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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-07/0018
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Die Markgrafschaft

Die Verkehrsam]

Im Zeichen des Fortschritts und, um einem
dringenden Bedürfnis abzuhelfen, hat man in
der Kreisstadt Lörrach am Brennpunkt ihres
immer stärker pulsierenden Lebens eine Verkehrsampel
angebracht, die selbsttätig vermittelst
eines weißen von rot auf grün rückenden Zeigers
den bisher dort postierten Verkehrspolizisten ersetzen
soll. Mit gemischten Gefühlen und, von
der Parteien Haß und Gunst kritisiert, wurde an
den Stammtischen der Stadt über diese neumodische
Einrichtung debattiert. Spaßvögel nannten
sie gar wegen ihrer verblüffenden Ähnlichkeit
mit den an der Basler Fasnacht herumgeführten
Beleuchtungskörpern die Morgenstreichlaterne
. Und wie gegen jegliche Neuerung
war auch diesmal das Publikum in seiner Mehrheit
gegen dieses Patent, das so kalt und unbestechlich
Stop und Start gebot. Den meisten
schien doch der Verkehrsschutzmann mit seinem
weißen Mantel und ebensolchen Handschuhen ein
lebendigerer und seelenvollerer Regler des Hin
und Her der Straßen gewesen zu sein, zumal da
dieser so ein freundlicher, netter junger Mann
war, der winkend inmitten des tosenden Meeres
wie auf fester Insel stand. Und so ein liebreizendes
Mägdelein aus einem Nachbardorf, das
dann und wann in der Stadt Besorgungen erledigen
mußte, hatte diese Winke des liebenswürdigen
Verkehrsdirigenten auf sich bezogen
und sich regelrecht in ihn verliebt; d. h. diese
Liebe war natürlich einseitig dergestalt, daß nur
„es" für ihn schwärmte, während der strenge
Dienst von dem Polizisten die gesamte Aufmerksamkeit
erforderte, also daß er keine Zeit hatte,
von dem Paar ihn lieblich anlächelnder Backfischaugen
Notiz zu nehmen. Aber als nun eines
Tages unser Mägdelein wieder in die Stadt und
zu dem unumgänglichen Knotenpunkt kam, war
kein Verkehrspolizist als Beherrscher des wogenden
Verkehrs mehr zu sehen. Die Maid schaute
sich bald die Augen aus nach dem weißbehandschuhten
jungen Mann, und endlich entdeckte sie
ihn abseits in einer Ecke — und ein Mitleid stieg
in ihr auf für den so jäh Entthronten. Die Einrichtung
der Verkehrsampel achtete sie nicht und
fuhr unvorschriftsmäßig weiter, da wurde sie
auch schon von einem Personenwagen, der aus
der andern Straßenecke bog, leicht angefahren,
doch zum Glück nur so, daß ihr vom Sturz grün
und rot vor den Augen wurde, sich einen Schienz
im neuen Rock und je eine Beule am Knie und
an der Hand, die eine rot, die andere grün, zuzog
. Und siehe da, jetzt war auch schon der
freundliche Schutzmann mit etwas ernster Miene
zur Stelle und wollte schon ihren Namen als den
einer Verkehrssünderin aufschreiben. Allein das
Mägdlein vermochte seine Unschuld und Unkenntnis
so tapfer und glaubwürdig zu beweisen,
daß der Gestrenge Bleistift und Büchlein wieder
einsteckte und der Naiven die Verkehrsampel
und deren Weisung eindringlich explizierte: „Sie
dürfen mit Ihrem Rad erst durchfahren, wenn
der Zeiger auf grün steht". „Ja, wenn er aber uf
rot stoht?", fragte sie, und ihr Köpfchen wurde

/ Richard Nutzinger

selbst etwas rot dabei. „Dann warten Sie!" „Uf
wer?" „Auf den Zeiger, bis er auf grün steht".
Sie bedankte sich mit einem Lächeln unter Tränen
für die Aufklärung und schwang sich auf
ihr zum Glück noch unbeschädigt gebliebenes
Rad. Langsam und mit einigen Schmerzen fuhr
sie heimzu, indem sie bedauerte, daß sie dem
Angebeteten nicht doch ihren Namen gesagt
hatte, und darüber nachsann, daß es doch in der
Welt verkehrt zugehe, besonders im Verkehr.
Denn wenn der Zeiger des Herzens auf rot stehe,
da fahre man halt zu — und wenn er auf der
Ampel auf rot stehe, müsse man halten. Und als
sie daheim ihren Unfall erzählte, wurde sie von
der Mutter noch recht gescholten: sie sei halt
noch grün hinter den Ohren, und wurde zu Bett
geschickt. Dort träumte es ihr bald von einer
riesengroßen Uhr mit grün und rot und einem
weißen Zeiger, aber der Zeiger wurde immer
größer und größer — und auf einmal stand an
seiner Stelle ein weißer Verkehrsschutzmann da,
der ihr winkte, obwohl alles rot um sie war —
oder vielleicht grad darum? Glückselig wachte sie
auf und faßte einen zwiefachen Entschluß: sie
wolle dem braven Polizisten doch eine Dankkarte
schicken mit ihrem Namen — und — da sie ja
jetzt ein neues Kleid brauche, sollte dies grün
gemustert und mit roten Herzen bestickt sein.

80 Jafyn J\. haeberle

Diesen Monat begeht die Firma A. Haeberle in
Müllheim ihr 80jähriges Geschäftsjubiläum. Aus kleinen
Anfängen entwickelte der Gründer der Firma, Adolf
Haeberle, der im Juli 1871 mit seiner Frau Karoline geb.
Maag und dem drei Jahre alten Sohn Fritz von Sigmaringen
nach Müllheim übersiedelte, in dem ehemals
Thommen'schen Anwesen an der Wilhelmstraße, das damals
noch aus zwei nebeneinanderstehenden Häusern
bestand, das heute in weitem Umkreis bekannte Geschäft
. Dem schon von August Thommen betriebenen
Lebensmittelhandel gliederte der weitsichtige Kaufmann
eine Glaswarenabteilung an. Nach dem Tod des Gründers
übernahm 1897 der Sohn Fritz Haeberle die Führung des
Geschäfts. Mehr und mehr spezialisierte sich nun die
Firma auf Eisenwaren, Hausrat und Porzellan. 1917 wurde
die Lebensmittelbranche aufgegeben und im Jahre 1921
auch der Verkauf von Grobeisen. Seit den 20er Jahren
führt der Sohn des heute 83jährigen Seniorchefs Fritz
Haeberle, Adolf, das Geschäft. Gute Keramik und seine
Spezialität: die bekannten Weinkrüglein aus Stein und
die geschmackvollen, schlichten Gläser dazu, wurden in
den Verkauf einbezogen und bedeuten eine wertvolle
Reklame für das markgräfler Weinland.

Den allgemeinen Glückwünschen zum 80. Geschafts-
jubiläum schließt sich auch „Die Markgrafschaft" an und
wünscht, daß nach sechsjährigem Herumgestoßenwerdens
sowohl Geschäft wie Familie Haeberle in Bälde ihre alten
Räume an der Wilhelmstraße wieder beziehen können
und ihnen noch viele Jahre weiteren Aufstiegs beschieden
sein mögen. —er.

Herausgeber: Hebelbund Lörrach und Müllheim (Baden)
Redaktionskommission des Hebelbundes
Gesamtredaktion: L. Börsig, Müllheim
Verantwortlich für den Lörracher Heimatteil: Max Demmler
Telefon: Lörrach 2900 — Müllheim 358
Manuskriptzusendungen an: Hebelbund Lörrach und Hebelbund Müllheim
Redaktionsschluß jeweils am 1. jeden Monats
Anzeigen-Annahme: F. Wolfsberger, Müllheim, Neue Parkstraße 7
Postscheckkonto 8889 Freiburg i. Br.
Druck: Markgräfler Druckerei, Müllheim (Baden)


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