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Die Markgrafschaft
auch nimmer gern alle Nacht in einem fremden,
ungewärmten oder harten Bett schlafen mag.
Herr Bender — so hieß der Pächter — hatte
kürzlich auf dem Heidelberger Markt im Vorübergehen
den Jakob aufgefordert, gelegentlich auf
dem Insultheimer Hof vorzusprechen. Daran
dachte Jakob an diesem Maimorgen. Als das
Gespann über Schwetzinges Weichbild hinaus
war, wendete sich Hammelcher zu Jakob:
„Gelt, du hast deine Handelschaft im Kopf.
War' nicht übel, wenn der Vater dich daheim
nicht nötig hätte".
„Nun", meinte Jakob, „im Sommer ist mit
unserem Geschäft daheim doch nicht viel los, und
die paar Äckerlein kann er mit den Kleinen allein
besorgen. Ich aber verdiene mir ein ordentliches
Stück Geld, damit kann ich schon weitermachen.
Diesen Handel versteh' ich trotz Einem und lasse
mich nicht übers Ohr hauen. Hab ich meinen Weg
nur einmal im Kopf und kenn' die Leute ein
wenig dort im Odenwald und im Bauland hinten,
so laß mich nur für's andere sorgen".
Damit hatte das brüderliche Gespräch ein
Ende. Die beiden schwiegen, bis sie in die kurfürstliche
Residenz einfuhren, die nach dem „Ver-
sailler goüt" gebaut ist. Es war halb sechs Uhr
morgens, noch wenig Menschen in den schnurgeraden
Straßen, und diese wenigen sahen recht
verschlafen aus. In einer kleinen Schenke trommelten
sie die Wirtin heraus, aßen etwas und
tranken noch einen kurzen Abschiedstrunk. Dann
gings an das Rheinufer, wo Oberländer Flötzer
eben ein mächtiges Floß von „Holländerstämmen
" vom Ufer zu lösen im Begriff waren.
Auf diesem sollte Hammelcher seine Fahrt den
Rhein hinab machen. Es war dies in jener
Zeit die beste und wohlfeilste Reisegelegenheit
. Auch die beiden älteren Brüder hatten
sie benützt. Ein heller Maihimmel lachte hernieder
, lachte der Tränen der beiden Brüder,
die sich sehr zugetan waren. Hammelcher brachte
seine einfache Holzkiste unter, während Jakob
dem abfahrenden Floß nachschaute.
(Fortsetzung folgt.)
Öer ßefundbrunnen
Da bin ich einmal nach langen Jahren wieder
in der mittleren Mühle in Binzen eingekehrt, und
als erster grüßte mich dort der alte Brunnen, der
mir von meiner Kindheit her vertraut war, und
ich mußte wie einst als Bub zu allererst ein
„Muul voll" von dem erquickenden Wasser nehmen
. Und mir fiel eine Erinnerung aus meiner
Kindheit ein. Meine Großmutter, die manches
Jahr beim Vetter Döserich in der Mühle zugebracht
hatte und es also wissen mußte, behauptete
, es sei ein Gesundbrunnen mit heilsamem
Wasser, und zitierte dazu: „Und wer vom Brünnlein
trinket, wird jung und nimmer alt".
Nun ist unsere Großmutter halt doch alt geworden
und einsam und wohnte zuletzt bei uns
in Wittlingen. Ein arger Husten plagte sie, und
sie hatte nur noch einen Wunsch: „Wenni numme
vo sellem guete Wasser us der Mühli hätt, i wurdi
wieder gsund". Aber in unserem Haus nahm man
das absonderliche Verlangen der alten Frau als
abergläubisch hin und kümmerte sich nicht weiter
darum. Da, als wir beide eines Abends allein
daheim waren, plagte mich neunjährigen Bub die
Großmutter erneut mit ihrem Begehren; aber ich
hatte eine gruusige Angst, den Weg dahin unter
die Beine zu nehmen, weil die schauerlichsten
Gespenstergeschichten umgingen, die an dieser
Wegstrecke sich schon ereignet hätten. Allein die
Bitten der Großmutter waren so herzandringend,
daß ich sie doch erfüllen mußte. Ich verabredete
mich also mit meinem Freund, dem Müllerskarli,
und versprach ihm einige „Chrüsleger-Öpfel",
und am nächsten Abend holten wir in einem
Krug im Chrättli den köstlichen Trank. Das Groß-
mütterli freute sich über das Wasser, und wirklich
, es wurde besser mit dem Husten; sie behauptete
es wenigstens. Jung ist sie freilich nicht
mehr geworden, und ein paar Jährlein darauf
haben wir sie dann begraben. Aber ihr Glaube
an das Gesundbrünnlein ist mir mein Leben lang
geblieben. Wilhelm Neef, Mannheim
Der Hebelbund Müllheim berichtet:
Hermann Engler t
Am Samstag, dem 13. Oktober, entschlief nach längerer
Krankheit Hermann Engler. Er war als Sohn des
Bierbrauers Gustav Engler 1878 in Müllheim geboren.
Schon um die Jahrhundertwende verließ er Müllheim,
um zuerst nach München zu gehen. Sein nächster Aufenthalt
war Frankfurt a. M., später Berlin, wo er dreißig
Jahre seines Lebens zubrachte. Was uns an Hermann
Engler besonders anzog und ihn uns lieb machte, war
seine aufrechte Art. Obwohl ein halbes Jahrhundert die
Fremde ihn festhielt, blieb er mit großer Anhänglichkeit
der Heimat verbunden und hat in den vielen Jahren
seines Fortseins seiner Muttersprache die Treue gehalten.
Bei seinen gelegentlichen Besuchen in der Heimat war
es allemal eine Freude, ihm zu begegnen. Ein Stück
echten, guten Markgräflertums ist mit ihm ins Grab
gesunken. Wir aber werden Hermann Engler nicht vergessen
und ihm — Treue um Treue! — ein dankbares
Andenken bewahren. —r.
Am Stonntag, dem 4. November, nachmittags 4 Uhr,
im „Stadthaus" in Müllheim
Hebelschoppen
Alle Hebelfreunde sind herzlich eingeladen.
Am Samstag, dem 8. Dezember, abends 8 Uhr, findet
in der Festhalle in Müllheim unsere
Jahresfeier
statt, zu der jedermann herzlich eingeladen ist. Programme
an der Abendkasse. — Eintritt DM —.50.
Herausgeber: Hebelbund Lörrach und Müllheim (Baden)
Redaktionskommission des Hebelbundes
Gesamtredaktion: L. Börsig, Müllheim
Verantwortlich für den Lörracher Heimatteil: Max Demmler
Telefon: Lörrach 2900 — Müllheim 358
Manuskriptzusendungen an: Hebelbund Lörrach und Hebelbund Müllheini
Redaktionsschluß jeweils am 1. jeden Monats
Anzeigen-Annahme: F. Wolfsberger, Müllheim, Neue Parkstraße 7
Postscheckkonto 8889 Freiburg i. Br.
Druck: Markgräfler Druckerei, Müllheim (Baden)
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