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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-11/0014
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Die Markgrafschaft

Ein Markgräfler Minnesänger

Auf einer der anmutigen Miniaturen der
Manesse'schen Handschrift reicht sich ein höfisch
gekleidetes Paar unter einem blühenden Rosenbaum
die Hände. Der dargestellte Minnesänger
soll „Her Brunwart von Oughein" sein; aus dem
Wappen auf jenem Bilde — in einem goldenen
Feld ein schwarzer senkrechter Streifen, auf dem
drei weiß und schwarz gewürfelte Rosen liegen
— ist zu schließen, daß der Sänger dem Adel
von Oughein angehörte, dessen Heimat im Mittelalter
das heutige A u g g e n im Markgräflerland
gewesen sein muß. Bei den zu den Markgrafen
von Hachberg im ministerialen Verhältnis stehenden
Herren von Oughein schien der sehr häufig
auftretende Taufname „Brunwart" erblich zu
sein. Über das Leben unseres Minnesängers Johannes
Brunwart ist uns nicht viel überliefert.
Der Titel „Her" in der großen Heidelberger Liederhandschrift
weist darauf hin, daß er ein Ritter
zu sein schien, denn kein Laie niederen Adels
wurde so angesprochen.

Die Geburt des Dichters ist in politisch reich
bewegte Jahre gefallen, man nimmt sie um 1240
an. Somit erlebte er den traurigen Untergang der
Hohenstaufen und die kaiserlose Zeit; ja selbst
die Burg seiner Väter mußte er infolge politischer
Streitigkeiten in Trümmern sehen. Er verlegte
seinen Wohnsitz nach Neuenburg, wo er mit dem
Schultheißenamt betraut wurde, dann finden
wir ihn wieder als Markgräflichen Lehensträger
und Vertrauensmann des Grafen Egeno III. von
Freiburg beim Schiedsgericht des Bischofs Konrad
von Straßburg im Streit zwischen dem Bischof
und dem Rat von Basel. Sein Todesjahr wird
nach 1303 gewesen sein. Den fünf Liedern, die
allein durch die Manesse'sche Sammlung auf uns

gekommen sind, können wir nichts bezüglich seiner
Persönlichkeit noch der historischen Begebenheiten
seiner Tage entnehmen. Den Kreis der
Vorstellungen und Empfindungen beherrscht —
wie bei den meisten zeitgenössischen Dichtern —
auch bei ihm der Frauendienst. Er verrät keine
besondere Eigenart in der Stoffwahl oder der
Form; als ein Spätling hält er an der Tradition
der großen Meister des Minnesangs fest, jedoch
Neues vermochte er nicht zu schaffen. Naturvorgänge
— Bilder verschiedener Jahreszeiten oder
das Lauschen auf „kleiner vogelin deone" verstand
Brunwart auf sinnvolle Weise miteinzu-
beziehen in seinen dreistrophigen Liedern, die
der Verehrung der „vil lieb frowe min" gewidmet
sind. In gebildeter Sprache, und kunstvollen, fast
künstlichen Reimen, kündet er Frau Minne von
seiner Sehnsucht nach dem ,,liehten ougen schin",
dem „munt vil rot" seiner auserwählten Dame.
Für Tanzweisen hielt man drei der fünf Lieder,
die nie jenen, des damals im benachbarten Basel
lebenden Konrad von Würzburg an Bedeutung
nahekamen; man nahm sie nicht mit solcher Aufmerksamkeit
auf wie die formgewandte Lyrik
des Schwaben Gottfried von Neifen, noch erinnern
sie an die derben Verse der Winter- und
Sommerlieder eines Neidhart von Reuental.

Hat der Breisgauer Minnesänger Her Brunwart
von Oughein an der Tafelrunde der Großen
seiner Zeit auch keinen Platz gefunden, so
ist doch anzunehmen, daß der Dichter, dem
das Schwert wohl ebenso lieb sein mußte, wie
die Leier, durch die Kunst im Stile seiner Zeit
die Herren und Damen auf dem Schlosse zu
Freiburg erfreut hat.

Angelika Holler

InS neue Land / Aus J. J. Astors Lehrjahren

1. Fortsetzung Von Herrmann AI brecht

II. Ein Lebensretter

Wieder leuchtete die Sonne hernieder, im
Frühjahr 1783, auf die weiten Fluren der Pfälzer
Ebene und auf die ginsterbewachsenen und mit
jungem Eichenschlag bestandenen Berglehnen,
als Jakob dahinschritt am rauschenden Neckarfluß
, zwischen Lindach und Zwingenberg. Es war
der Gedanke in ihm erwachsen, daß er in dieser
Welt und Zeit etwas tüchtiges leisten könne und
müsse. Über seine erste Jugend hatte ein liebendes
Mutterauge gewacht, das allerdings längst geschlossen
war. Obwohl der Vater Astor nichts
für die Erziehung der Kinder getan, hatte Jakob
durch seine Mutter und seinen Großvater, den
alten reformierten Kirchenschaffner Felix Astor,
eine kernhafte Erziehung erhalten; Gottesfurcht
und Glaube waren ihm zur zweiten Natur geworden
. Der Spruch ,,Gehe aus deinem Vaterland
und von deiner Freundschaft und aus deines
Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will",

war für Jakob, den Sproß einer altreformierten,
ja, einer aus Frankreich um ihres Glaubens willen
ausgewanderten Waldenser-Familie zur stillen
, aber stark wirksamen Kraft geworden, wie
für Tausend andere vor ihm. Er glaubte sich auf
dem rechten Weg, pfiff ein Liedchen, schwang
seinen oben mit Messingdraht umflochtenen,
plüschbesetzten und in einem tüchtigen Knoten
endenden Metzgerstock, wie ein Tambourmajor
seinen Stab, und achtete kaum darauf, daß sein
getreuer Philax, ein großer, starker, grauschwarzer
Schafhund, ihm mehreremal nacheinander
in die Hand schnupperte, als wolle er ihn auf
etwas aufmerksam machen. Jakobs Augenmerk
war aber nicht dem neben der Landstraße herströmenden
Wasser des Neckars, nicht dem einsamen
Sträßlein zugewandt, sondern der Berghalde
links, wo sein scharfes Auge hinter Ginster
und junger Schäleichenpflanzung die Stangen und
den Kopf eines Spießers zu entdecken glaubte.
Der Odenwald, besonders die Herrschaften


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