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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-07/0011
Die Markgrafschaft

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Kritik kurz. Sie lautet: „Ist meinem vorigen
helffer Matthao Hartmanno zu verwalten geben
worden, welcher, nachdem er die last des eh-
stands (!) befunden, sich in ein ziemlich still und
christlich leben hat begeben. Manglet an dem
vogt auch, ist ein gar versoffen vögtlin, daraus
leichtlich zu schließen, was die gemeind pflege".
Da er in anderen Gemeinden von Pfarrern, hier
aber von einem Helfer spricht, so scheint Hartmann
ein Hilfsprediger gewesen zu sein, der früher
in Müllheim beim Dekan tätig war und im
Ehestand schlechte Erfahrungen gemacht hat.

Die. Glaubensspaltung führte den 30-jährigen
Krieg herbei. Unser Markgraf Georg Friedrich

war ein strenger Lutheraner und bildete für sein
Land Baden-Durlach ein Heer heran, das schließlich
eine Stärke von 15 000 Mann hatte und das
— um es gleich vorweg zu nehmen — bei Wimpfen
vom kaiserlichen General Tilly völlig geschlagen
wurde.

Die Schrecknisse des 30jährigen Krieges (1618
bis 1648) und der bald darauf folgenden Franzosenkriege
(1672 bis 1704) hat jede Ortschaft gleichermaßen
erlebt, einige gute Ortschroniken berichten
darüber (Müllheim, Neuenburg, Badenweiler
, Britzingen, Obereggenen).

Dr. Scheffelt.

Von den Anfängen des Schulwesens in Müllheim

Es ist kein erfreuliches Bild, welches uns der
Chronist über die Anfänge des Schulwesens in
Müllheim zeichnet. Im Visitationsprotokoll vom
Jahre 1556, schreibt Pfarrer Sievert, berichten die
Ortsvorgesetzten: „Haben nie eine gestiftete
Schule gehabt, dann und wann sei eine da gewesen
, habe aber nie lange bleiben können; bitten
um Einrichtung einer solchen".

Bei der im Jahre 1582 stattgefundenen Visitation
wird berichtet, daß der Lehrer zu bitteren
Klagen Anlaß gebe: „Schulmeister laßt sich den
Wein überkommen, versaumpt die Schul, helt sich
so, daß Ehr in Thurm gelegen, unfleißig. Möcht
leiden, daß er anderstwo were, denn Eltern und
Kinder nit viel Lust zu ihm. — Die Stiege in der
Schul sei nit gemacht, auch das Dach nit gedeckt,
soll von der Gemeinde gemacht werden". Und der
Diakonus gibt dem Schulmeister das Zeugnis:
liederlich. Dann fehlen die Nachrichten über die
Schule, bis im Jahre 1647 Schulmeister Bühler in
den Kirchenbüchern genannt wird.

Daß von 1582 bis 1647 keine Aufzeichnungen
über das Schulwesen vorliegen, darüber gibt uns
Pfarrer Sievert auf andern Blättern seiner Chronik
Aufschluß. Im Dreißigjährigen Krieg, der sich
von 1618 bis 1648 über Deutschland ergoß und
weite Strecken unseres Landes verwüstete und
entvölkerte, wurde auch Müllheim schwer heimgesucht
. Bis zum Jahre 1624 blieb Müllheim zwar
noch von den Schrecken des Krieges verschont,
und es mag bis dahin noch so etwas wie eine
Schule gegeben haben. Nun aber folgte nach der
Schlacht bei Wimpfen, die der badische Markgraf
verlor, Einquartierung auf Einquartierung. Erst
waren es Herbersdorfische Reiter, die bis zu
Lichtmeß 1625 hier lagen, dann von 1626 bis 1627
die Regimenter Reinach und Pappenheim. Nach
diesen kamen die Cortenbachischen Reiter, und
so ging es fort von Jahr zu Jahr. Dazu kamen
hohe Kontributionen, die mit aller Härte eingetrieben
wurden.

1628 war ein Fehljahr, und im Herbst des
gleichen Jahres berichtet der Chronist den Ausbruch
einer Pest, die viele Opfer forderte und die
bis Mai 1630 anhielt. 1631 kamen zu Hunger und
Teuerung wieder Einquartierung der Pappenheimer
, die in Müllheim und Umgebung gar übel

hausten. 1632 setzten die Schweden über den
Rhein und besetzten Neuenburg, Staufen und
Freiburg, um am Neujahrstage 1633 den Kaiserlichen
das Feld wieder überlassen zu müssen. Nun
begann Müllheims schwerste Zeit. Am Ostermontag
, den 26. April 1633 griffen die Kaiserlichen
Schloß Badenweiler vergeblich an, verwüsteten
dafür bei ihrem Rückzug die Orte Niederweiler,
Müllheim und Zunzingen und brannten diese drei
Orte nieder, nachdem sie sie vorher vollständig
ausgeplündert hatten. Bei diesem Brand, den nur
wenige Häuser überstanden, ist anzunehmen, daß
auch die Kirchenbücher, die ja die Aufzeichnungen
über die Schule enthielten, ebenfalls ein
Raub der Flammen wurden.

Wir wollen nun die weitere Geschichte dieses
Krieges übergehen und den Chronisten über die
Zeit nachher berichten lassen.

Es ist wiederum ein sehr düsteres Bild, das
uns Pfarrer Sievert über das Schulwesen in Müllheim
zeigen muß, und es scheint, daß jene Zeitgenossen
dem heillosen Grundsatz huldigten, daß
für Kinder und Lehrer das Geringste und Notdürftigste
gut genug sei; sie sahen in der Schule
ein notwendiges Übel.

Im Jahr 1663 wird berichtet: „Die Schule ist
bis jetzt im Sigristenhäuslein gehalten worden,
nur die Hälfte der Kinder hat notdürftig Platz;
diejenigen, welche wirklich kommen, sitzen so
ineinander gespannet, daß sie sich weder regen
noch bewegen können. Der Schulmeister wird aus
der Diakonatsbesoldung bezahlt. Die Jugend hat
so zugenommen, mehr als selbst vor dem Kriege.
Der Schulmeister muß, um sich durchzubringen,
sein Wollweberhandwerk nebenbei betreiben".

Um dem Leser eine Vorstellung zu geben, wie
armselig ein Schulmeister damaliger Zeit entlohnt
wurde, sei hier mitgeteilt, was dem Lehrer Bühler
als Jahreseinkommen „geordnet" war: Je zwei
Malter Weizen, Roggen und Gerste. Ein Säum
Wein. Geld 3 Pfund 10 Schilling oder 5 Gulden
9 Batzen für die Uhr zu richten. Ein Baum aus
dem Eichwald. Schulgeld von jedem Kind jede
Fronfasten 3 Batzen und ein Scheit Holz, dazu die
Sigristenbesoldung, nämlich in der Ernte von
jedem Bauern eine Garbe Frucht, und um Weihnacht
von jedem Bürger ein Laib Brot, von Hin-


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