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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-11/0005
Die Markgrafschaft

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dort am sichersten wiederzufinden, wie der
Ackersmann die zarten Pflanzen des Sommers bei
herannahendem Winter unter die Erde birgt, um
sie dem wiederkehrenden Frühling am sichersten
aufzubewahren, so wirst du der sorgfältigen
Pflegerin Natur in die Erde zurückgegeben,
kehrst in deine Heimat zurück, bis der Frühling
anbricht, den kein Winter mehr endigt". Oder es
ist eben der Tod auch ein Schlaf, ein Ausruhen,
dem der Mensch unterworfen ist. Bei Sauls Begräbnis
in seinen biblischen Erzählungen heißt
es: „Es ist eine schöne Grabstätte unter einem
Baum, wie wenn ein müder Wandersmann unter
einem schattenreichen Baum Kühlung und Er-

wie uf Chohle, un sie chömm eim bis übers Herz
ufe; un mengge eß no Brotis mit em Muul, während
aß em 's Herz scho unter siedige Wässer
stand. Un wenn e gottlose Mensch sterb, hätt' er
au kei Müejh in d'Höll z'cho; er dörf numme gar
abe dunke". So sehen wir zwar bei Hebel für
den gottlosen Menschen ein langes unstetes gespenstisches
Dasein wie beim geizigen Üeli im
„Statthalter von Schopfheim" oder bei der hof-
färtigen Häfnetjungfrau, zugleich aber für den
Frommen ein sehr baldiges Wiedererwachen zu
einem schöneren Morgen der Ewigkeit, wie dies
der Ätti dem Bueb in der „Vergänglichkeit" deutet
: „un haltsch di guet, se chunnsch in sone

Partie aus dem Müllheimer Friedhof

Foto: Chr. Frenzel, Müllheim

quickung sucht. Er schläft ein Stündlein oder
etwas mehr und steht alsdann wieder auf".

Aber in diesen drei Zitaten klingt bereits auch
schon durch, daß eben dieser Todesschlaf auch
nicht lang und es zum großen Auferstehungsmorgen
hin nicht weit sein kann. Denn die
moralische Gesetzmäßigkeit, die Hebel in allem
walten sieht, bringt ihn zur Überzeugung: „Der
Himmel sey frili wit obe, aber wie länger as mer
leb, se chöm er allewiil nöcher abe, wemmer
gottisfürchtig glebt heig; und er leng eim zletzt
bis an Chopf abe, un wemmer recht treu seig un
Gott un Mensche lieb heig, so chöm er no witer
abe, un me seig mit em Gsicht un mit em Herze
scho völlig im Himmel drin, wemme mit de Füeß
dur d'Neßle watt un in Dorn un Glasscherbe tret
uf Erde. Un e fromme Mensch heig guet in Himmel
choo, wenn er sterb; d'Seel darf numme gar
uuse schliefe us Fleisch un Bluet, so seig sie scho
im Himmel. Un d'Höll seig frili wit derniede,
aber wie länger aß mer lasterhaftig leb, wie
witer chömm sie eim ufe bis an d'Füeß; me gang

Stern un 's isch der wohl", oder wie es ganz
unvergleichlich meisterhaft der „Wächter in der
Mitternacht kündet:

„Un wenn es taget un mer wachen uf
un chömmen uuse, hemmer nümmi wit,
e Stündli öbbe oder nit emol".

Und durchaus der Bibel entsprechend ist dann
aber doch bei Hebel die baldige Erwartung des
jüngsten Tages und des Endgerichtes, das er ja
in allen möglichen Abwandlungen uns plastisch
vor Augen führt. Wir spüren, wie Hebel diesem
Tag ohne Schrecken entgegensieht, weil sein Leben
darauf ausgerichtet ist: „Ich glaube, daß. am
jüngsten Tag die Morgenröte lauter Blitz sein
und der Donner Schlag auf Schlag die Morgenwache
antrommeln werde. Wie es da an ein Bet-
glockenläuten gehen wird von Hauingen an um
den Berg herum bis nach Efringen hinab! Wie die
Leute sich die Augen reiben werden, daß es schon
tagt! Und wie die Leute sich wundern werden,
daß es nimmer Nacht werden will!"

Richard Nutzinger


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