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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-10/0010
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Die Markgrafschaft

Auf den großen Deutschen Kunstausstellungen
in Berlin, München und Karlsruhe hat sich
der Maler mit Erfolg beteiligt.

Das Leben brandete in hohen Wogen an seinen
Felsen, trug ihn auch wohl von der Arbeit
fort in selige Gefilde, warf ihn dann wieder auf
die Sandbänke des Unverstands — hinauf, hinab,
aber immer wieder hinan auf die Gipfel der
Kunst und hinein in die Arbeit, durch welche
allein jede Schicksalsprüfung erträglich wird.

Im zweiten Weltkrieg wurde er, infolge anonymer
Anzeigen, zu einer aktiven Truppe nach
Lahr eingezogen, mußte zuerst den ganzen
Schliff mitmachen, fand aber dann einen kunstverständigen
Vorgesetzten, der den Sechsundfünf
zig j ährigen einem Offiziersgefangenenlager
zur Postüberwachung überweisen ließ. Dort
konnte er Landschaften malen, den gefangenen
Amerikanern und Engländern Malunterricht
geben, woran sich manch einer der damaligen
Gegner heute noch dankbar erinnert. In den letzten
Kriegstagen wurde er doch noch bei den
Kämpfen um Landshut eingesetzt. Sein Truppe,
von feindlichen Panzern umringt, mußte sich
ergeben. Nun begann die harte Kriegsgefangenschaft
; wem wäre alles, was die Männer damals
gelitten, nicht noch ganz gegenwärtig? Im Herbst
1945 wurde der Maler entlassen, und marschierte
zu Fuß den weiten Weg vom Bayernland nach
Karlsruhe. Dort stand er vor ausgebrannten
Ruinen; seine Bilder und Skizzen, Kleider,
Wäsche, Inventar, alles war verloren. Wer gab
ihm ein Hemd, wer ein paar Socken, wo fanden
sich Schuhe für seine wundgelaufenen Füße? Wie
Karl Wolfsberger es fertig brachte, in dieser
seelischen und leiblichen Abgerissenheit noch
einmal drei Wochen von Karlsruhe nach Müllheim
zu wandern, bis er das Dach seiner Mutter
erreichte, bleibt ihm selbst heute noch unverständlich
: es eilten wohl all seine Engel herbei
und geleiteten ihn. Von den Heldentaten, die in
jenen ersten Nachkriegsmonaten von verlassenen,
verratenen, vor Gräber und Ruinen stehenden
Männern im Ertragen von Entbehrungen und
Demütigungen geleistet wurden, von den unzähligen
Opfern, die trotz aller Willensanstrengung
unterwegs liegen blieben, müßte ein gewaltiges
Epos künden.

Unser Meister kam krank in Müllheim an,
und wurde in aufopfernder Pflege von Mutter
und Schwester dem Leben zurückerobert.

Er dankt es ihnen durch sein Werk. Nach
wiedererlangter Gesundheit ging er nach Karlsruhe
zurück; dort ist er unermüdlich tätig. Darüber
hinaus gestaltet unser alemannischer Künstler
alle freie Arbeit als Erinnerung und Gruß an
die Heimat. Sein bekanntes Bild vom Luginsland
etwa: im Hintergrund der Schicksalsstrom, die
Vogesenkette; nahe die heimische Hügellinie,
dazu im Hohlweg der Mann, der das traubengefüllte
Bücki trägt. Im Vordergrund schneiden
Mutter und Mädchen die köstlichen Früchte
ab, die Halbwüchsige hütet das Kleinste —
die ganze Heimat, ihr Tun und Trachten, ihr
Fleiß und ihre Besinnlichkeit ist in diesem Bilde
eingefangen.

Oder das Bild „Erntezeit": man sieht förmlich
den Sonnenblust auf der Landschaft, man spürt
die Sommerhitze und ist fast stolz, zu der Rasse
des Bauern zu gehören, der unentwegt die hohen
Halme abmäht, oder der Magd, die sie ihm
büschelweise abnimmt und breitlegt. Wird es
vom Dorfkirchlein mit dem Satteldach bald Feierabend
läuten? Hier atmen Menschen, Feld und
Berge tiefen Frieden; hier wird man ruhig und
gottvertrauend.

Gleiche Kraft geht von dem Bild „Kartoffelernte
" aus (siehe Seite 7). Typische Oktoberstimmung
ist darin eingefangen; wieder ist im
aushackenden und auflesenden Bauern der Fleiß,
die Stetigkeit, die Ruhe des heimatlichen Menschenschlags
verkörpert.

So könnte ich Dutzende seiner Bilder als
charakteristische Beweise dafür anführen, daß
Karl Wolfsbergers beste Kraft in seiner Heimatliebe
wurzelt. Er trägt dieser Tatsache auch persönlich
Rechnung: immer wieder zieht es ihn
aus dem kühlen Karlsruhe südwärts; alle Jahre
verbringt er wenigstens ein paar Ferienwochen
in der Markgräfler Heimat, und holt sich hier
im Verkehr mit Menschen und Landschaft
neue, selige Ehrfurcht, ohne welche es keine
Kunst gibt.

Lina Ritter

Mundart und Schriftsprache

Die Rechtschreibung der hochdeutschen Sprache
ist verbindlich niedergelegt im „Duden" (Konrad
Duden, Orthographisches Wörterbuch der deutschen
Sprache). Wer sich in der Wirrnis der
deutschen Rechtschreibung nicht zurechtfindet,
mag sich dort Rat suchen; er ist amtlich anerkannt
. Selbst die eigenwilligsten Dichter und
Schriftsteller halten sich im wesentlichen an diese
Norm, und wer von den übrigen Sterblichen
bewußt von ihr abweicht, macht sich lächerlich.

Trotzdem darf behauptet werden, daß die
Masse der Deutschen die Rechtschreibung ihrer
Sprache nicht beherrscht; denn diese Rechtschreibung
ist schwierig und zu ihrer Meisterung gehört
fortwährende und langjährige Übung, zu
der den meisten Menschen Zeit und Gelegenheit
fehlt. Wenn daher die seltenen Schriftsätze eines
Arbeiters, eines Handwerkers, eines Bauern usw.
nicht fehlerfrei sind, so ist das kein Unglück.

Auch darf der Schule die Schuld daran nicht
in die Schuhe geschoben werden; denn es läßt sich
nachweisen, daß Entlaßschüler, die in der Rechtschreibung
fest sind, schon nach wenigen Jahren
oder sogar nur Monaten infolge mangelnder
Übung sehr vieles vergessen haben. Es ist dies
auch bei den übrigen Kulturvölkern nicht anders.

Rechtschreibfehler sind bei handarbeitenden
Menschen auch kein Beweis mangelnder Intelli-


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