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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-10/0015
Die Markgrafschaft

13

henner war „ins neue Land", d. h. nach Amerika
ausgewandert, der dritte, der Hammelcher, war
im Augenblick auf der Abreise in die Neuwieder
Gegend begriffen. Sein Sinn stand nicht nach
London oder Amerika, er war eine stille, seßhafte
Natur. Er hatte von einem Verwandten Bericht
bekommen, es wäre ein hübsches Gütlein zu
pachten, wo er einstweilen als Oberknecht eintreten
könne.

Die älteren Söhne, die eigentlich mehr von
ihrem Großvater, dem alten, ehrenhaften, reformierten
Kirchenschaffner Felix Astor, erzogen
waren, hatten keine Freude an dem Treiben ihres

hörte, für fleißige und gescheite Leute keine
Armut gab und keine Entbehrung, wo ein ehrlicher
und braver Mann nicht durch Vögte und
Hatschiere gehudelt wurde, wo ein Reformierter
nicht nur Vogt und Gerichtsmann, sondern alles
werden konnte, wobei Ehre und Ansehen zu
gewinnen war; wo hingegen in der Pfalz ein
Reformierter nicht einmal Schweinehirt werden
konnte. Da tauchten im Südwesten die Türme von
Speyer auf. Gegenüber der uralten Kaiserstadt,
auf dem rechten Rheinufer, befindet sich ein
stattliches Hofgut, der Insultheimer Hof. Daselbst
waren Jakobs Gedanken. Einen ,,Schatz" hatte er

Gesandtenhaus im Schwetzinger Schloßgarten, jetzt Amtsgerichtsgebäude

Foto: W. Neef, Mannheim

Vaters, gegen den sie aber nie ihre Kindespflichten
aus den Augen ließen. Aber das enge, ärmliche
Elternhaus war ihnen, da sie alle helle
Köpfe und rüstige Burschen waren, doch nach
und nach zu eng geworden. Zwei waren, wie
gesagt, schon fort, der dritte auf dem Weg, der
vierte, der Jakob oder Johann Jakob Astor, wäre
lieber heute als morgen den gleichen Weg gegangen
, wie seine Brüder.

Die zwei letzteren sind es, denen wir auf ihrer
Fahrt im Schwetzinger Hardtwald begegnet sind*
Schwer seufzend hatte Jakob in die Hand des
Bruders eingeschlagen und somit das Versprechen
gegeben, noch eine Weile unter den harten Verhältnissen
auszuhalten. Geraume Zeit fuhren die
beiden, in tiefes Schweigen versunken, ihres Wegs
auf der sandigen Straße hin. Sie vernahmen
nichts vom Lied der Waldsänger; sie achteten es
kaum, daß eine Wildsau mit ihren Jungen ins
Föhrendickicht über den Weg lief, eilten im Trab
durch Oftersheim und durch das noch schlafende
Schwetzingen. Jakobs Gedanken weilten nicht,
wie so oft, im „neuen Land", wo es, wie man

nicht daselbst, überhaupt noch keinen, obwohl er
bald 20 Jahre zählte und ein recht hübscher,
kräftiger und anstelliger Bursche war von dunklem
Haar und dunklen, lebhaften Augen und
einem energischen Gesicht, einem Gesicht, in dem
auch gar nichts Verschlafenes und Verträumtes zu
finden war; der beste Paß und Empfehlungsbrief
für weibliche Herzen. Wohl infolge harter
Jugenderfahrung zeigte Jakob ein ernstes und
zurückhaltendes Wesen, obwohl in ihm auch eine
Dosis Mutterwitz wohnte. Er hatte nicht die
quecksilbrige Pfälzerart.

Im Insultheimer Hof wohnte ein rechtschaffener
Pächter, der einen bedeutenden Handel mit
Schafen nach Paris hatte, wo damals schon die
Hämmel des halben Europa verzehrt wurden.
Dieser Pächter nun suchte schon längere Zeit, das
wußte Jakob, einen gewandten Burschen, dem er
den Einkauf von Hämmeln im Odenwald und
Bauland anvertrauen konnte, den er bis jetzt
selbst besorgt hatte. Jetzt konnte er's nicht mehr,
denn er war in dem Alter, wo man einerseits sein
Hauptschäfchen im Trockenen hat, andererseits


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