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Die Markgrafschaft

13

Der Biersieder von Wehr / Von Jda Preusch-Müller

2. Fortsetzung.

Ab und zu trat die Mutter an das Fenster und
hob die gefalteten Hände gegen die Scheiben, um
die schmerzende Stirne darauf zu legen. Das
Denken war doch heute so schwer, so schwer.

Die Stunden schlichen dahin, als graute ihnen,
in der Tiefe der schwarzen Nacht zu versinken.
Die brennenden Kienspäne warfen zuk-
kende Lichter über die Wände, und die
alte Schwarzwälderuhr holte mit langsamen
Schlägen die zehnte Stunde aus
der Stille. Da riß der Sturm die schweren
Wolken auseinander, und hinter
den Höhen des toten Mooses ging groß
und rot der Mond auf über dem Rand
der schwarzen Wälder. Langsam stieg
die leuchtende Scheibe höher und wurde
kleiner und heller, bis ihr silberner
Schein die dunklen Täler und Matten
überhellte. Ein Hoffnungsschimmer
zuckte durch das Herz der gequälten
Frau. Ihr Gesicht glättete sich. Sollte
das ein gutes Zeichen sein? Ihre müden
Augen irrten über das Feld, und in
jedem Schatten, den die vereinzelten
Bäume warfen, glaubte sie den Bauern
kommen zu sehen. Wo mochte er sein?
Was hatte ihn zurückgehalten? Lebte
er noch? So oft schon war er diesen
Weg gegangen und immer gesund
heimgekehrt. Und diesmal?

Mitternacht war längst vorbei, und
der Mond neigte sich zum Abstieg.
Langsam, unerträglich langsam wich
die schwere Nacht einem schweren
Morgen. Das Mädchen schrak aus seinem
unruhigen Schlummer auf und
blickte verstört um sich. „Mueder?",
klang es fragend. Aufschluchzend schlug
es die Hände vor's Gesicht. Die Mutter
nahm ihr weinendes Kind in die Arme.
„Chumm, hül di us", sagte sie, „derno
wird's besser". Der Adolf trat hinzu
und legte seinen Arm um der Mutter
Schulter. Ihre brennenden Augen blickten
ihn an, und ihr müder Kopf sank einen
Augenblick an seine Brust. ,,Mueder' ich suech
en", sagte er. Wie glich er doch dem Vater!

Aus dem Stall kam das Brüllen des Viehs und
mahnte die Menschen an ihre Pflicht. Der Bauer
hat keine Zeit, seinem Schmerz nachzuhängen.
Mit fester Stimme sprach die Frau: ,,Clünder,
chömmet an d'Arbet, die hilft aim am beste über
der Schmerz eweg". Und sie ging den andern
voran an ihr Tagwerk.

Während der Adolf das Vieh fütterte, saß das
Kätterli auf dem Melkschemel und ließ die schäumende
Milch in den sauberen hölzernen Kübel
rinnen. Die Bäuerin kochte die Morgensuppe, und
dann setzten sie sich nach ihrem Morgengebet
miteinander zu Tisch. ,,Ihr müent esse, ihr bru-

chet eui Chraft hüt, bsunders du, Adolf". Stillschweigend
und zögernd aßen sie und dankten
dann.

Es war inzwischen hell geworden. Nebel stiegen
aus dem Wehratal, wogten hin und her und
wurden dünner und lichter. Da und dort schaute

Im Schwarzwald

Erwin Pfefferle

ein Fleckchen blauen Himmels hervor, und hell
stieg die Herbstsonne über die Berge.

Der junge Bauer erhob sich schwerfällig und
ging nach seiner Kammer, um sich fertig zu machen
. Rasch war er so weit und trat zur Mutter.
„I gang jetz". „E Gotts Name", sagte die Bäuerin.
Mit festem Druck legten sich ihre Hände ineinander
. Tapfer schritt der Bursche aus. Als er zum
Kreuzweg kam, der die verschiedenen Höfe miteinander
verband, warteten schon zwei Männer
auf ihn. Es war der Geisschnyder und der Sohn
des Metzger-Gottlieb. „Mir göhn mit". Mit weiten
Schritten überquerten sie das Feld bis zum
Waldrand. Da begann das Suchen. Nach allen
Seiten, hinter jedem Gebüsch, in jedem Graben,
hangauf, hangab, wurde gesucht. Die Rufe des
Sohnes hallten durch die Stille des Waldes; aber


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