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Die Markgrafschaft
Weihnacht gedacht, und sie sei den Müttern
unserer Gegenwart eine Mahnerin zu solch selbstloser
, hehrer Liebe. Den Kindern. Weihnachten
zu gestalten, ist im Laufe des ganzen Jahres doch
die schönste, sinnigste Aufgabe der Mutter. Und
mögen die Kinder einmal vieles vergessen, was
ihnen die Mutter mitgab auf den Lebensweg —
Weihnachten, von der Mutterhand bereitet, geleitet
jeden Menschen durch sein Leben und
führt ihn zum Ursprung göttlicher Liebe zurück.
Und die rechte alemannische Mutter mit ihrem
tiefen Gemüt vermag das auch heute noch wie
weiland die Ursula ihrem Hanspeter. Ihr Mütter,
werdet Weihnachtsmütter, das ist euer schönster
Beruf!
Richard Nutzinger.
Weihnachten im Schwarzwald Von Jda Preusch - Müller
Es ist Heiliger Abend. Die Lichter am Christbaum
sind heruntergebrannt. Unsere Buben sind
müde vom Spielen und Freuen. Jeder nimmt sein
liebstes Spielzeug in den Arm, und ich bringe
die Kerlchen zu Bett. Vater bringt noch ein
„Zuckerbrötli" zum Einschlafen, dann sprechen
sie mit Mutter ihr Nachtgebetchen. Berta, unser
Kindsmägdle, ist heute dageblieben. Nun bringe
ich sie heim, in's Außerdorf; es ist neun Uhr.
Eine ganz stille, mondhelle Nacht liegt über
dem tiefverschneiten Dorf. Die spärlichen Straßenlaternen
brennen gelb und schwach. Sie hät-
ten's nicht nötig, es wäre auch so hell genug.
Außer uns beiden ist niemand mehr auf der
Straße. Hoch und festgefroren wuchtet der Schnee
in mächtigen Hauben auf den tiefen, langgestreckten
Strohdächern, unter denen Menschen und
Vieh in Frieden zusammen wohnen. Festlich verhüllt
er ihre rauchige Schwärze. Warm und behaglich
ducken sich die niederen Häuser unter
der glitzernden Last. Wohin man schaut, flimmern
Millionen silberner Kristalle im Mondlicht.
Unter jedem Schritt knirscht die weiße Decke der
stillen Straße. Erwartungsfroh springt Berta in
ihr Elternhaus, wo die Gaben der Mutter noch
auf sie warten.
Ich gehe langsam zurück. Es ist bitterkalt,
und ein schneidender Ostwind weht vom Scherentann
her. Aus den warmen Ställen hört man das
zufriedene Mahlen und Schnaufen der Kühe und
bisweilen das Stampfen eines Pferdes. Im Wirtshaus
ist es ruhig. In der heiligen Nacht ist der
Bauer bei den Seinen. Eine einzige Lampe brennt
nur am Ofentisch. Vielleicht sitzt der Säger aus
dem Fetzenbach, der mit dem reichen Geiger den
Lohn verrechnet hat, noch dort, um sich für den
weiten Heimweg durch den verschneiten Wald
noch etwas Wärme anzutrinken.
Freundlich leuchten die hellen, niederen Fenster
der Bauernstuben und ungehindert geht mein
Blick bis in ihre Tiefe. Da wehrt kein Fensterladen
dem Blick des Vorübergehenden. In den
meisten Häusern brennen noch die Lichter am
Baum; im Bauernhaus ist nicht so früh Feierabend
, wie im Schulhaus. Erst muß das Vieh versorgt
und Stall und Hof sauber sein zur Christnacht
, dann erst kommen die Kinder zu ihrem
Recht. Und nun spiegeln ihre strahlenden Augen
die Freude über die bescheidenen Geschenke.
Überall fast erklingen noch die alten, schönen
Weihnachtslieder. An manchem Ort orgelt der
Baß des Bauern fast ehrfürchtig in die hellen
Stimmen der Kinder. Am liebsten ginge ich da
und dort, wo ich mit den Kleinen und Großen
besonders vertraut bin, hinein, aber daheim wartet
jemand auf mich. So gehe ich langsam weiter.
Die Brunnenstöcke sind dick mit Stroh umwickelt
, und aus den Röhren schleicht nur leise
ein dünner Wasserfaden neben einem dicken Eisstrahl
. Von den tief herabreichenden Dächern,
die keine Rinnen haben, hängen Eiszapfen in
allen Längen und Stärken. Die Dicken, mehr als
armlangen, sind gelb und trübe vom Rauch, die
kleinen, nur Stunden oder Tage alten, sind noch
hell und klar. Alle glänzen und schimmern märchenhaft
, wenn der Mond darauf lichtet.
Schwarzblau, unendlich weit und klar wölbt
sich der Himmel, und ein blitzendes Sternenmeer
leuchtet friedlich über der Erde. Es ist, als ob die
Nacht sänge. Eine ganz wunderfeine Melodie, die
man nur mit der Seele vernehmen kann. Ist es
ein leises, zärtliches Wiegenlied? Wenn der Wind
nicht so bitterkalt wehen würde, bliebe ich gerne
stehen, um hingegebener lauschen zu können. Im
Weitergehen, das Auge von der schimmernden
Weite gefangen, formen meine Lippen in leisem
Summen die alte, oberschlesische Weise:
Ufm Berge, da geht der Wind,
da wiegt die Maria ihr Kind
mit ihrer schlohengelweißen Hand,
sie hat dazu kein Wiegenband.
Ach Joseph, lieber Joseph mein!
Ach hilf mir wiegen mein Kindelein.
Wie kann ich dir denn dein Knäblein wiegen?
Ich kann ja kaum selber die Finger biegen.
Schum, schei — schum, schei!
Doch das Klingen läßt mich nicht los. Sind
andere Nächte auch so wundersam feierlich? So
klar und leuchtend? Ein Hauch des Ewigen heiligt
diese Nacht, in deren tiefster Einsamkeit die
reinste Liebe geboren ward, damit sie einziehe
in alle Herzen.
(Butt Jintmtt
Wer ausgibt, muß auch wieder einnehmen.
Reitet einmal ein Mann an einem Wirtshaus
vorbei, der einen stattlichen Schmerbauch hatte,
also, daß er auf beiden Seiten fast über den
Sattel herunterhängte. Der Wirt steht auf die
Staffel und ruft ihm nach: „Nachbar, warum habt
Ihr denn den Zwerchsack vor Euch auf das Roß
gebunden und nicht hinten?" Dem rief der Reitende
zurück: ,,Damit ich ihn unter den Augen
habe. Denn hinten gibt es Spitzbuben". Der Wirt
sagte nichts mehr. j. p. Hebel
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