http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-11/0017
Die Markgrafschaft
15
Die Zunzinger „Frösche
Daß bei uns früher fast jede Dorfschaft ihren
Spottnamen hatte, war allgemein bekannt und
jedem Kind geläufig. So nannte man z. B. die
Müllheimer „Hudeli", die Vögisheimer „Schnooge",
die Seefelder „Russe" und die Bugginger mußten
es sich gefallen lassen, die „Hälmeränze" zu sein.
Den Wandel der Zeit aber haben die Zunzinger
„Frösche" am besten überstanden.
Der originelle „Pascha Bliß", von dem wir
früher einmal berichteten, war auch ein „Frosch"
und ist darum oft gehänselt worden. Aber als
sehr schlagfertiger Bursche hatte er die Lacher
meistens auf seiner Seite.
Wie ein rothaariger Müllheimer Kaufmann
namens K., der lange Jahre in Indien war, von
ihm abgefertigt wurde, sei nachstehend erzählt:
An einem Samstag nachmittag fuhren obenerwähnter
K. und ein Herr Bl. in ihrem Chaisli
über den Judengalgen (ein Hügelrücken zwischen
Müllheim und Zunzingen) nach Zunzingen. Auf
der Höhe des Judengalgens entdeckte K. auf
einem ihnen von Zunzingen her entgegenfahrenden
Fuhrwerk den Bliß. „Luege Sie", stupfte er
den neben ihm sitzenden BL, „dort uf sellem
Wage hockt der Bliß. Sie wisse doch, daß der
„Fröschenuggel" (Bürgermeister) vo Zunzige
gstorbe isch? Do derwege möcht i der Bliß eweng
uf d'Schuffle neh!" — „Löhn Sie das emend besser
bliebe! Sie wisse denkwohl, was das für e
schlagfertige Dunderwetter isch! I möcht jedefall
nit mitem z'tue ha!" — Diese Mahnung fruchtete
aber nichts, denn als Bliß auf seinem Gefährt an
den beiden vorbeifuhr, rief K. zu ihm hinüber:
„He, Bliß, wissen-er, aß si 's Zunzige en neue
Fröschenuggel sueche? I mein, das wär e Ämtli
für Euch?!" — „Sie hän scho einer", gab Bliß
prompt zurück, „un zwar e importierte Rote us
Indie!" — Diese schlagfertige Antwort des Bliß
hatte ins Schwarze getroffen bzw. ins Rote, so
daß K. eine Zeitlang das Maul offen blieb.
Woher aber die Zunzinger diesen Spottnamen
haben, das erfuhr ich erst dieser Tage vom Stadthauswirt
, der, ebenfalls von Zunzingen stammend
, nachstehende Geschichte zum besten gab.
Der Direktor und Inhaber der Brauerei Niederweiler
, Schlegel, war ein großer Liebhaber von
Froschschenkeln und kaufte solche, wo und wie
er sie auftreiben konnte. Die Zunzinger Buben
wußten von dieser Leidenschaft des Direktors
und versorgten ihn ab und zu mit diesem seinem
Leibgericht. Eines Tages sahen sie Schlegel wieder
auf einem Brauereiwagen ins Dorf fahren.
Schnell war ihr Plan gefaßt. Die Wassergräben
des Dattinger Tales waren den Buben als Froscheldorado
wohl bekannt, ein unerschöpfliches
Jagdgebiet, das schon manches Froschgericht liefern
mußte. Eine richtige Treibjagd auf Frösche
setzte nun ein, und in kurzer Zeit hatten die
Buben einen ganzen Sack mit diesen quakenden
Amphibien gefüllt und eilten dann so schnell sie
konnten mit ihrer Last in die „Krone" nach Z.,
wo sie diese dem dort an einem guten Vierteli
Zunzinger sich labenden Schlegel offerierten. Der
gute Mann war nicht wenig erstaunt, soviel des
Guten beieinander zu sehen und wollte es den
Buben nicht glauben, daß der Sack lauter Frösche
enthalten sollte. Da schütteten diese den Inhalt
einfach auf den Boden der Wirtsstube. Direktor
Schlegel und die Buben wurden daraufhin schnell
handelseinig, und Herr Schlegel ließ sich sofort
ein gehöriges Quantum seines Leibgerichts zubereiten
. Von den Tierlein verliefen sich unterdessen
viele in die Ecken und Winkel der jKrone',
und die Buben hatten alle Mühe, diese wenigstens
in ihrer Mehrzahl wieder einzufangen. Viele
der Frösche aber machten sich in der „Krone"
heimisch, und die Gäste hatten noch lange das
Vergnügen, zu ihrem Vierteli das Quaken der
von nun an berühmten Zunzinger Frösche zu
hören. F. W.
Bestrafte Neugier
Ein wenig windschief und wackelig stand ein kleines
Häuschen an der Dorfstraße mit einer alten Doppeltür
und ganz ungleich großen Fenstern. Man kam selten an
diesem Häuschen vorbei, ohne daß der Kopf des Hannes
zu einem kleinen Fenster herausfuhr und irgend eine
neugierige Frage oder eine spöttische Bemerkung den
Vorübergehenden traf. Die schwarze Zipfelmütze saß
dem Hannes sommers und winters bis tief über den
Ohren und struppig kamen die Haare darunter hervor.
Ein einziger Zahnstummel war noch in seinem Mund,
mit dem er die lange Pfeife, ohne die man ihn nie sah,
festhielt. Nur zum Sprechen, Essen oder wenn er etwa
kräftig ausspuckte, nahm er sie in die Hand. Kein Wunder
, daß alles so verlottert aussah. Er streckte lieber den
Kopf zum Fenster hinaus, daß ihm ja nichts verloren
ging, was auf der Straße vorüberging und -fuhr, als daß
er seiner Arbeit nachging.
Eben kam das Christinchen vorbei mit einem kleinen
Körbchen.
„Wo wit hi, Christinli?", rief er ihm schon von weitem
entgegen.
„Halt öbbis hole!", sagte das Christinle.
„Was wit denn hole?", fragte er neugierig weiter.
„Euch bruch ich's nit sage, het d'Muetter gsait!", rief
das Christinle und lief schnell vorbei.
„Hanis emend wüsse welle!", brummte der Hannes
hinterher.
Keiner kam ohne eine Frage vorbei.
Ein Ochsengespann zog den Wagen die Straße herauf.
„He, siehsch nit, daß dyne Ochse d'Chummet nit passe?
Viel z'groß, viel z'groß! Du muesch keini Auge im Chopf
ha, das sieht me uf hundert Schritt, daß — he, Steffi,
pressierts eso hütte?" Er vollendete den ersten Satz nicht,
sonst wäre der Steffi vorbeigegangen, ohne daß er erfahren
hätte, wohin er ging.
Nach einiger Zeit kam das Ochsengespann zurück.
Der Hannes hatte sich schnell einen Schnaps genehmigt
und hörte jetzt den Wagen. Hei, fuhr der Kopf durchs
Fensterchen und zwar so heftig, daß der Fensterrahmen
mit hinausfuhr und ihm am Halse baumelte. Jetzt war
das Lachen auf Seite der Vorübergehenden.
„Ich glaub der Chummet paßt dir, Hannes", rief der
Fuhrmann, und bald standen die Leute lachend vor dem
Häuschen des Hannes mit dem seltsamen Halskragen,
bis er flehte, ihm doch zu helfen und ihn aus seiner
unbequemen Lage zu befreien. Schließlich nahm man
ihm den unförmigen Halskragen ab und nie mehr sah
man ihn wieder am Fenster lungern. P. H.
Der Hebelbund Müllheim berichtet:
Am Samstag, dem 8. Dezember, abends 8 Uhr, findet
in der Festhalle in Müllheim unsere
Jahresfeier
statt, zu der jedermann herzlich eingeladen ist. Programme
an der Abendkasse. — Eintritt DM —.50.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-11/0017