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Die Markgrafschaft
Drei H
Villingen
Der Hebelbund folgte in den letzten Wochen
den Einladungen zu verschiedenen Heimattagen in
der südbadischen Heimat. Mit besonderer Freude
fuhr die Trachtengruppe des Hebelbundes, die
Lörracher Vrenele, am Morgen des Johannistages
über den Feldberg, an den Ufern des Titisees vorbei
über Neustadt, Donaueschingen nach Villingen
. Die schöne alte Stadt hat allen Teilnehmern
mit ihren Wällen, Gräben und Toren einen nachhaltigen
Eindruck hinterlassen. Der Trachtentag,
verbunden mit einem Miliztreffen, war von den
Organisatoren in Villingen in ausgezeichneter
Weise vorbereitet worden. Man spürte als aufmerksamer
Besucher unwillkürlich die Energie
und die Tatkraft mit dem Ziel, es den Gästen so
angenehm wie möglich zu machen. Erfreulich war
die große Beteiligung der Trachtengruppen von
nah und fern. Hier spürte man Villingens zentrale
Lage; mitten im Hochschwarzwald gelegen, von
allen Seiten gut erreichbar, ward es an diesem
Tage wirklich zum Mittelpunkt aller Heimatvereine
. Schon am Vormittag begegnete der Aufzug
der Milizen auf dem Münsterplatz allgemeinem
Interesse. Den Höhepunkt bildete jedoch
auch in Villingen der Festzug, der einer Sinfonie
von Farben glich. Mitunter schien es, als ergieße
sich ein Füllhorn durch den großen gewölbten
Torbogen. Leuchtend, in allen Farben schillernd,
rauschte die Seide und je nach ihrem Alter glänzten
in der Mittagssonne die fein gearbeiteten
Villinger Goldhauben. In schweren Schritten
kamen die Bergbauern des Hochschwarzwaldes
daher, leuchtend rot ihre Westen und samtig
schwer ihre Röcke. Leicht beschwingt und fast
tänzerisch freuten sich Franzosen aus Südfrankreich
, den Beifall der vielen Zuschauer zu beiden
Seiten der Festzugsstraßen entgegenzunehmen
und ernst und gemessen schritten die schönen
Gestalten aus Österreich, vom Vorarlberg und
dem See. Wer die Verschiedenheit der Trachten
im badischen Volke sehen wollte, dem gab Villingen
die beste Möglichkeit dazu.
Das Abzeichen des Tages, lediglich ein einseitig
bedrucktes Kartonschildchen, ließ in seiner
allzu schlichten Bescheidenheit zuvor nicht ahnen,
in welcher Größe und Schönheit sich der Villinger
Heimattag gestalten würde. Man sollte auch in
diesem Falle auf eine besondere und originelle
Form bedacht sein. Daß das Villinger Fest sicherlich
mit großen Aufwendungen verbunden war,
brauchte einem Erfahrenen nicht näher auseinandergesetzt
zu werden. Immerhin sollte man bestrebt
sein, den Preis für eine Plakette, sofern sie
selbst nicht den Anspruch auf eine eigene Note
erheben kann, in den heutigen wirtschaftlichen
Zeiten noch unter 1.— DM anzusetzen.
Radolfzell
Der Bund für Heimat- und Volksleben organisierte
mit der Radolfzeller Trachtengruppe den
Heimattag in dieser schönen Stadt am See. Es
mag sein, daß durch die Vielzahl der Veranstaltungen
während dieses Sommers die Teilnahme
manage
etwas gelitten hat. Jedenfalls spürte man, daß
am See selbst die Veranstaltung nicht das Echo
fand, das ihr eigentlich hätte zukommen müssen
und das bei der günstigen Verkehrslage der festgebenden
Stadt möglich gewesen wäre.
Die Trachtengruppe der Lörracher Vrenele
vom Hebelbund erlebte jedoch am See einzigartige
Eindrücke dadurch, daß ein ausgesprochenes
Festwetter dieser Veranstaltung beschieden
war. Oft standen Festbesucher mit heller Bewunderung
vor der kleidsamen Tracht unserer Vrenele
, sprachen sie an, woher sie kämen und meinten
, so eine schöne Tracht hätten sie überhaupt
noch nicht gesehen. Immer wieder mußten sich
die Lörracher Vrenele den Photographen stellen
und auch im Umzüge selbst waren sie Gegenstand
herzlicher Begrüßungen. Beim Vorbeiziehen des
Festzuges sah man gewiß sehr schöne Trachten
von nah und fern, aber es fehlten die Musikkapellen
. Zu dem frohen Leben und Treiben eines
Trachtenzuges gehört nun einmal der flotte,
schmissige Rhythmus des klingenden Spiels, sonst
wirkt ein Festzug monoton und ohne Schwung.
Vorbildlich war die Arbeit des Verkehrsamtes
der Stadt Radolfzell, das die ankommenden Trachtengruppen
von dem Bahnsteig empfangen und
ihnen im Büro, gegenüber dem schönen alten
Münster, Programm, Plaketten und anderes überreichen
ließ.
Der Festgotesdienst im Münster wurde außerdem
durch die hervorragende Festpredigt des
Münsterpfarrers Zuber für die Teilnehmer zu
einem nachhaltigen Erlebnis.
Die Strahlen der niedergehenden Sonne spiegelten
sich über den Wassern, als die Lörracher
Vreneli der gastgebenden Stadt ihren Dank im
Abschiedslied am Bahnhof abstatteten. Es war ein
Grüßen und Winken von Bahnsteig zu Bahnsteig,
wo die Trachtengruppen nach allen Richtungen
wieder heimwärts fuhren, währenddessen in der
Feststadt selbst noch lange das frohe Leben und
Treiben weiterging.
Bernau
In der Reihe der Heimattage verdient der
Hans-Thoma-Tag in Bernau im Hochschwarzwald
eine besondere Würdigung. Über diesem weit
offenen Tale liegt der ganze Zauber und die
Schönheit des Schwarzwaldes. Mächtige Haufenwolken
am Himmel treiben oft nordwärts, während
das satte Grün der waldigen Tannenhöhen
mit den steil abfallenden Hängen und breit gelagerten
Matten kontrastiert. Wohl geborgen in
diesen Frieden des Tales weiten sich die silberblanken
Schindeldächer der schönen alten Bernauer
Bauernhäuser. In einem von ihnen wurde
der unvergeßliche Meister Hans Thoma geboren.
Allein schon die Festlegung des Hans-Thoma-
Tages auf den Festtag Mariä Himmelfahrt, am
15. August, ist gut gewählt. Der Tag liegt in des
Hochsommers Mitte, wo der Schwarzwald seine
ganze Schönheit offenbart.
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