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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-06/0014
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Die Markgraf Schaft

Hebel, us Liebi zue dir liebe mir cTHeimet wie du!

Ansprache beim „Alemannischen Lichtgang" am Hebeldenkmal

Liebi Löörecher Buebe un alli, wo mit em
Hebel möchte jung werde! Do stöhmer wieder an
üsem schöne Denkmal vom Hebel. Un 's isch au
ne schön Denkmal, 's schönst, wo's git. Es zeigt
üs de Hebel as e rechte Maa un as e ganze Maa.
Un 's dunkt mi all, wenni devor stand, as wott's
üs mahne, daß mir au sötte rechti un ganzi Manne
werde.

's git zwor Lüt, wo sage: im Hebel tät uf dem
Denkmal öbbis fehle. Er heig de Laufstecke in
der Hand, de Mantel über em Arm, aber er heig
kei Huet ufern Chopf, wie sich's doch für e Wan-
dersmaa ghört. Wüsset er, ihr Buebe, worum daß
er sii Huet z'Karlisrueh gloo het? Er het gwüßt,
wenn er do uf Löörech chunnt, chennt en e jed
Chind, un do müeßt er so menggmol de Huet
lüpfe un Grüeß Gott sage, daß er weger gar
nümmi noochäm mit Grüeße. Denn e fründliche
Maa isch er all gsi un het gwüßt, was si ghört
zueneme rechte Burscht un eme ganze Maa: daß
er grüeßt. „Me mueß vor fremde Lüte fründli sii
mit Wort un Red un Grueß!" Vergesseft's nit, ihr
Buebe, das ghört dezue. De Hebel sait's üs.

Aber wüsset er au, was er off het do uf dem
Denkmal? Sii Tschobe het er off. Un wüsset er
au, worum? Wenn er do in siinere Heimet, in
siim Wiesetal un bsunders in siim Löörech isch,
wo - n - er acht Johr lang Schuel ghalte het, do

isch's em warm worde ums Herz, do isch em der
Chnopf ufgange, do het er sii Mantel scho müesse
abzieh, wiil em 's Herz wit worden isch in der
Heimetluft. Sii Oberländer Heimet, wie het er
sie doch so gern ghaa! Un lueget, ihr Buebe un
alli ihr liebe Hebelfründ, mer henn sone schöni
Heimet — un mer vergesse's menggmol. Das aber
ghört zuemene rechte Maa, daß er sii Heimet
gern het — un grad üüseri Heimet will üs der
Hebel wieder lieb mache un neu schenke. Vergesset
au das nit!

Ihr wüsset aber gwiß, was der Hebel vorstellt,
's link Bei stellt er vor. Un wüsset er au worum?
Wiil er jedem e Bei stelle will, wo nit grüeße
mag un wo sii Heimet nit gern het. 's dunkt en,
sone Schlurpi verdient's jo gar nit, daß er unter
Alemanne wohnt un in sonere schöne Heimet
deheim isch. Wie sait er zuenüs? „Tue 's Chäppli
lüpfe z'rechter Zit, sust het mer Schimpf un
chunnt nit wit". Un mir wenn's doch wit bringe
im Lebe, gell aber, ihr Buebe. Rechti un ganzi
Manne wemmer gee. Drum sage mer im Sinn vo
üüsem Hebel: „Tue 's Herz wit uf! Nimm d'Hei-
met aa, so gisch emol ne rechte Maa!'4

Un so grüeße mer der lieb Maa, wo-n-üs alli
grüeßt an dem Obe, un tüen em üüser Herz uf
un verspreche-n-em: „Hebel, us Liebi zue dir
liebe mir d'Heimet wie du". R. Nutzinger.

Der Große Ernst

Es scheint fast, als ob unsere Zeit jene ungeschlachten
, urigen Gestalten, wie sie meine
Bubenzeit kannte, ausgelöscht hätte. Da waren
doch Kerle darunter, die mit einem Doppelzentner
spazieren gingen oder einen geladenen Heuwagen
an der „Landwied" anfaßten und wie
spielend auf die Seite stellten. Einer davon ist
sogar einmal mit einer eisernen Egge auf dem
Buckel von Seefelden nach Müllheim gewandert.

Der Ernst war auch so einer. Er war groß
und kräftig gebaut. An seinen langen, muskulösen
Armen waren Hände, die, wenn man ihn von
weitem kommen sah, sich wie kleine Köfferchen
ausmachten. Ich habe mir einmal diese Hände in
der Nähe angesehen und stillschweigend ausgerechnet
, welche Wirkung diese Kranschaufeln
haben mußten, wenn sie in vollem Schwung an
meinen Kopf fliegen sollten. Und zu einem solchen
Schwung fehlte beim Großen Ernst nie viel.
Leicht reizbar, war er schnell dabei zuzuschlagen.
Und wenn er fluchte, dann fluchte er „türkisch".
Andererseits war er aber auch ein Mann mit
festen Grundsätzen.

Der modernen Zeit hatte er grimmige Fehde
geschworen und duldete auf seinem Hof keine
Maschinen. „Uf myne Acker un Matte maiht kei
Maschine, seil weiß i sicher!" konnte er sagen
und hat dies auch sein Leben lang so gehalten.
Verstand es aber jemand, in seine Gunst zu

kommen, so konnte er diesen Riesen um den
Finger wickeln. Stellte sich ihm jemand, den er
gut mochte, zu einem „Dischkurs", so machte er
sich nichts daraus, wie dies einmal im Reckenhag
passierte, mit der vollen Hütte Mist auf dem
Buckel stundenlang zu „lafere". Für's „Uslehne"
— Ausleihen — war der Große Ernst nicht gern
zu haben. Kaufte er sich irgendein Gerät, dann
stellte er sich mit diesem in die Mitte des Hofes
und rief, daß es die Nachbarn hören konnten:
„Ich ha di g'chauft; du heißisch vo jetz a
,Mineli' un nit ,Lehneli'!" Auch diesen Verspruch
hat er treulich gehalten.

Auf Feiertage gab er nicht viel. Wenn aber
eine Holzversteigerung stattfand, war der Große
Ernst meistens dabei und hat dann diese Tage in
seinem Kalender blau angestrichen.

Wie eine knorrige Eiche stand er im Leben.
Fest im Boden der Heimat verwurzelt, ließ er
sich von den Strömungen der Zeit nicht beeinflussen
. Als dann plötzliche Krankheit diese Eiche
brach, da bäumte sie sich mit allen Kräften gegen
den Spruch des Schicksals auf. Aber er hat es
doch noch gelernt, sich zu zähmen. Wer ihn in
den langen Wochen seines Leidens besuchte, fand
einen stillen, insichgekehrten Mann, der sich mit
seinem Los abgefunden hatte und geduldig darauf
wartete, bis seine schweren, schaff igen Hände
für immer ruhen sollten. F. W.


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