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Die Markgrafschaft

13

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I '

Zwingenberg und Erbach waren in damaliger
Zeit nicht nur das Paradies der „Vogelbuben",
einer in tiefer Waldschlucht der Michelhärdt bei
Robern in elenden Lehmhütten hausenden Diebsund
Wildererbande; auch jedes Jägerherz in Kurpfalz
schlug höher zu den Zeiten, wo die Herren
Grafen von Erbach und zu Zwingenberg ihre
Einladung zu den großen Treibjagden ergehen
ließen.

Jetzt aber wurde Phylax auf einmal laut; er
bellte. Sein Bellen ging sogleich in ein Heulen
über; gleichzeitig vernahm Jakob vom Wasser
her den durchdringenden Schrei eines weiblichen
Wesens. Er wendete seine Augen dem Fluß zu
und sah, wie ein leichter Nachen, worin sich eine
junge Dame befand, mehrmals wirbelnd vom
Wasser Strudel umgedreht wurde und umschlug;
er hörte einen Mark
und Bein durchdringenden
Hilferuf und
wußte auch im Augenblick
, daß die
Rettung dieses jungen
Menschenlebens
von ihm abhänge.
Schwimmen konnte
er, er fürchtete sich
vor dem Neckar
nicht, denn er hatte
sich schon lange zuvor
, von seinem Auswanderungsgedanken
hingenommen, im
Rhein erprobt. Er
wollte sogleich ins
Wasser. Aber wohin
mit der Geldkatze?
Er barg sie in einem
Hagenbusch am Fuß
der Berghalde; es
war auf der Straße
weit und breit kein
Mensch zu sehen.

„Phylax, da hüt"\
rief er seinem Hunde

zu; das Tier legte sich auf den Ledergurt, und im
nächsten Augenblick, nachdem er noch Jacke und
Uberhemd von sich geworfen, teilte er mit kräftigen
Armen die klare Flut, der Ertrinkenden zu
Hilfe. Das Bad war frisch und die Strömung
ziemlich stark; das Neckarbett hat manche Felsbänke
, die bei höherem Wasser Wirbel erzeugen.
In solch einen Wirbel war vermutlich das kleine
Fahrzeug geraten und das Ruder, welches Jakob
schon weit abschwimmen sah, der Mädchenhand
entfallen, ihre Kraft wohl auch zur Führung
eines Nachens zu gering gewesen. Im nächsten
Augenblick sah Jakob ein leichenblasses, verzerrtes
Menschenantlitz aus der Flut emportau-
chen, fühlte erst seine rechte Hand, dann seinen
Leib von unten erfaßt und wie mit Riesenkraft
unter Wasser gezogen. Es begann nun ein heftiges
Ringen; denn wenn er die Ertrinkende nicht
von sich losbrachte, so war er selbst auch verloren
. Das mußte auch Phylax fühlen, denn das
treue Tier verließ die Geldkatze und stieß am
Ufer ein langanhaltendes, durchdringendes Geheul
aus. Jakob hatte sich mit Aufbietung all
seiner Kraft der Umklammerung entzogen, bekam
den Kopf wieder über Wasser und strebte
zum Ufer. Die fast Bewußtlose aber hatte sich
wieder in seine linke Hand verkrallt. Als seine
Kräfte schon fast am Erlahmen waren, spürte er
plötzlich einen furchtbaren Stoß vor den Kopf
und verlor das Bewußtsein. Phylax war ins Wasser
gesprungen, suchte seinen Herrn emporzu-
zerren, dazwischen laut heulend, daß die Neckarufer
widerhallten. "

Das alles war das Werk weniger Sekunden
gewesen; aber Hilfe war schon nah. Haßmers-
heimer fuhren eben neckarab; das Geheul des
Hundes und sein Gebahren lenkte alsbald ihr
Augenmerk auf die Unglücksstelle, wo die Beiden
lagen, das Wasser aber nicht tief war. Der Hund

Bürgeln im 18. Jahrhundert

Nach einem alten Stich gezeichnet von K. Wolfsberger

schwamm auf das Schiff zu und wieder gegen das
Ufer, aufs neue heulend. Der Steuermann hielt
uferwärts und gewahrte die Beiden; im Augenblick
waren sie von kräftigen Männerfäusten auf
das Schiff gezogen und lagen bewußtlos nebeneinander
auf den harten Schiffsplanken. Phylax
beleckte seinen Herrn unaufhörlich, dessen Kopf
blutete. Die Schiffer fuhren noch ein Stück talab,
da man hier nicht anlegen konnte.

Schiffer sind gewöhnlich etwas harthäutig,
und so glaubten auch die Haßmersheimer schon
eine Stufe weiter in den Himmel verdient zu
haben, wenn sie die Beiden nur in das Schiff
gelegt, mit dem Gesicht nach unten, die Wiederbelebung
einstweilen dem Himmel und seinen
Engeln überlassend. Rettungsmedaillen gab es
damals noch nicht. Erst als sie das Schiff etwa
fünfhundert Schritte weiter unten angelegt hatten
, kamen ihrer zwei hinten vom Schiff her
und besahen sich die Geländeten.

„Der Bursch da", rief ihnen einer vom Steuer
her zu, „wird sich bald umdrehen, er hat sein


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