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Die Markgrafschaft
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des Waldes in allen Einzelheiten bekannt, und
aufmerksame Betrachter seiner Bilder freuen sich
heute und noch später daran.
Seinem Leben gibt im September 1927 ein
harter Schicksalsschlag eine Wende. Der Tod
nahm ihm allzufrüh seine Frau. Um ihren Sarg
standen vier Söhne und ein kleines Mädchen.
Nach den vorangegangenen schweren Jahren, in
denen er oftmals die Härte des Lebens kennenlernte
, traf ihn das besonders schwer. Neben
seiner Mutter, auf dem Friedhofe zu Weil a. Rh.,
läßt er seine Frau begraben und wandert, erfüllt
von Unruhe und Sehnsucht, später einmal wieder
den Tüllinger Berg hinauf, in der stillen Hoffnung
, hier an seinem liebsten Ort ein „zu Hause"
zu finden. Das ist nun schon über 23 Jahre her,
seitdem er sich in seinem kleinen Landhaus sein
Atelier eingerichtet hat. Manches hat sich in dieser
Zeit gewandelt. Glattacker aber, der Maler,
blieb sich selber treu. Ganz allmählich begann für
ihn ein völlig neuer Lebensabschnitt. Er hatte
sich durchgesetzt und bekam einen großen Freundeskreis
, so daß er frei schaffen und gestalten
konnte. Um ihn sorgt sich in seinem Heim seine
Frau, eine von den Stillen im Lande, eine Mark-
gräflerin aus dem Rebland dem Rheine zu.
In der Stube hängen die Bilder seiner Kinder
vom ersten Augenaufschlag in der Wiege, nach
dem Leben gezeichnet, bis zu dem von Sorgen
durchfurchten Gesicht seiner guten alten Mutter.
Sie alle, wie seine Umwelt, sie leben in seinen
Bildern als gute Geister, Waldfeen und Zwerge,
und man steht oft, erfüllt von der Frohnatur des
Malers, mit ihnen froh und beglückt vor einem
Bilde: eben einem echten Glattacker.
In Privathäusern wie in den Weinstuben des
Markgräflerlandes begegnet man seinen Bildern.
Einem bestimmt: seinem Hebel.
Schon im Jahre 1910 schuf er eine eigene
Komposition in Original-Lithographie, und später
kopierte er den größten und reinsten Dichter
alemannischen Landes nach dem Original, das
sich im Besitze der Basler Universität befindet
und von Ivanowitsch nach dem Leben seiner Zeit
geschaffen wurde.
Gleichsam als Immergrün aufrichtiger Verehrung
und Dankbarkeit malte Glattacker dann
im Jahre 1926 zum 100. Todestage Johann Peter
Hebels im Auftrage des Landesvereins Badische
Heimat dessen Bild, umgeben mit den Blumen
und Früchten der Heimat. Das Original ging in
den Privatbesitz von Professor Eugen Fischer,
Berlin, dem damaligen verdienstvollen Vorsitzenden
de§ Landesvereins Badische Heimat, über. So
sind seine Hebelbilder Allgemeingut des Mark-
gräfler Volkes geworden. Sie hängen oft neben
den stillen, abgeklärten Landschaftsbildern eines
unvergeßlichen Künstlers und edlen Menschen
unserer Heimat: Hermann Daur, mit dem sich
Glattacker während vieler Jahre auf dem heimatlichen
Boden traf. Beides Alemannen und Mark-
gräfler, die, jeder in seiner Art, ihre Lebensarbeit
diesem Lande zwischen Wiese und Rhein gewidmet
haben.
Als er vor 18 Jahren in den Räumen der
früheren Handelsschule Lörrach, beim heutigen
neuen Marktplatz, eine umfassende Ausstellung
seiner Skizzen, Lithographien, Illustrationen,
Aquarellen und Ölbildern darbot, konnte er sich
überzeugen, wie sehr sein künstlerisches Schaffen
von allen Schichten der Bevölkerung ungeteilte
Anerkennung fand. Über 200 Originale hatte er
ausgestellt. Tausende kamen als Besucher von der
Nähe und Ferne. Zu ihnen sprach die Innerlichkeit
und Tiefe, der Frohsinn und das Kindlich-
Gemütvolle, der Liebreiz und die Poesie, die den
Bildern des Malers eigen sind.
Auch in seinem Heimatorte Wehr zeigte er in
der zweiten Oktoberhälfte des Jahres 1933 diese
Bilderschau. Die Stadtgemeinde Wehr ehrte ihn
in Anerkennung seiner Verdienste um die deutsche
Kunst mit der höchsten Auszeichnung, die
sie ihrem Heimatsohne zu vergeben hatte, sie
verlieh ihm das Ehrenbürgerrecht.
Durch seine Kunst, die ihn jung und frisch
erhält, ist er auch in mancher frohen Stunde
durch Lied und Lautenspiel seinem Volke in der
Heimat verbunden. Trotzdem er inzwischen
73 Jahre alt geworden ist, schreitet er noch
rüstig und beweglich den steilen Hang am Tüllinger
Berg hinan, den Kopf voller Pläne und
Ideen. Vieles will er noch vollenden. In seinem
Atelier liegen Hunderte von Entwürfen und
Skizzen, die er noch ausführen möchte. Mancher
gute Entwurf mußte im Ringen um das tägliche
Brot zurückgestellt werden, um das zu vollenden,
was ihm das Lebensnotwendige erbringen mußte.
Er ist dabei nie verzagt und hat auch nicht mit
dem Schicksal in früheren Jahren gehadert. Er
ist mit der Unbill des Lebens fertig geworden,
und wenn ihm oftmals nicht alles gefiel, flüchtete
er sich in die schönere und bessere Welt, in die
seiner Kunst. Er ist ein Freund der Natur, der
jeden Grashalm, Blumen und Früchte mit den
Augen des Malers betrachtet, sich des unscheinbarsten
Tierleins erfreut und die kleinen Kinder
zu seinen besonderen Lieblingen zählt. Sie alle
kehren immer wieder in seinen Bildern. Sie sind
uns lieb und vertraut geworden, man möchte sie
nicht missen.
Zu einem Geburtstag, wo er viele Zeichen der
Verehrung und Wertschätzung empfing, schrieb
ihm der Dichter und Maler Hermann Burte, daß
er ihm von Herzen Gesundheit, Glück und Gnade,
diese drei Gaben, vom großen Gott gegeben,
wünsche zu diesem Tag. Und er fährt in dem
Briefe wörtlich fort: ,,Du hast viel gearbeitet und
hast noch vieles vor, es soll Dir gelingen, wie Du
eilst, aber mein Gruß gilt dem lebendigen, ringenden
Menschen, dem guten Kameraden in der
Jugend, dem Vater der Seinen . . .'
Für Adolf Glattacker war es aber wohl das
schönste Erlebnis, als ihm durch den Hebelbund
im festlichen Eröffnungsabend des ,,Schatzkästlein
" zum Hebeltag 1949, am Donnerstag, den
19. Mai, in der überfüllten Lörracher Stadthalle
der erstmals zur Verleihung gelangende ,,Hebeldank
" unter spontanem Beifall der Fest Versammlung
zuerkannt wurde. Damit sollte ihm in aller
Öffentlichkeit der Dank für die Schaffung seiner
Hebelbilder und 'der Illustrationen von Hebels
Werken zuteil werden.
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