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Die Markgrafschaft
Wii meh. I bi so müed, daß i nit emol meh cha
trinke". — „No trink i en halt ellei", sait der
Jakob. No simmer heim. Uf em Hof begegnet is
d'Meisterne: „So, sin er do?" — „Jo, sait der
Jakob un het glacht, numme so, mit den Auge,
wüsset er; er het kei Gsicht derzue verzöge un
het numme sy graue Schnauz e weng zwirblet,
„aber i ha ne Chlepper". (Er het aber kein
gha!) — „He, was Ihr nit saget!", het sich d'Büüri
vergrüüst. — „Jä, i cha aber nüt derfür", sait
der Jakob un dütet uf mi, „dä isch schuld. Dä
sufft jo nüt, no ha-n-i halt müeße alle Wii ellei
trinke". —
Wii er halt efange gar übelzytig gloffen isch,
het em öbber groote, er soll sich Iilage chaufen
in d'Schueh. Das het er gmacht. Aber die Iilage
hän en druckt. No het er's wieder druus gno.
Wo mer Gerste gmaiht hän am Judegalge, blybt
er by mer stoh un sait: „Du, die Iilage sin doch
guet. I ha s' jetz scho der ganz Morgen im Sack
un cha ganz guet laufe dermit". —
So isch der Jakob gsi. Me het en müeße gern
ha. Im Ehmdet hämmer zuem letztemol gmaiht
mitenander uf der Badermatt, 's hätt gwiß
kein von is denkt, daß es 's letzmol chönnt sii.
„O Jakob", sag i bym Znüni-neh, „der Teufel
het's gseh, i ha halt wieder 's Mageweh". — „Do
bini doch no besser dra", sait der Jakob, „my
Magen isch no guet, d'Lungen isch guet, 's Herz
isch guet; nume die chaibe Chnoche wänn nümmi
recht".
Bai druf, am e Frytig, isch er früeih furt go
Holz mache. Do isch em sy Nochbere begegnet.
Sie isch nit viel jünger gsi as er. „Nochbere",
sait er, „am Sunntig göhn mer mitenander ans
Fest. I loß mi aber vorher rasiere; er bruuchet
kei Angst ha vor myne Stupfle". — Er isch nit
an 's Fest gange, der Jakob, aber uf der Gottsacker
isch er gfahre worde. Wo-n-er viellicht e
halb Stund gschafft gha het, isch er still um-
gsunken un isch gstorbe.
Er het e schöne Tod gha, seil isch wohr; aber
d'Lüt hän's gar nit chönne begryffe, daß ene der
Jakob nümmi sott helfe chönne, un in alle Hüüser
hän si truurt um en. Der Muurer isch grad bym
Mittagesse gsi, wo-n-er/ der Tod vom Jakob erfahre
het. Do het er d'Gablen eweg gleit un het
gsait: „Jetz hani niemes meh!" Do isch sy Frau
fast bös worde un het gsait: „He, i denk, de
hesch doch no mi!" — „Jä di", sait der Muurer,
„chasch du mer villicht handlangere?" Un 's Esse
het em nümmi gschmeckt.
Am Sunntig isch der Jakob beerdigt worde,
un i glaub, er isch ganz z'friede gsi, daß d'Lüt
wegen ihm kei Arbet versuumt hän. Er hät aber
au am e Wechtig e großi Liicht gha. Us jedem
Huus isch öbber dra gange. Me hätt chönne meine,
der Burgimeister sei gstorbe oder doch e Gmei-
root. Un am Grab het der Pfarrer kei Liichered
ghalte. Er het numme tröstlichi Wort us der Bibel
vorglese über Tod und Auferstehung und ewiges
Leben. So heig's der Jakob welle ha, het er gsait.
Do het mer der Jakob in syner Eifachheit und
Bescheideheit au im Tod no Respekt abgnötiget
wie vorher im Lebe.
Un wenn i emol mit em zämme chumm dort
obe, no sitze mer in Schatte an e Rai un luegen
uf d'Erden abe, wie si dort maihe. No wird der
Jakob abedüte un wird mi alache mit syne gueten
Auge un wird sage: „Lueg, seile dort cha's au
nit besser as du; seil isch au so ne Manschette-
buur". — Un no trinke mer eis mitenander.
E. J. P.
Der Schmied ~ Chrischte
Er war weder ein Säufer noch ein Faulenzer,
weder ein Dieb noch ein Eulenspiegel, dieser
Schmied-Chrischte, der nun schon lange tot ist
und von dem man in dem kleinen Schwarzwaldtal
noch viele Geschichten erzählt. Sie alle sind
lustig. Denn der Schmied-Chrischte hatte von
jedem der obigen Berufe etwas gelernt und ausgeübt
neben seinem bürgerlichen, was derjenige
des alten Schmiedehandwerkers war. Man stelle
sich nun aber durchaus keinen rußigen und bärtigen
Gesellen vor, der die Morgensonne mit lustigem
Kling-Klang begrüßt und den Abendstern
mit einem kräftigen letzten Hammerschlag willkommen
heißt. Unser Schmied-Chrischte hatte
ein manierliches Aussehen, er trug seinen guten
Rock auch am heiligen Werktag spazieren und
pensionieren ließ er sich bereits als gut erhaltener
Fünfziger. Daß er trotz seiner geringen Schaffenswut
und trotz der „gepfetzten" Viertele im
Bären und im Hirschen, in der Sonne und im
Löwen keineswegs als armer Mann auf Kosten
der Gemeinde beerdigt wurde, ist sein Geheimnis
. Gewiß, soviel ist bekannt, daß er den Pfennig
, den er zu viel aus Versehen herausbekam,
nicht mehr zurückgab und daß er da und dort
auch einen Batzen mehr verlangte, als ihm zustand
, ist auch bekannt. Schließlich mag auch noch
eines als ein Teil des Rätsels Lösung gelten: daß
er nämlich, wie jetzt die Spatzen und andere
Himmelsvögel in der Erntezeit, auch da und dort
miternten tat, wo er nicht gesät hatte. Zwar fuhr
er nicht hinaus, um des Nachbarn geladenen
Erntewagen in die eigene Scheuer zu fahren, aber
auf eine Garbe kam es ihm nicht gerade an. Man
wußte das und bestrafte ihn doch nicht. Nur hie
und da erhielt er die Quittung auf eine andere
Weise, die dem Geschädigten mehr Spaß machte
als der Gegenwert in harter Währung.
Da kam der Schmied-Chrischte an einem schönen
Ostermontag vor dem Mittagessen auf den
Bühlberg, um beim Bühlbauer eine Rechnung
— sie war gesalzen selbstverständlich — zu kassieren
. Fröhlich über den schönen Gottestag, über
das zu erwartende Vesper mit Speck und Chriese-
wasser und über das schöne Geldstück, das er
vom Bühlbauer erwartete, schritt er den Hofweg
hinauf. Seine flinken Äuglein sahen mit Wohlgefallen
den Reichtum des Hofes im Großen und
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