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Die Markgrafschaft
dem, was wir mit dem Lebensbewußtsein meinten
. „Wenn man heute eine gute Stunde hat",
sagte er in den schönen Sommermorgen, „daß
man sie mit Augen und Ohren, Vernunft und
allen Sinnen gleichsam in das Gemüt hineintrinkt
, und nicht daran denkt, daß es gestern
schlimmer war, oder auch besser, und ob es morgen
besser sein werde, oder auch schlimmer".
Dann ist man fröhlich und des Lebens eingedenk.
L.B.
Hebel kutschiert durch die Markgräfler Weinberge
Vier Jahre nach Hebel starb in Emmendingen,
wo er seine Ruhestands] ahre verlebt hatte, der
aus Denzlingen gebürtige Dekan Christoph
Adam Wagner. Er zählte zum Kreis der
Oberländer Hebelfreunde. 1789 war er als Dekan
nach Lörrach berufen worden, zu einer Zeit, wo
Hebel dort am Gymnasium wirkte. Von 1799 bis
Zu Hebels 125. Todestag
Er isdh in dPfalz zuer Prüefig abe,
der Herr Prälat,
si hen en z Sdhwetzinge vergrabe —
Meinsdb nit, 's sig sthad',
daß er in sellem fremde Bode
sii Ruejhplatz het?
Nei, er cfhört cfwiß nit zue de Tote-,
Er, der Poet,
lit nümmi in dem Sand dort niede,
in Tod un Naä)tf
er suedbt im Heimatland sii Friede,
er lebt un wa&tt-,
un denksdh an ihn, se lueg durufe
in Sterner'dum,
un loos ins Vold), se börsä) en sdvnuufe. —
Er isd) deheim.
Ridbard Nutzinger
1814 amtierte er als Pfarrherr in dem Weindorf
Laufen, dann siedelte er nach Emmendingen über.
Eine Reihe gereimter Briefe Hebels an Wagner
sind uns erhalten. Im Jahre 1801, vor 150
Jahren, hat der Dichter den um 18 Jahre älteren
„Herrn Special", wie man damals die Dekane
nannte, besucht. Über diesen Besuch hat Hebel
an Gustave Fecht in anmutigster Weise berichtet.
Er schreibt u. a.: „Von Hügelheim ging ich nach
Laufen und blieb dort Übernacht. Viel war dort
von Weil und Lörrach gesprochen, und denken
Sie sich nur, den freundschaftlichen Special. Zum
großen Staunen aller, die sein eigenes Tun und
Wesen kennen, verließ er die Trauben im Weinberg
und den Most auf der Kelter und das Kühlei
und das Hättelein und das Kätzlein und führte
mich mit seinem eigenen Rößlein nach Badenweiler
und Hügelheim zurück und blieb bei uns
über Mittag, ob er gleich bisher mit Schmidt (wo
Hebel zu Gast war) in Spannung lebte. Aber das
Fuhrwerk hätten Sie sehen sollen. Herr Special
kutschierte selbst, wenn wir nicht
beide mit dem Roß selbdritt zu Fuß gingen, Rebberg
auf und ab, durch dick und dünn, durch
Löcher und über Höcker, Hohlgaß ein und aus.
Meine arme Seele hatt' ich Gott befohlen. Aber
zur Steuer der Wahrheit, ich war sicheren Händen
anvertraut, denn über die Brücken und wo
es gefährlich -schien, gingen wir zu Fuß! Den
folgenden Tag wartete Herr Special schon wieder
in Seefelden an der Straße, um mich nach Emmendingen
zu führen. Wir fuhren durch die March
und aßen in Tiengen, wo wir Amtmann Mejer
(seit 1800 Amtmann in Müllheim), seine Frau,
mehrere Müllheimer und Karlsruher von Mahlberg
her antrafen, und Hofrat Roths leere Chaise.
(Roth war seit 1787 mit dem Titel Hof rat Landschreiber
in Emmendingen.) Ich fuhr nun in dieser
allein nach Obernimburg, wo ich Sander und
Haupt krank antraf (Haupt war seit 1800 geistlicher
Verwalter in Nimburg) und Herr Special
nach Ihringen. Am Donnerstag trafen wir uns
wieder in Emmendingen im Amthaus beim Mittagessen
.. . "
Wagner hatte eine Pfarrei inne, wie sie Hebel
sich immer als Ideal vorstellte.
War es kein Idyll, wie der „Herr Special"
und der Verfasser der „Alemannischen Gedichte"
durchs herbstliche Oberland kutschierten! Daß
Hebel den Laufener schätzte, bezeugt der Schluß
eines Briefes, den er im Sommer 1804 seinem
Oberländer Freund nach Laufen schrieb:
Nun dächt ich, Herr Bischof, Hochwürden und Gnaden,
Sie täten ein Schiff guten Laufener laden,
Ließen zur Vorsorg den Weinberg noch lesen,
Den Most in geräumigen Fässern verjäsen.
Ein freudiger Herbst sei Ihnen beschert:
So ist mir der Wunsch meines Herzens gewährt.
Emil Baader
ßaknderfprud)
Modern sind nicht diejenigen, die es sein wollen,
sondern die, die es sein müssen. Die Ersteren folgen stets
nur einer Mode, während die Letzteren, die wirklich
Modernen, ihrer Zeit vorauseilen, wobei sie dann meistens
von den sogenannten Berufenen noch bekämpft
werden. E. P.
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