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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1951-12/0011
Die Markgrafschaft

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Staatspräsidenten Leo Wohleb die Staatliche
Akademie der Bildenden Künste eröffnet werden.
Sie hat im Gebäude der Fuchsstraße 7a ihr Heim
gefunden, wo durch Erweiterungsbauten mit
Oberlicht entsprechende Unterrichts- und Studierräume
geschaffen wurden. Adolf Strübe selbst
läßt sich über die Akademie, an der er wieder
als Meisterlehrer für Malerei tätig ist, wie folgt
aus: Bedenkt man, von welcher Wichtigkeit die
Universität für den Kunststudenten durch die
direkte Berührung mit Forschung und Geisteswissenschaft
sein muß und überblickt man die
Kunstdenkmäler und Sammlungen bedeutendster
Art, die Freiburg besitzt, also welche hervorragenden
Studien- und Anschauungsobjekte für
den angehenden Künstler, so möchte man sich
fast wundern, daß nicht schon früher der Gedanke
einer Akademie in dieser Stadt aufgetaucht
ist. So sahen wir die Studierenden vor
der romanischen Pforte am Münster, vor Glasfenstern
im Augustiner-Museum, oder zeichnend
auf dem alten Friedhof in der Karlsträße, wo
schon Odilon Redon nach eigener Aussage gelegentlich
eines längeren Aufenthaltes in Freiburg
aus Paris kommend zu mancher seiner schönen
„Reveries" den Impuls erhalten hat.

Daß die Versenkung in das starke Beispiel von
„Ausdruckskunst" die Erschaffung der Welt an
der romanischen Pforte die Vorstellung einer
expressionistischen Kunstübung ausgiebiger und
gewichtiger untermauern wird, als etwa ein mehr
richtungsmäßiges, modernes Kunstwerk, kann
man wohl nicht bezweifeln. Wir trafen sie in der
vorgeschichtlichen Sammlung (Adelhauser Kloster
) vor den herrlichen Gefäßen und Funden
aus der direkten Nähe von Freiburg, und es kann
sicher nicht schaden, ja es kann nicht unwichtig
sein, wenn er — der Lernende — der Hauptsache
nach kennt, was von unseren Vorfahrn her
unter dem Boden gelegen hat, daß er also weiß,
auf welchem Grund er steht. Man will erreichen,
daß er wach sei, aber nicht nur im wissenschaftlichen
Interesse, sondern, daß er sich in die ihn
umgebenden Dinge einfühle und so für sich die
Möglichkeit schafft, daß diese Dinge in ihm
fruchtbar werden. Er hängt lange in den Vorstellungen
, die auf ihn eindringen, ohne zu Sach-
und Wortbegriffen zu kommen, und das ist keine
Schande, sondern es ist gut so.

Adolf Strübe ist in seiner Tätigkeit an der
Akademie der Bildenden Künste glücklich, jungen
Menschen das unerläßliche Können zu vermitteln
. Uber das ganze Bundesgebiet verbreitet
ist eine Anzahl beachtenswerter Künstler, die
durch seine Schule gegangen sind. Viele von
ihnen sind heute geschätzte Akademieprofessoren
und Lehrer an größeren Kunstschulen. Von Adolf
Strübe schrieb bereits schon 1925 Dr. Hermann
Schmitz in den „Hören" von Wilhelm Scholz:

„Er hat die Gabe und das Bestreben, traditionsschaffend
zu wirken und daneben und darüber
hinaus immer ein Sucher für den persönlichsten
und treuesten Ausdruck seines Wesens
zu sein".

Damit hat Schmitz die Doppelnatur des Künstlers
in ganz vortrefflicher Weise charakterisiert.

Vieles aus der Entwicklung der modernen Malerei
hat Adolf Strübe verarbeitet, ohne seine Eigenart
preiszugeben. Zuletzt waren seine Werke in
Baden-Baden während dieses Sommers in einer
Ausstellung der Badischen Secession ausgestellt,
deren Mitbegründer Adolf Strübe ist.

Mit Bildnissen und Landschaften war er auch
in München im Haus der Kunst vertreten. Landschaften
des Oberrheins bilden heute wie schon
früher einen wesentlichen Teil seines Schaffens.
Er schuf typische Darstellungen des Hügellandes
in Mittelbaden „Frauen im Tabakfeld'' (Herbolzheim
1935), neuerdings „Frauen in der Kirche"
(im Markgräflerland). Alle diese Werke zeigen
die Fähigkeit mit sehr persönlichen Mitteln
moderner Malerei, allgemeine, manchmal volkhafte
Themen zu behandeln, wie schon sehr früh
seine „Kreuzigimg" in der Kapelle der Petri-
gemeinde in Berlin viel Beachtung fand.

Der Reiz seiner Bilder liegt im Eigenartigen
und im Besonderen, in einer Hoheit und Schlichtheit
zugleich, die aus ihnen spricht. Die künstlerische
Form, die meisterhafte Technik, die geistvolle
Behandlung des Motivs wird man an ihnen
immer wieder von neuem bewundern können.

Hochbegabt, reich an Wissen und Können,
lebenserfahren, in seinem Urteil mild, vornehm
und zurückhaltend erfreut sich Adolf Strübe
unter seinen Landsleuten und weit darüber hinaus
allgemeiner Wertschätzung. Im alemannischen
Grenzland gilt er als der maßgebende
Repräsentant des gegenwärtigen Kunstschaffens.

Die Erkenntnis, daß es nach der Verwilderung
in der Kunst, nach dem Kriege und dem Zusammenbruch
in Deutschland wieder darauf ankommt
, einen Maßstab aufzurichten und vor allen
Dingen jungen Talenten die nötige Untermauerung
und das notwendige Können mitzugeben,
hat ihn, den Lehrer und Meister, zu neuer
Schaffenskraft angetrieben, um, wie er selbst
sagt, von vorn anzufangen, gleichviel wann und
wo. Denn er habe selbst noch nie das Gefühl
gehabt, an einem Ende angelangt zu sein, eher
immer an einem Anfang zu stehen.

Gute Freundschaften verbinden Prof. Adolf
Strübe mit Basel, der alten schönen Stadt am
Oberrhein, in der die Künste seit Jahrhunderten
Heimat und Heimrecht besitzen. Im Umgang mit
seinen Schülern an der Akademie zu Freiburg
sieht und hört er die jungen Menschen in der
Diskussion um neue Ausdrucksformen in der
Kunst. In Lörrach und in Otlingen ist er daheim,
ruht aus und holt hier in der Sonntagsstille
wieder Atem für den kommenden Tag.

Der Hebelbund zählt ihn zu seinen aufrichtigsten
Freunden, der schon so oft wertvolle Anregungen
gab, die aus einem Herzen voller
Heimatliebe und Verehrung zu Hebel kamen.

Das Glück und die Gnade der Jugendlichkeit
seiner Künstlerseele, dazu das schönste Geschenk
einer guten Gesundheit mögen es dem Meister
Adolf Strübe möglich machen, noch manches
große und schöne Werk in seiner alemannischen
Heimat zu vollenden.

„Gott grüß die Kunst und alle, die ihr dienen!"

Hanns Uhl


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