einem
dringenden Bedürfnis der ganzen Bürgerschaft
abzuhelfen, sich in seiner Barbierstube einen
Fernsprecher einrichten zu lassen. Wohl gab es
in dem verschwiegenen Hotzendörfchen ein Telefon
im Rathaus, allwo aber private Ferngespräche
zu führen untersagt war, und ebenso eins an der
Posthilfsstelle; allein die alte Posthalterin dort
war brummig und man hatte nicht gerne mit ihr
zu schaffen. Zugleich aber glaubte der Frisörmeister
, sich durch diese Anschaffung eines Telefons
einen größeren Kundenkreis zuzuziehen und
seinen lieben Handwerkskollegen auszustechen.
Und in der Tat: das Geschäft florierte, kaum daß
sich das Gerücht von der neuen Fernsprechgelegenheit
im Dorf herumgesprochen hatte. Wenn
nun eine Kuh schwer kalberte, rief man den
Tierarzt aus der Kreisstadt herbei; war eine
Mutter in Kindsnöten, so brauchte man nicht
mehr zu Fuß oder per Rad die Hebamme im
Nachbardorf zu holen, sondern hängte sich an
den Apparat in der Barbierstube; in Notfällen
wurde auch der Arzt in der Stadt telefonisch herzitiert
; besonders an Sonn- und Feiertagen, wenn
es Unfälle bei den sportlichen Wettspielen oder
einen Händel im Wirtshaus gab, wurde der Fernsprecher
doppelt so stark in Anspruch genommen
. Bald fiel es einem Mädchen ein, den Liebsten
üntertags auf der Arbeitsstätte anzurufen,
bald bestellte wieder ein Bursche seinen Schatz
telefonisch zum nächsten Stelldichein; kurzum
der leutselige Frisörmeister hatte Tag und Nacht,
sonntags und werktags seine leibhaftige Ruhe
nicht mehr, zumal er in Ausübung seines Dienstes
am Kunden und in sichtlicher Großmütigkeit auf
die Entrichtung jeglicher Gebühr für die Gespräche
verzichtete; nur gab er den männlichen
Telefonbenützern den nachdrücklichen Wunsch
auf ein baldiges Wiedersehen unter seinem Messer
oder seiner Schere mit. Die weit größere
Fernsprechkundschaft setzte sich aber aus dem
weiblichen Geschlecht zusammen, und einen
Damensalon hatte er nicht. So lief zwar das
Geschäft mit dem Telefon glänzend, ohne daß
sich die Kundschaft des Frisörmeisters vermehrte.
Als er gar eines Tages von der Gendarmeriestation
der Umgebung angerufen wurde, er solle
einen gewissen Hauser an den Apparat rufen, da
verstand er vor lauter Schrecken und gebührender
Achtung vor diesen Hütern des Gesetzes
den Namen nicht, den ihm dann der Gendarm
buchstabierte: Heinrich, Adolf, Ulrich, Siegfried,
Emil, Richard. Diensteifrig rannte er darauf im
Dorf herum, bis er je einen Vertreter solchen

gjagt un dem Gaißbock syni lange Hoor wie
Schleier link un rechts usenandergwaiht.

Wo si anenander verbei gsi sin, hän die Maidli
der Fritz wieder welle goh lo. Dä aber het's ghebt
un sgait: „So maineter, ich well jetz die schöni
Wärmi wieder her gee? Nüt isch. Wer A sait,
mueß au B sage". Un d'Hauptsach het er sich
numme denkt, nämlich: „Miini zwee Schmütz
hani doch kriegt".

Hinterhotzenbach

Vornamens gefunden und an den Apparat gezerrt
hatte, nur den Hauser nicht, denn der hieß Fritz.
Der Gendarm war natürlich wütend geworden,
daß sich alle Augenblicke ein anderer meldete,
nur der richtige nicht, und schrie den treuherzigen
Barbier an, er sei ein Esel, nämlich Emil,
Siegfried, Emil, Ludwig. Da wurde es aber doch
dem Armen zu dumm, daß ihm noch für alle
seine Zuvorkommenheit so liebenswürdig die
Schnuure geputzt wurde. Und als gar die erste
Monatsrechnung für Telefongebühren bei ihm
einlief, da sträubten sich ihm alle seine so wohlgescheitelten
Haare und in einem Anfall von
Wut rief er sogleich das Postamt an, sie sollten
ihm das Telefon schleunigst wieder abbauen, er
habe genug Lehrgeld bezahlt; ob sie eigentlich
nicht bei Trost seien, solche Rechnung zu schik-
ken, jawohl, er habe genug von dem Telefon —
und wenn sie's nicht verstünden, so wolle er
ihnen das Telefon buchstabieren: Tubel, elendigi,
liedrigi, Esel, verruckti, Ochse, niedigi! Schluß.
Für diese brüske Kündigung mußte er dann
wegen Beamtenbeleidigung noch ein ExtraSchmerzensgeld
entrichten, und damit war er
endgültig von seinem Fernsprechfimmel geheilt.

Und wenn man ihn später gelegentlich im
Wirtshaus mit der Frage hochzog, ob er denn
nicht wieder ein Telefon anschaffen wolle, es sei
doch so segensreich, so pflegte er schroff zu erwidern
: Nein, ein Segen sei das gewiß nicht, sondern
eine Erfindung des Bösen wie so manch
andere neumodische Einrichtung, und eigentlich
sollte der Apparat nicht Telefon heißen, sondern
Teufels-Lohn. Richard Nutzinger.

Die Raben / Joh. Peter Hebel.

Zwei gute Freunde, ein Geistlicher und ein
Kaufmann, machten miteinander eine Reise. Der
Kaufmann neckte im Spaß den Geistlichen, und
der Geistliche neckte den Kaufmann. Nicht weit
von dem Hochgericht, als die Raben aufflatterten
und den beiden um die Köpfe flogen, sagte der
Kaufmann: „Da haben wir's! Es ist kein Schick
dabei, wenn man mit einem Geistlichen reist". —
Denn manche Leute glauben sonst, es bedeute
ein Unglück, wenn einem die Raben über den
Kopf fliegen. — Der Geistliche sagte: „Glaubt
doch nicht so einfältige Fabeln, ein Mann, wie
Ihr seid. Ich habe in kurzer Zeit mehrere arme
Sünder zum Tod begleitet. Jetzt meinen die
dummen Tiere, ich bringe wieder einen, und
halten Euch für gute Beute". Der Kaufmann
sagte: „Herr Pfarrer, Ihr seid ein loser Vogel!".


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