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Die Markgrafschaft
dazu. Denn schon seit 1111 besaß St. Peter in-
folge eines Güteraustausches mit den Klöstern
Waldkirch und St. Trudpert einen beträchtlichen
Grundbesitz bei Betberg und Seefelden, der sich
im Lauf der Zeit noch mehrte. Er war 200 Jauchert
groß, davon 50 zum großen Zehnten pflichtig.
Dies Lehngut wurde vom Lehenherrn, dem Klo-,
ster, an einen Lehensträger, den Lehenmeyer, in
Erblehen verpachtet. Wann St. Peter die Propstei
Betberg einrichtete, darüber schweigen die alten
Urkunden. Die erste Erwähnung eines Propstes
von Betberg geschieht urkundlich 1438 im Sinne
wirtschaftlicher Vollmacht dieses „geistlichen
Herrn". Als damit beauftragt erscheint er auch
1456 anläßlich der Ordnung einer „Bruderschaft
in unserer Propstie Bettperg", ohne daß dabei
von geistlichen Funktionen die Rede wäre. Wirtschaftlicher
Sachwalter ist der Propst auch 1533
bei der Vergabung des großen Kirchen-Erblehens,
ähnlich 1578 bei der Vergabung eines Stipendiums
. 1566 erwähnt der Abt den Vorgang von
1533 so, daß damals der Propst für das Kloster
den Zehnten vereinnahmte, und bemerkt dabei*
daß nach einem Klosterurbar von 1420 der Propst
zehntfreie Klostergüter in Betberg selbst baute,
von den zehntpflichtigen aber den Zehnten einnahm
. Wenn der oben erwähnte Pater Benedict
von Tanheim (1400) urkundlich „lütpriester", d. h.
Gemeindepfarrer, genannt wird, so bescheinigt
ihm das Menologium (das ist eine Art Kirchenbuch
, das für jeden Tag im Jahr Hymnen, Gebete
und Legenden oder Kurzbiographien von Heiligen
oder anderen örtlich bedeutsamen Personen enthält
) von 1749, daß er die Petrinischen Heiligen
Güter in Betberg gegen jeden Raubgierigen tapfer
verteidigt und die Seelsorge ausgeübt habe. Vielleicht
wurde er deshalb neuerdings mit Recht als
„Propst" bezeichnet. Dann könnte auch sonst
(regelmäßig oder zuweilen?) der „Pater Propst"
zugleich der Gemeindepfarrer von Betberg gewesen
sein. Freilich haben vor der Reformation dort
die „Zehntscheuer" und die „Pfarrscheuer" nebeneinander
bestanden.
Das hochragende Betberger Pfarrhaus neben
der Kirche trägt über dem Eingang die Jahreszahl
1551 (Baujahr). Damals war es also noch von
dem Priester-Zölibatär und seiner Haushälterin
bewohnt. Der letzte katholische seit 1552 amtierende
Pfarrer, ein Benediktiner von St. Peter, war
Thomas Kaiser, durch Gelehrsamkeit ausgezeichnet
, aber wegen seiner norddeutschen Aussprache
von den Zuhörern schlecht verstanden. Mit dem
Reformationsjahr 1556 kamen dann die evangelischen
Geistlichen, die das Pfarrhaus meist mit
einer großen Kinderschar bevölkerten. Begreiflicherweise
hat es da mancherlei Änderungen bedurft
, bis es wirklich für eine Familie bewohnbar
wurde; war doch z. B. der untere Stock zuvor nur
als Holzschopf , Wasch- und Backhaus und Knechtskammer
gebraucht worden, wofür dann außerhalb
des Hauses gesorgt werden mußte. Dazu
kamen bauliche Mißstände, vermehrt durch willkürliche
Zerstörungen, die die langen, schweren
Kriege mit sich brachten, und auch Schäden, die
bei der hohen Lage des Hauses Wind und Wetter
dem alternden Bau zufügten.
Einen Ausgleich bedeutete wenigstens in friedlichen
, geordneten Jahren, daß der Betberger
Pfarrer ein vergleichsweise gutes Einkommen aus
der von ihm betriebenen Landwirtschaft ziehen
konnte. Auf seinem großen Pfründegut mußte er
sich freilich redlich plagen. Dazu kamen noch
endlose Scherereien, bis er die vielen Zinslein und
Gültlein, die einzutreiben waren, einigermaßen
beisammen hatte. Das hörte erst auf, als im 19.
Jahrhundert der Zehnte abgelöst wurde und eine
neu geregelte Geldwirtschaft eintrat. 1840 hatte
der Betberger Pfarrer eine reine Pfarrkompetenz
von 3058 Gulden, die größte in der Diözese Müllheim
. Zum Vergleich seien die Einkünfte seiner
Kollegen hier angeführt: Auggen 1616, Buggingen
1608, Badenweiler 1506, Laufen 1304, Müllheim
1299, Hügelheim 1285, Tannenkirch 1012, Feldberg
971, Britzingen 918, Obereggenen 918, Sulzburg
772, Niedereggenen 768, Hertingen 751,
Feuerbach 650 Gulden. Heutzutage und schon
lange werden alle Pfarrer nach ihrem Dienstalter
gleich besoldet. — Interessant ist die Kompetenz
von 1785 für die Betberger Stolgebühren: Für
eine Taufe 20 Kreuzer, für eine Hochzeit 3 Gulden
10 Kreuzer, nämlich: Verlöbnisschein 12 Kreuzer,
Ausrufung: die Morgensuppe 1 Gulden 10 Kreuzer
(= 1 Stück Fleisch, 1 Laible Brot, 1 Maß Wein),
das Schnupftuch 48 Kr., die Trauung 1 Gulden!
Das Plateau, auf dem man einst die Kirche zu
Betberg errichtete, ist von starken Stützmauern
gesichert. Der Raum zwischen ihnen und den
Kirchenmauern ist durch Jahrhunderte der Gottesacker
des Kirchspiels gewesen. Die Stützmauer
stand wohl immer am gleichen Platz wie heute.
Doch hat man nach Errichtung der „neuen" Pfarrscheuer
1751 die Einfahrt durch Ausgraben des
Weges vom Hoftor in den untern Pfarrhof entlang
den Reben so viel tiefer legen müssen, daß das
Fundament der Kirchhofmauer z. T. mehrere Fuß
über die neue Bodenfläche zu stehen kam. Außerhalb
des Hoftors wurde es 1832 untermauert,
innerhalb — den Fußweg zum Pfarrhaus entlang
— steht es, durch Strebepfeiler gestützt, heute
noch zu Tage. Bei der Auffüllung des unteren
Hofes mit Erde vom oberen Hof wurde an der
Stützmauer, ja bis unter die Kirchhofmauer hinunter
eine Menge von Totengerippen, auch ungeordnet
übereinander liegende von Erwachsenen
und Kindern gefunden. Das kann auf eine Katastrophe
deuten, die einmal an dem Hügel zu
Füßen des Gotteshauses sich zugetragen hat. —
Unweit davon steht der hohe steinerne Torbogen,
den der unter Abt Benedikt Wülberg (1739—49)
von St. Peter, für die Erhaltung der Betberger
Rechte tatkräftig besorgte Pfarrer Förderer, ein
Bugginger Bauernsohn, im Jahre 1748 ertrotzt
hat. St. Peter bezahlte ihn mit 139 Gulden und
43 Kreuzern.
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