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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-06/0017
Die Markgrafschaft

15

Sein Weib, die Vren, war die rechte Ergänzung
für den Hansjörg: hellhaarig und helläugig, schaffig
und lebig, und hatte allezeit ein fröhlich Wort
auf den Lippen. So erwuchs aus beiden eine gute
Mischung gesunder, froher und starker Kinder.
Der Adolf und das Kätterli, der Uerich und der
Wilhelm, das Bäbeli und der Fritzli. Brot und
Arbeit gab der Hof genug für das Häuflein Kinder
. Wenn die starke Hand des Vaters manchmal
etwas zu kräftig erzog, so streichelte
die linde Hand der fröhlichen
Mutter Liebe darüber,
daß kein Schmerz standhielt.
Ihr „Heile, heile Sege, drei Tag
Rege, drei Tag Schnee, 's tuet
mym Chind jetz nümme weh",
ließ alles Weh dahinschwinden
wie Schnee an der Märzensonne.

Die beiden Großen ersetzten
schon Knecht und Magd, die
zwölfjährigen Zwillinge, Uerich
und Wilhelm, hüteten das Vieh,
und das siebenjährige Bäbeli
umsorgte den Fritzli mit großer
Liebe und Zuverlässigkeit.

Sonne und Mond, Regen und
Schnee, Sommer und Winter
regelten die Arbeit der Bauern
von selber. War das karge Feld
bestellt, brachten Hof und Wald
das Ihre.

Wenn der Bauer im Frühjahr
hinter seinem Pflug herging
und mit starker Hand gerade
Furchen in den herbduftenden
Boden brach, konnte er wohl
zu seinem Ältesten, der das
Ochsengespann führte, sagen:
„Siehsch Bueb, so wie dä Pflueg
jetz Wunde in d'Erde ryßt, aß
me der Soome cha säje, so ryßt
au euse Herrgott Wunde in
euser Lebe, aß es für sy Soome
bereit würd. Un so wie der
Bode still haltet, so müen au
mir stillhalte un wachse lo,
was us guetem Soome chunnt.
's Uchrutt aber müen mer selber
usjätte".

Und wenn er an einem leuchtenden Julimorgen
mit dem Adolf in den Matten stand und die
Sensen mit scharfem Schnitt durch das reife Gras
fuhren, konnte er ihn auf die Vergänglichkeit
alles Lebenden und Blühenden hinweisen.

Lag dann das Heu duftend und rösch auf dem
Stock, und stand der Winterroggen golden in den
Ähren, nahm er die größeren Kinder am Sonntag
gerne mit hinaus ins Feld. „Mer wänn go der
Frucht griife", sagte er. Dankbar strich die harte,
schwielige Hand des Vaters über den reifen
Segen, und prüfend lösten seine Finger einige
Körner aus den vollen Ähren. „Er isch zyttig",
sagte er zum Adolf, „morn göhmer dra". Und
dann zu den andern: „Lueget Chinder, esone
Gang am Sunntig durs Roggefeld isch mer wiene
Weg in d'Chille. Wenni e sone chlai Roggechörnli

alueg un denk an all die dusig und aberdusig
Chörnli, woni im Herbst in Bode do ha, wie's
euse Herrgott mit em waiche, warme Schnee
vorem Verfriere ghüetet het, wiener im Früehlig
drin Lebe gweckt het un in Sturm un Rege un
Sunneschii euser Brot riife loßt, so isch my ganz
Denke e Dankgebet. Wie wenig chönne doch mir
Mensche selber derzue due. Säje un ernte; was
d erzwüsche lit, isch alles sy Werk. Drum isch is

Blumenwiese

G. Kayser.

euser Land heilig un euser Brot e Gob vo Ihm.
Vergesset das nie, Chinder. Es haißt in der Bibel:
„Bete und arbeite". So wämmer denn hüte danke,
un morn früeih wämmer eusi Sägese dengele un
in Gotts Namme afange". Das war eine lange
Rede für den wortkargen Mann und darum eindringlich
und unvergeßlich für die Jungen.

Ließen die Feldarbeiten Zeit, kam der Wald an
die Reihe. Herbst und Winter waren seine Hauptzeiten
. Das Kreischen der Baumsägen drang
schneidend durch den Hochwald und zerriß die
Stille. Die scharfen Hiebe der Äxte vollendeten
das Zerstörungswerk, das den Holzfällern Brot
schuf. Wenn sie beim „Znüni" oder „Zobe" auf
einem frischgefällten Stamm saßen und den würzigen
Duft des Holzes in ihre Lungen zogen, kam
manchen das Denken an. Man hatte ja Zeit da-


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