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Die Markgrafschaft
preis. Der von der Regierung bestimmte und von
den Bürgern selbst gewählte Breitenstein wurde
aufgrund des päpstlichen Erlasses vom Pfarrer
entlassen und die Bürgerschaft stimmte zu!
Nun wurde von Seiten des Pfarrers ein gewisser
Joseph Hägele vorgeschlagen. Aber der
Landvogt berichtet, er habe bei der Prüfung
gänzlich versagt. Und nachdem der Bischof die
schriftlichen Prüfungsaufgaben durchgesehen hatte
, kam er zur Erkenntnis, ,,. . . daß derselbe
Vielmehr einen „Schüelern" als den ,,Schulmeistern
" zu vertreten fähig ist... " Es ist kaum
anzunehmen, daß der Pfarrer einen so unfähigen
Kandidaten präsentierte auf eine Stelle, die gut
bezahlt werden konnte. Und Hägele selbst war
es, der mit aller Entschlossenheit dem ganzen
Streit ein Ende bereitete. Er kümmerte sich um
den Einspruch des Bischofs gar nicht, sondern
kam „mit seiner gantzen Equipage, Weib und
Kind" von Staufen nach Schliengen. Als man ihm
dort erklärte, man könne für ihn nichts tun, nahm
er Wohnung im Gasthaus und schrieb an den
Bischof. Als ihm die Antwort zu lange ausblieb,
reiste er nach dem damaligen Sitz des Bischofs,
nach Pruntrut. Dort gelang es ihm, beim Bischof
eine bessere Meinung von seinen Kenntnissen
und Fähigkeiten hervorzurufen. Er wurde nochmals
geprüft und dann in Schliengen angestellt.
Weil aber das Schulamt mit dem Sigristenamt
nicht vereinigt wurde, ging er schon nach einem
Jahre wieder fort.
1755 hatte der Streit begonnen. Nach 6 Jahren
war noch keine Einigkeit. Auf der einen Seite
stand der Bischof und sein Landvogt, auf der
andern Seite die Heitersheimer Herren und der
Pfarrer. Die Leidtragenden waren die Lehrer und
die Kinder. Ein Bericht der Landvogtei von 1786
stellt fest: ,,. .. allein seynd die Eltern in dißer
gemeind so schlecht gesinnet, daß sie ihren Kinder
nuzen nit betrachten und nit in die schuehl
schikhen, und zwar also, daß ich alle monat diese
zur Straf ziehen müssen und dadurch einen Haß
von diesen liederlichen Elteren gegen den Provisor
merket, daß sie, die Elteren und zwar viele
sich verlauten lassen, dem besagten Provisor auff-
zubassen und ihn abschmieren werden ..." Ob es
in der nächsten Zeit besser wurde, wissen die
Akten nicht zu berichten. a. Eisele.
Bellevue / Von Karl Heinrich von Neubronner
Im Bodensee spiegelt sich ein Schlößchen von
einem kleinen Berg herab. An einem Winterabend
, als uns niemand belauschen konnte, hat
mir der See das Geheimnis des weißen Schlößchens
ausgeplaudert, und wir einigten uns, es aus
Diskretion Bellevue zu nennen.
Einmal war über See und Gestade festlicher
Ball. Der blanke Himmel war der Tanzboden für
den Frühlingswind und viele zarte weiße Wolken.
Er war ein lieber, hübscher Kerl, versteht sich,
aber grenzenlos leichtsinnig, der immer toller und
schneller pfiff, jauchzte und tanzte. Am besten
gefiel ihm eine höchst anmutige, wirklich entzückende
Wolke. Bald widmete er sich nur noch
ihr und hatte kein Auge mehr für die übrigen
Tänzerinnen, von denen sogar eine ein bißchen
vor Kummer weinte. Ihre Tränen tropften zur
Erde und in die Fischerboote auf dem See, und
die Leute konnten sich nicht genug darüber wundern
, daß es mit einemmal vom blausten Himmel
herab regnete. Der Frühlingswind blies ihr aber
bald im Vorübertanzen die Tränen aus den Lidern
und sang eine reizende Melodie, die er eigens für
die hübscheste aller Wolken erdacht hatte. Er war
sterblich in sie verliebt, und sie wiederum war
trunken von Stolz und Seligkeit. Die Sonne vergoldete
den Saum ihres weitgebauschten Reifrockes
und lachte gutherzig, als das leichtfüßige
Paar rund um sie und den Himmel auf und ab
tanzte, bis in den kühlen Abend.
Schließlich ermüdete die kleine Wolke und kam
außer Atem. Als sie gerade in Ufernähe über dem
See schwebte, löste sie ihre Arme vom Hals des
geliebten Tänzers, flog noch ein wenig landeinwärts
und sank graziös seufzend und ermattet auf
eine Bergkuppe, wie in einen bequemen Sessel.
Der ungestüme Wind wollte nicht warten, bis sie
wieder Laune zum weitertoben hatte, fauchte
neckend in die Seewellen, stieg lachend wieder
auf, suchte sich ein neues, quickes Liebchen und
tollte in die schwarzschattende Nacht. Schnell
war die vereinsamte Wolkentänzerin vergessen,
sie aber, die Liebliche, schlief bald ein.
Als sie erschrocken erwachte und sich weinend
nach dem Himmel sehnte, ließ sie der Berg nicht
mehr los, denn er hatte sie mit heftiger Gewalt
lieb gewonnen und begehrte sie zu seiner Frau.
Damit sie der Wind nie wieder entführen konnte,
bat er einen tief in ihm wohnenden Zauberer, die
Wolke in Steine, Fenster, Farben und Bildwerke
zu verwandeln. Da schuf er aus ihr Schloß Bellevue
—. Die Wolke hat es gut bei ihrem Freier
und genießt auch ihre jetzige Schönheit; dennoch
hören kluge Ohren zuweilen ein Seufzen, dann,
wenn der Frühlingswind um das Schlößchen zu
tanzen beginnt.
ßaknöcrfprüd)e
Wenn über die Gegenwart gesprochen wird, vergessen
wir oft, daß sie eine logische Folge der Vergangenheit ist.
Soll also die Zukunft besser werden, soll sie mehr
Liebe und Frieden, mehr Wahrheit und Gerechtigkeit
enthalten, so müßten wir schon jetzt in der lebenden
Gegenwart den Grund dazu legen. E. P.
Kunst ist kein Spiegelbild des Zeitlichen,
sondern ein Spiegelbild des Ewigen im Zeitlichen.
E. P.
Weisheit, die nicht aus dem Urquell des Göttlichen
fließt, und zur Demut führt, ist keine echte Weisheit,
die andere ist meistens nur äußerliche Vielwisserei und
führt zur Überheblichkeit und Arroganz. E. P.
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