http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-07/0016
14
Die Markgrafschaft
Knielingen im „Adler" traf — oder Sie mich —
in der Stille meines prophetischen Geistes an den
Adler gedacht, der auf der Vignette der hallischen
Grammatik so kühn und strebend der Sonne entgegenfleucht
und mich der seligen Ahnung preisgegeben
, daß wir uns in der ,,Sonne" in Schopfheim
wieder finden werden".
Ein zweiter Brief (vom Oktober 1801) beginnt:
„Hier sitze ich, mein lieber Angeliko, die Rückseite
des Gymnasiums und die Dolden seiner
Gartenbäume im Auge, lieblich umduftet vom
Atem der Welschkornstöcke im Garten", der
Schluß aber lautet: „Ich empfehle mich Ihrer lieben
Gattin und danke nochmals für die gute
süße Traubentorte. Gern möchte ich noch ein
Langes und Breites mit Ihnen fabeln".
Die Papierbeschaffung für die „Alemannischen
Gedichte" wird in einem Brief vom November
1802 besprochen.
Einer der schönsten Briefe Hebels ist am Tage
des Lenzbeginns im Jahre 1803 geschrieben:
„O lieber Erzengel, wie tut einem die Frühlingsluft
bei offenem Fenster und einem Tabak-
stänglein zwischen den Zähnen so wohl. Und
wenn ich schon zu dem meinigen hinaus das
Röttier Schloß nicht sehen kann, so sehe ich doch,
seitdem das Beuerther Wäldlein ausgehauen ist,
das Ebersteinburger; und eben setzt sich ein liederlicher
Spatz auf dem Turm linker Hand neben
der schwankenden Haselstaude nieder, wo ich
auch schon gesessen bin und in der reinen Bergluft
gebadet und ins Elsaß geschaut habe; und
läge nicht ein Flor von Morgenduft oder vom
gestrigen — Nachtnebel — vor meinen Augen, so
wollt ich Ihnen wohl sagen, obs ein Spatz oder
eine Spätzin ist. — Aber lieber *möcht ich jetzt
mit Ihnen nach Hausen gehen und Ihnen ob
Fahrnau auf ein Haar das Plätzlein zeigen, wo
der Statthalter stand und dann Ihre Fastenpredigt
in Hausen mit anhören; 's wird bygott sufere
Ärbet sy! — Ich erwarte Ihre versprochenen weitläufigen
Bemerkungen zu den alemannischen Liedern
! Schicken Sie mir doch bei guter Zeit ein
fruchtbares Thema für die Gründonnerstagspredigt
, oder lieber Ihre vorjährige Predigt ganz . . "
„Lieber Erzbote oder Archangelo" nennt er
seinen Freund in einem Brief vom März 1804.
Zum Schluß sendet er Englers „fröhlichem Weiblein
" einen herzlichen Gruß. Ein gereimter Brief
aus dem gleichen Jahr schließt mit den Worten:
„Ich bin bei Sonnenschein und Nebel / Euer redlicher
Freund Hebel!" Am 9. Oktober 1811 hat
Hebel seinen Freund in Kippenheim besucht. Er
schreibt darüber an Gustave Fecht: „Am Mittwoch
früh reiste ich mit Extrapost (von Kappel
bei Freiburg) nach Kippenheim zu Engler und
am Donnerstag in einem Tag nach Karlsruhe".
Ein weiterer Besuch im Jahre 1813 mißglückte.
Das sagt uns ein Brief Hebels vom 11. Mai: „Mein
Bester, es war bei meiner letzten Reise, wo ich
aufwärts mit Gesellschaft, abwärts mit der Aller-
mannskutsche fuhr, nicht mehr möglich, als Sie
auf ein paar Augenblicke zu sehen, zu grüßen und
zu umarmen. Aber Sie loser Strichvogel haben
mir auch das mögliche unmöglich gemacht und
balgen nun noch. O, daß ich Sie hier hätte, um
Sie in das Karzer zu setzen, nicht zur Strafe,
sondern um Sie gewiß zu haben und mich zu
Ihnen einzuschließen, damit kein Apotheker
Kühlenthal uns stören könnte".
Sebastian Engler hat sich auch schriftstellerisch
betätigt. Im Rheinländischen Hausfreund 1807 erschien
von ihm unter dem Titel „Die folgenreiche
Holzkohle" eine Erzählung. Diese stellte ein
Jugenderlebnis Hebels in der Dorfschule zu Hausen
dar. Hebel fand darin freilich sein Verhältnis
zu seinem ehemaligen Lehrer Andreas Grether
unrichtig dargestellt. An die Spitze des Kalenders
für 1818 stellte er den Aufsatz „Eine Gerechtigkeit
", worin er seinen Lehrer verteidigte.
Aus den letzten Lebensjahren Hebels sind
keine Briefe des Dichters an Sebastian Engler
vorhanden. Doch erwähnt Hebel in Briefen an
andere Freunde immer wieder seinen getreuen
Sebastian Engler, den Erzengel.
Der Biersieder von Wehr / Von Jda Preusch- Müller
1. Fortsetzung.
Auf dem Markt herrschte schon ein lebhaftes
Treiben, als sie unten ankamen. Nachdem die
Nachbarn sich für den Nachmittag verabredet
hatten, ging jeder seinen Geschäften nach. Sie
wollten sich in der Biersiederei treffen und von
dort wieder gemeinsam den Heimweg antreten.
Der Berghofer hatte bald einen Liebhaber für
sein schönes Stück Vieh gefunden und war zufrieden
mit dem Erlös. Er konnte nun seine
„Chrömli" einkaufen, und nicht von der schlechtesten
Ware. Er hatte ja Zeit zum anschauen und
aussuchen nach Herzenslust. Beizeiten ging er
dann in die Biersiederei.
Der Biersieder war ein wohlgenährter, witziger
und unterhaltsamer Wirt, der einen guten
Sud im Faß hatte und ein rechtes Maß ausschenkte
. So hatte er einen guten Zulauf und zufriedene
Gäste. Mancher war wunderfitzig und
wollte einmal gern sehen, „wo der Bartli den
Most holte". Gern zeigte der Wirt seine Siederei,
aber immer nur einem Einzelnen. „So chanis am
beste zeige", lachte er, „i ha nit gern, wenn e
paar im Weg umme stöhn".
Als der Berghofer sein Essen bezahlen wollte,
meinte der Wirt: „Loß es numme stecke, Hansjörg
, mer wenn jetz rechne". Und er zahlte ihm
den ausgemachten Preis für die gelieferten Holzkohlen
, so daß sich der Geldgurt ziemlich aufblähte
. Man redete noch dies und das und war
bei gutem Trunk auch guter Laune. Schließlich
fragte der Wirt den Bauern, ob er sich nicht
seinen neuen Braukessel ansehen wolle, er habe
jetzt gerade Zeit. Der Berghofer war gerne bereit
, und so führte ihn der gefällige Biersieder in
sein geliebtes und gelobtes Brauhaus. Er zeigte
ihm alles Alte und Neue gründlich und redete
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-07/0016