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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-06/0012
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Die Markgrafschaft

dann hatten wir auch Badeanzüge. Weiße oder
rote oder „düpfleti". Stoffreich waren sie; an
einer Passe mit Flügelärmelchen war der Hauptteil
aufgereiht angesetzt, die Weite wurde durch
einen Gürtel zusammengehalten. Die Beine
gingen bis unter das Knie, dort wieder in ein
Bündchen gefaßt. Zuerst war es Flanell, der die
Körperform auch im nassen Zustand besser verdeckte
. Aber ein Gewicht hing an einem, wenn
das dicke Zeug vollgesaugt war! Später war es
dann Kattun.

Bildhauer Ernst Rißmann und seine erste Frau
waren ideale Bademeistersleute und wir liebten
sie sehr. Vater Rißmann brachte uns „an der
Stange", an die wir mit einer Art Feuerwehrgurt
lang angeseilt waren, die Grundbegriffe bei.
Später löste ein Korkgürtel dieses Gerät ab, bis
wir uns frei geschwommen hatten. Manche banden
sich statt dessen auch eine große, zugelötete,
leere Blechbüchse auf den Magen, aber schwimmen
lernten wir alle. Ab und zu, wenn wir
„Schulentlassenen" bei Badeschluß noch nicht
genug hatten, bettelten wir der Frau Sophie Rißmann
den Schlüssel ab, damit wir noch ein wenig
dortbleiben konnten. Mit dem Gebot, ihn aber
nach einer halben Stunde bei ihr abzugeben und
keinen Lärm zu machen, damit es niemand merke,
ging sie beruhigt heim. Wir haben sie nie enttäuscht
. Die Sache hörte sowieso auf, als wir
merkten, daß die Buben, an den Bretterwänden
Astlöcher ausgeklaubt hatten und uns badende
Nymphen belauschten.

Dann lag noch unterhalb des alten Badhäuschens
„'s Specke öli". Die Jda ging mit mir zur
Schule, und so kam ich oft auf den Hof, wo wir
soviel Spielraum hatten. Kam der Herbst und
mit ihm die ölzeit, dann war der Hauptanziehungspunkt
„der Ölchueche", von dem mir das
„Müetterle", eine gütige Frau mit schlohweißem
Haar, manchmal ein Stück mit heim gab. Mutter
legte mir ihn daheim zwischen zwei Scheiben
Bauernbrot. Das ganze mußte dann, in sauberes
Papier eingeschlagen, einige Stunden unter ein
Tischbein zwischen zwei Brettchen gelegt werden.
So beschwert, wurde das Brot mit dem austretenden
Nußfett gesättigt und war ein Leckerbissen.

Im ersten Weltkrieg, als uns die Not zwang,
Buchnüsse zu suchen, konnte ich selbst zum Ölen
gehen. Damals konnte man noch nicht die Bucheckern
in den Schalen umtauschen gegen öl. In
vielen Abendstunden saßen die Familien um den
Tisch und kernten mit spitzen Messerchen die
Bucheckern einzeln aus. Ausgebreitet in großen,
flachen Schachteln oder Zainen wurden sie luftgetrocknet
und dann „gewannt". Durch dieses
Wannen lösten sich die feinen, wolligen Härchen
und ballten sich zu kleinen Klümpchen, die man
wegblasen konnte, sonst hätten diese zu viel Öl
aufgesaugt. Mit den so vorbereiteten „Nüßli"
konnte man zur „öle" gehen. Hatte eine Familie;
zu wenig zu einem „Druck", dann tat man sich
halt zusammen. Ein Druck hatte etwa 15 Pfund
so gereinigter Kerne und gab etwa 3 Liter Öl.

Ich ging mit der alten Frau Bachmann, unserer
verdienten, beliebten Hebamme, deren Tochter
ich freundschaftlich verbunden war. Heute noch

sehe ich uns, wie wir mit kleinen Handbesen
immer um die Mahlsteine herum eilten, um die
aus der Reihe springenden Eckern rasch wieder
anzukehren. „De muesch di eweng schicke un nit
so tappig sy", sagte die Erfahrene lächelnd zum
Neuling, und ich machte es richtig. Mit einem
Stolz „wie e Huus" brachte ich meiner Mutter
das klare öl heim.

Unterhalb der „Storchenbrücke" lag am Kanal
„d'Wäschi". In langer Reihe standen oft die
gleichmäßigen hölzernen „Waschstühle", mit zwei
Beinen auf der tiefer liegenden Zementbank aufstehend
, mit dem Ende auf der Kanalsohle
ruhend. Auf der langen, glatten Fläche wurde
die Wäsche gerieben und geklatscht, daß die
Spritzer flogen. Daneben standen die „Züber"
und „Büttene" mit der vorgekochten oder schon
geschwenkten Wäsche. Was wurde doch an dieser
überdachten „Wäschi" gewaschen, geschwatzt,
gelacht und gelästert!

Schon als kleines .Kind zog mich der Bach
mächtig an, und ich trieb mich, trotz Mutters
Verbot, immer wieder dort herum. Hineingefallen
bin ich zwar nur in die Minderkander, wenn icß
dort am Geländer turnte, aber von der Wäschi
kam ich bald jeden Tag patschnaß heim. Erst als
Mutter einmal nicht schalt, sondern mich stillschweigend
auszog, ins Bett steckte und den ganzen
Tag kein Wort mit mir sprach, gelobte ich
unter heißem Schluchzen: „Mamme, i will's
nümmi mache. Schimpf oder hau mi, aber sag
öbbis zue mer!"

Unten an der „Wäschi" lag „'s Brueders Buuch-
huus", ein Vorläufer der heutigen MietWaschküchen
, im jetzigen Wohnhause des Eugen Knoll.
Vielleicht ist die Türe direkt auf den Bach hinaus
noch vorhanden. Ein „Buuchhuus" ist für die
heutige Jugend kaum mehr ein Begriff. Der Name
hat nichts mit Bauch zu tun, sondern mit der
Buche. Dort wurde nur mit Buchenholz geheizt
und diese Buchenasche sorgfältig in großen Behältern
gesammelt.

Die gut vorgewaschene Wäsche wurde in einen
großen, hölzernem Bottich gelegt, ein ganz grobes,
großes Leinentuch, das sogenannte „Äschertuch",
darüber gebreitet, daß der ganze Bottich bedeckt
war, und mit einer dicken Schicht dieser sauberen
Asche bestreut. Nun wurde immerzu kochendes
Wasser darüber gegossen, daß es langsam absickerte
und dabei die Asche auslaugte. Diese
geseihte Brühe fühlte sich ganz glatt und weich
an und löste allen noch vorhandenen Schmutz
auf. Meist über Nacht blieb die Wäsche, unter
einem großen Holzdeckel, in dieser Lauge, um
am frühen Morgen dann in heißes Spülwasser
zu kommen. Ein Kochen erübrigte sich dabei. Ein
letztes Ausschwenken im fließenden Bach, und
weiß und sauber konnten die Stücke ans Seil
kommen. Diese Waschmethode, „buuche" genannt,
wurde von vielen Frauen noch jahrelang beibehalten
, weil sie die Wäsche schonte, wenn sie
auch mühsam war.

Die letzte Station, bevor die Kander „zum
Städtele naus" ging, war „die Schwemme" mit


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